Silvia Engels: Zum insgesamt vierten Mal startet heute der Safer Internet Day. Unter der Schirmherrschaft der EU-Kommission laufen in 37 Ländern Aktionen, um die Menschen zu mobilisieren, sich stärker für die Sicherheit im weltweiten Netz einzusetzen. Auch in Deutschland wird heute bei Schülern, Eltern und Lehrern dafür geworben, das Internet zu nutzen, aber sich auch der Gefahren bewusst zu sein.
Am Telefon ist nun Friedemann Schindler. Er ist Leiter von Jugendschutz.net, eine Organisation der Jugendschutzministerien der Länder, und die hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Jugendschutz im Netz zu überprüfen. Guten Morgen Herr Schindler!
Friedemann Schindler: Guten Morgen!
Engels: Welches ist denn derzeit die größte Gefahr für Jugendliche im Internet?
Schindler: Also die größten Probleme bestehen im Bereich der interaktiven Internetdiensten, sprich von persönlichen Kontakten im Chat, per Instant Messaging oder per E-Mail.
Engels: Das heißt, da ist die Gefahr gewachsen, dass Jugendliche beim Chat im Internet an Kriminelle oder an Pädophile geraten?
Schindler: Also die Zahl der Übergriffe beziehungsweise von Belästigungen ist sehr hoch, vor allem wenn Kinder und Jugendliche sich in Chats aufhalten, die eigentlich für Erwachsene gedacht sind und in denen keine Aufsicht erfolgt, das heißt in denen keine Moderation vorhanden ist.
Engels: Können Sie als Organisation, können da Eltern und Lehrer etwas tun, um das zu verhindern?
Schindler: Wir überprüfen den Sicherheitsstatus der wesentlichen Chats, die für Kinder und Jugendliche interessant sind, die von ihnen genutzt werden, und ermitteln, wie hoch die Risiken in diesen Chats sind. Eltern haben die Möglichkeit, Kinder zu Chats zu führen, die sicher sind, die gibt es auch. Es gibt Chats, die voll moderiert sind, das heißt, da ist immer ein Aufpasser dabei, da kann also praktisch wenig passieren. Und Kinder und Jugendliche selbst müssen bestimmte Regeln einhalten, dass sie sich gegen Belästigung im Chat wehren können oder dass sie ihren Eltern halt Bescheid sagen können, dass sie etwas unternehmen.
Engels: Sie arbeiten ja auch selbst in der Jugendarbeit. Wie verantwortlich gehen denn die Jugendlichen mit dem Internet um, wächst da ein Problembewusstsein oder reizen gerade solche Verbote oder überwachte Chats die Jugendlichen, diese Sicherungen bewusst zu durchbrechen?
Schindler: Also natürlich ist es so, dass Verbote immer einen gewissen Reiz ausüben. Das Problem ist aber, dass viele Kinder und Jugendliche nicht absehen können, was im Chat sozusagen halt passiert. Sie sprechen mit Freunden, Chatpartnern, die sie vielleicht eventuell schon länger kennen, die ihr Vertrauen erworben haben, und vermuten nicht, dass eventuell böswillige Menschen dahinter stecken. Sie schicken ihnen Bilder zu und sind dann völlig erstaunt, dass diese Bilder in den Internetkreislauf halt eingespeist werden und sie dann ein Leben lang verfolgen.
Das heißt, Kinder und Jugendliche denken zwar, dass sie das Chatten zwar voll beherrschen, man muss sie aber auch ein Stückweit vor sich selbst schützen. Das ist aber nicht nur Aufgabe der Eltern und der Kinder, hier für Sicherheit zu sorgen, sondern hier sind insbesondere die Betreiber dieser Chats gefordert, einmal ihre Chats halt sicher zu gestalten - das ist möglich -, aber auch die Grundkenntnisse zu vermitteln. Es gibt zum Beispiel so einen Chat wie Diddl, da muss man erst einen Führerschein machen, bevor man chatten darf. Es gibt andere Chats, die in regelmäßigen Abständen einfach Fragen einstreuen, die Chatter halt beantworten müssen, bevor sie weiter chatten können, damit sie überhaupt wissen, wie sicheres Chatverhalten aussieht.
