Die winterliche Kälte hindert Joachim Köninger nicht, dem Bodensee täglich im Taucheranzug - auf den Grund zu gehen. Doch was der Taucharchäologe im Dienste des baden-württembergischen Landesdenkmalamtes dort zu sehen bekommt, stimmt ihn nachdenklich:
Erosionsschäden sind leicht erkennbar an herausstehenden Pfählen am Seegrund. Aufgerissene Flächen am Seegrund, wo Kulturschichten austreten. Abfallschichten aus der Jungsteinzeit und Bronzezeit werden flächig freigelegt und im Oberflächensand durch Wellenschlag zermahlen.
Solche Prozesse, haben die Taucharchäologen festgestellt, bedrohen etwa 80 Prozent aller 120 prähistorischen Pfahlbausiedlungen am Bodensee. Vor allem der so genannte Siedlungs-Müll, der weitgehend aus organischen Resten besteht, geht durch die Erosionsprozesse verloren. Doch gerade aus den jahrtausendealten organischen Resten können die Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Ernährungs- und Lebensgewohnheiten unserer Vorfahren schließen. Dass der Grund des Bodensees mitsamt den Überresten alter Pfahlbausiedlungen nach und nach abgetragen wird, hängt mit den Einflüssen des Menschen auf das Bodenseeufer zusammen. Gunter Schöbel, Archäologe und Leiter des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen:
Wir haben Yachthäfen gebaut, Ufermauern gezogen. Und da ist eben das natürliche Ufer sehr stark verändert worden. Das heißt natürlich auch: Das hat sehr starke Auswirkungen auf die Mechanik des Sees. Wellen werden reflektiert, spülen aus, erzeugen Strudellöcher und tragen vor allem das, was noch vor einigen Jahren unter Wasser vorhanden war, sukzessive ab.
Und zwar derart schnell, dass sich die Archäologen große Sorgen machen: Allein in den letzten 20 Jahren wurden über 40 Zentimeter hohe Kulturschichten, die über Jahrtausende hinweg luftdicht und verwitterungsfest auf dem Seegrund abgeschlossen waren, durch die veränderten Strömungen abgetragen.
Das klingt nicht so sehr viel, aber ist natürlich für unsere Forschung eine gewaltige Größe, weil 30 bis 50 Zentimeter Schicht, das können unter Umständen ein bis zwei Jahrtausende Archiv sein, die damit verloren gegangen sind.
Deshalb denken die Archäologen über neue Methoden nach, um zumindest einen Teil der Pfahlbau-Reste am Grund des Bodensees vor dem Verfall zu retten. Eine Methode wird derzeit an fünf Fundorten erprobt: Das so genannte Geo-Textil-Verfahren. Gunter Schöbel:
Diese Geotextilmatten kommen aus der Bauwirtschaft und werden über die Kulturschichten gelegt. Sie bieten die Gewähr, dass auch die Pflanzen hier durchwurzeln können. Und wir erzeugen eigentlich dadurch eine Käseglocke über diese in Schlamm geschriebenen Archive. Die Steine, die darüber geschüttet werden, sorgen dafür, dass dieses Geotextil nicht wegschwimmt. Es ist im Prinzip eine ganz einfache Abdeckmethode, die - denken wir - in den nächsten 20, 30 Jahren die direkte Erosion verhindert.
Doch diese "ganz einfache Abdeckmethode" bedeutet für die Taucharchäologen unter Wasser Präzisionsarbeit: Bis auf den Zentimeter genau müssen sie wissen, wo am Seegrund die Geotextilmatten und der Kies aufgetragen werden sollen. Joachim Köninger:
Um das eben präzise festzustellen und dann die Abdeckung, die mit einem Spezial-Ponton vorgenommen wird, genau navigieren zu können, müssen Sie sozusagen koordinatengenau die Dinge einmessen. Sie können ja nicht Berg und Tal am Seegrund bauen und dementsprechend neue Erosionsschübe auslösen.
Doch das Verfahren ist sehr aufwendig. Deshalb kann damit nur ein kleiner Teil der Pfahlbaudörfer unter Wasser vor dem Verfall gerettet werden. Doch aus Sicht der Archäologen lohnt der Aufwand mit Blick auf die Zukunft. Gunter Schöbel:
Der Fortschritt der Methoden ist gewaltig. Und wir denken auch, dass die folgenden Generationen mit ganz anderen Verfahren an diese Kulturschichten herangehen können und damit mehr vom Leben in der Stein- und Bronzezeit ermitteln können. Manche unserer Kollegen sagen, dass die Pfahlbauten das sind was in Ägypten die Pyramiden darstellen. Insofern besitzen wir ein äußerst wertvolles Archiv, dass leider vor unseren Augen und vor unserer Haustür zerstört wird.