Engels: Müssen die Internetanbieter denn möglicherweise auch per gesetzlicher Regelung da stärker in die Pflicht genommen werden?
Schindler: Es ist schwierig, Chats gesetzlich zu regeln, weil es ein flüchtiges Medium ist. Aber als ultima Ratio ist es mit Sicherheit sinnvoll, ihnen auch bestimmte Auflagen zu machen. Wer also einen Chat betreibt, der sich an Kinder richtet und für keinerlei Moderation sorgt, das heißt Kinder Pädokrimen sozusagen schutzlos aussetzt, der lässt jede Verantwortung halt vermissen und gegen den muss man dann auch aufsichtsrechtlich vorgehen.
Engels: Wie steht es um andere Gefahren, wachsen zum Beispiel auch die finanziellen Risiken, zum Beispiel dass Jugendliche durch Online-Bestellungen sich verschulden, weil sie nicht recht wissen, wie sie damit umgehen sollen, oder beispielsweise auch auf Gewaltvideos stoßen, auf Bilder, die sie generell nicht sehen sollen?
Schindler: Also im Bereich der Verschuldung ist es so, dass es immer wieder Wellen gibt, in denen bestimmte Risiken auf Kinder und Jugendliche zukommen. Das waren in der Vergangenheit die so genannten Dialer und derzeit sind es Abosysteme für SMS oder Klingeltöne, die Kindern das Geld sozusagen aus der Tasche ziehen. Im Bereich der Gewaltdarstellung oder pornografischen Darstellung ist es so, dass Kinder mit solchen Angeboten schon relativ früh konfrontiert werden, teilweise freiwillig, in vielen Fällen aber unfreiwillig. Es sind Darstellungen dabei, die selbst Erwachsene überfordern. Aus den traditionellen Medien kennt man Gewaltdarstellungen nur in einer gefilterten Form, das heißt also bestimmte Darstellungen, die im Internet verfügbar sind, wie zum Beispiel Exekutionsvideos, die sind ja in den traditionellen Medien nicht verfügbar, und kaum jemand kann sich vorstellen, wie brutal diese Gewaltvideos wirken, von denen man sich halt schlecht distanzieren kann, weil man genau weiß, dass es reale Darstellungen sind.
Engels: Können Eltern da etwas tun, um eben die heimatlichen PCs tatsächlich sicher zu machen?
Schindler: Also es gibt technische Schutzmaßnahmen, also Kindersicherung oder Filtersysteme, die sind nach unseren Recherchen aber nicht ausreichend wirksam, das heißt, sie wirken - wenn überhaupt - nur im Web, das heißt also nur auf den Webseiten im Internet und nicht bei interaktiven Diensten, und sie funktionieren halbwegs gut im Bereich von Sex und Pornografie, aber überhaupt nicht im Bereich Rassismus oder Gewalt oder sonstige Gefährdungen, wie zum Beispiel Suizidforen.
Engels: Häufig geraten ja Kinder und Jugendliche erst über Suchmaschinen auf diese gefährlichen Seiten. Müssen die Betreiber solcher Suchmaschinen da mehr tun?
Schindler: Also die Betreiber von Suchmaschinen haben in der Vergangenheit schon viel getan. Das heißt, früher war es zum Beispiel so, wenn man einen Begriff wie "Mädchen" eingegeben hat, dass man schon auf der ersten Stelle ein pornografisches Angebot gefunden hat, weil auch Pornwebmaster diesen Begriff genutzt haben. Anderes Beispiel: Girl. Auch da war es so, dass man in erster Linie pornografische Angebote gefunden hat. Das ist heute nicht mehr so. Man findet in den Suchmaschinen immer noch unzulässige Inhalte. Es gibt aber auch Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Wir betreiben eine Meldestelle bei Jugendschutz.net, und Eltern, die in Suchmaschinen Inhalte finden, die dort nichts zu suchen haben, zum Beispiel wenn ich nach einem Papagei suche und ich finde ein pornografisches Bild, dann sollten sie uns das sofort melden, und wir versuchen dann, mit den Suchmaschinenbetreibern diese Inhalte zu entfernen.
Engels: Vielen Dank! Das war Friedemann Schindler. Er leitet Jugendschutz.net, das ist eine Organisation der Jugendministerien der Länder, um das Internet für Jugendliche sicherer zu machen.
Am Telefon ist nun Friedemann Schindler. Er ist Leiter von Jugendschutz.net, eine Organisation der Jugendschutzministerien der Länder, und die hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Jugendschutz im Netz zu überprüfen. Guten Morgen Herr Schindler!
Friedemann Schindler: Guten Morgen!
Engels: Welches ist denn derzeit die größte Gefahr für Jugendliche im Internet?
Schindler: Also die größten Probleme bestehen im Bereich der interaktiven Internetdiensten, sprich von persönlichen Kontakten im Chat, per Instant Messaging oder per E-Mail.
Engels: Das heißt, da ist die Gefahr gewachsen, dass Jugendliche beim Chat im Internet an Kriminelle oder an Pädophile geraten?
Schindler: Also die Zahl der Übergriffe beziehungsweise von Belästigungen ist sehr hoch, vor allem wenn Kinder und Jugendliche sich in Chats aufhalten, die eigentlich für Erwachsene gedacht sind und in denen keine Aufsicht erfolgt, das heißt in denen keine Moderation vorhanden ist.
Engels: Können Sie als Organisation, können da Eltern und Lehrer etwas tun, um das zu verhindern?
Schindler: Wir überprüfen den Sicherheitsstatus der wesentlichen Chats, die für Kinder und Jugendliche interessant sind, die von ihnen genutzt werden, und ermitteln, wie hoch die Risiken in diesen Chats sind. Eltern haben die Möglichkeit, Kinder zu Chats zu führen, die sicher sind, die gibt es auch. Es gibt Chats, die voll moderiert sind, das heißt, da ist immer ein Aufpasser dabei, da kann also praktisch wenig passieren. Und Kinder und Jugendliche selbst müssen bestimmte Regeln einhalten, dass sie sich gegen Belästigung im Chat wehren können oder dass sie ihren Eltern halt Bescheid sagen können, dass sie etwas unternehmen.
Engels: Sie arbeiten ja auch selbst in der Jugendarbeit. Wie verantwortlich gehen denn die Jugendlichen mit dem Internet um, wächst da ein Problembewusstsein oder reizen gerade solche Verbote oder überwachte Chats die Jugendlichen, diese Sicherungen bewusst zu durchbrechen?
Schindler: Also natürlich ist es so, dass Verbote immer einen gewissen Reiz ausüben. Das Problem ist aber, dass viele Kinder und Jugendliche nicht absehen können, was im Chat sozusagen halt passiert. Sie sprechen mit Freunden, Chatpartnern, die sie vielleicht eventuell schon länger kennen, die ihr Vertrauen erworben haben, und vermuten nicht, dass eventuell böswillige Menschen dahinter stecken. Sie schicken ihnen Bilder zu und sind dann völlig erstaunt, dass diese Bilder in den Internetkreislauf halt eingespeist werden und sie dann ein Leben lang verfolgen.
Das heißt, Kinder und Jugendliche denken zwar, dass sie das Chatten zwar voll beherrschen, man muss sie aber auch ein Stückweit vor sich selbst schützen. Das ist aber nicht nur Aufgabe der Eltern und der Kinder, hier für Sicherheit zu sorgen, sondern hier sind insbesondere die Betreiber dieser Chats gefordert, einmal ihre Chats halt sicher zu gestalten - das ist möglich -, aber auch die Grundkenntnisse zu vermitteln. Es gibt zum Beispiel so einen Chat wie Diddl, da muss man erst einen Führerschein machen, bevor man chatten darf. Es gibt andere Chats, die in regelmäßigen Abständen einfach Fragen einstreuen, die Chatter halt beantworten müssen, bevor sie weiter chatten können, damit sie überhaupt wissen, wie sicheres Chatverhalten aussieht.