Erosionsschäden sind leicht erkennbar an herausstehenden Pfählen am Seegrund. Aufgerissene Flächen am Seegrund, wo Kulturschichten austreten. Abfallschichten aus der Jungsteinzeit und Bronzezeit werden flächig freigelegt und im Oberflächensand durch Wellenschlag zermahlen.
Solche Prozesse, haben die Taucharchäologen festgestellt, bedrohen etwa 80 Prozent aller 120 prähistorischen Pfahlbausiedlungen am Bodensee. Vor allem der so genannte Siedlungs-Müll, der weitgehend aus organischen Resten besteht, geht durch die Erosionsprozesse verloren. Doch gerade aus den jahrtausendealten organischen Resten können die Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Ernährungs- und Lebensgewohnheiten unserer Vorfahren schließen. Dass der Grund des Bodensees mitsamt den Überresten alter Pfahlbausiedlungen nach und nach abgetragen wird, hängt mit den Einflüssen des Menschen auf das Bodenseeufer zusammen. Gunter Schöbel, Archäologe und Leiter des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen:
Wir haben Yachthäfen gebaut, Ufermauern gezogen. Und da ist eben das natürliche Ufer sehr stark verändert worden. Das heißt natürlich auch: Das hat sehr starke Auswirkungen auf die Mechanik des Sees. Wellen werden reflektiert, spülen aus, erzeugen Strudellöcher und tragen vor allem das, was noch vor einigen Jahren unter Wasser vorhanden war, sukzessive ab.
Und zwar derart schnell, dass sich die Archäologen große Sorgen machen: Allein in den letzten 20 Jahren wurden über 40 Zentimeter hohe Kulturschichten, die über Jahrtausende hinweg luftdicht und verwitterungsfest auf dem Seegrund abgeschlossen waren, durch die veränderten Strömungen abgetragen.
Das klingt nicht so sehr viel, aber ist natürlich für unsere Forschung eine gewaltige Größe, weil 30 bis 50 Zentimeter Schicht, das können unter Umständen ein bis zwei Jahrtausende Archiv sein, die damit verloren gegangen sind.
Deshalb denken die Archäologen über neue Methoden nach, um zumindest einen Teil der Pfahlbau-Reste am Grund des Bodensees vor dem Verfall zu retten. Eine Methode wird derzeit an fünf Fundorten erprobt: Das so genannte Geo-Textil-Verfahren. Gunter Schöbel:
Diese Geotextilmatten kommen aus der Bauwirtschaft und werden über die Kulturschichten gelegt. Sie bieten die Gewähr, dass auch die Pflanzen hier durchwurzeln können. Und wir erzeugen eigentlich dadurch eine Käseglocke über diese in Schlamm geschriebenen Archive. Die Steine, die darüber geschüttet werden, sorgen dafür, dass dieses Geotextil nicht wegschwimmt. Es ist im Prinzip eine ganz einfache Abdeckmethode, die - denken wir - in den nächsten 20, 30 Jahren die direkte Erosion verhindert.
Doch diese "ganz einfache Abdeckmethode" bedeutet für die Taucharchäologen unter Wasser Präzisionsarbeit: Bis auf den Zentimeter genau müssen sie wissen, wo am Seegrund die Geotextilmatten und der Kies aufgetragen werden sollen. Joachim Köninger:
Um das eben präzise festzustellen und dann die Abdeckung, die mit einem Spezial-Ponton vorgenommen wird, genau navigieren zu können, müssen Sie sozusagen koordinatengenau die Dinge einmessen. Sie können ja nicht Berg und Tal am Seegrund bauen und dementsprechend neue Erosionsschübe auslösen.
Doch das Verfahren ist sehr aufwendig. Deshalb kann damit nur ein kleiner Teil der Pfahlbaudörfer unter Wasser vor dem Verfall gerettet werden. Doch aus Sicht der Archäologen lohnt der Aufwand mit Blick auf die Zukunft. Gunter Schöbel:
Der Fortschritt der Methoden ist gewaltig. Und wir denken auch, dass die folgenden Generationen mit ganz anderen Verfahren an diese Kulturschichten herangehen können und damit mehr vom Leben in der Stein- und Bronzezeit ermitteln können. Manche unserer Kollegen sagen, dass die Pfahlbauten das sind was in Ägypten die Pyramiden darstellen. Insofern besitzen wir ein äußerst wertvolles Archiv, dass leider vor unseren Augen und vor unserer Haustür zerstört wird.