Engels: Müssen die Internetanbieter denn möglicherweise auch per gesetzlicher Regelung da stärker in die Pflicht genommen werden?
Schindler: Es ist schwierig, Chats gesetzlich zu regeln, weil es ein flüchtiges Medium ist. Aber als ultima Ratio ist es mit Sicherheit sinnvoll, ihnen auch bestimmte Auflagen zu machen. Wer also einen Chat betreibt, der sich an Kinder richtet und für keinerlei Moderation sorgt, das heißt Kinder Pädokrimen sozusagen schutzlos aussetzt, der lässt jede Verantwortung halt vermissen und gegen den muss man dann auch aufsichtsrechtlich vorgehen.
Engels: Wie steht es um andere Gefahren, wachsen zum Beispiel auch die finanziellen Risiken, zum Beispiel dass Jugendliche durch Online-Bestellungen sich verschulden, weil sie nicht recht wissen, wie sie damit umgehen sollen, oder beispielsweise auch auf Gewaltvideos stoßen, auf Bilder, die sie generell nicht sehen sollen?
Schindler: Also im Bereich der Verschuldung ist es so, dass es immer wieder Wellen gibt, in denen bestimmte Risiken auf Kinder und Jugendliche zukommen. Das waren in der Vergangenheit die so genannten Dialer und derzeit sind es Abosysteme für SMS oder Klingeltöne, die Kindern das Geld sozusagen aus der Tasche ziehen. Im Bereich der Gewaltdarstellung oder pornografischen Darstellung ist es so, dass Kinder mit solchen Angeboten schon relativ früh konfrontiert werden, teilweise freiwillig, in vielen Fällen aber unfreiwillig. Es sind Darstellungen dabei, die selbst Erwachsene überfordern. Aus den traditionellen Medien kennt man Gewaltdarstellungen nur in einer gefilterten Form, das heißt also bestimmte Darstellungen, die im Internet verfügbar sind, wie zum Beispiel Exekutionsvideos, die sind ja in den traditionellen Medien nicht verfügbar, und kaum jemand kann sich vorstellen, wie brutal diese Gewaltvideos wirken, von denen man sich halt schlecht distanzieren kann, weil man genau weiß, dass es reale Darstellungen sind.
Engels: Können Eltern da etwas tun, um eben die heimatlichen PCs tatsächlich sicher zu machen?
Schindler: Also es gibt technische Schutzmaßnahmen, also Kindersicherung oder Filtersysteme, die sind nach unseren Recherchen aber nicht ausreichend wirksam, das heißt, sie wirken - wenn überhaupt - nur im Web, das heißt also nur auf den Webseiten im Internet und nicht bei interaktiven Diensten, und sie funktionieren halbwegs gut im Bereich von Sex und Pornografie, aber überhaupt nicht im Bereich Rassismus oder Gewalt oder sonstige Gefährdungen, wie zum Beispiel Suizidforen.
Engels: Häufig geraten ja Kinder und Jugendliche erst über Suchmaschinen auf diese gefährlichen Seiten. Müssen die Betreiber solcher Suchmaschinen da mehr tun?
Schindler: Also die Betreiber von Suchmaschinen haben in der Vergangenheit schon viel getan. Das heißt, früher war es zum Beispiel so, wenn man einen Begriff wie "Mädchen" eingegeben hat, dass man schon auf der ersten Stelle ein pornografisches Angebot gefunden hat, weil auch Pornwebmaster diesen Begriff genutzt haben. Anderes Beispiel: Girl. Auch da war es so, dass man in erster Linie pornografische Angebote gefunden hat. Das ist heute nicht mehr so. Man findet in den Suchmaschinen immer noch unzulässige Inhalte. Es gibt aber auch Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Wir betreiben eine Meldestelle bei Jugendschutz.net, und Eltern, die in Suchmaschinen Inhalte finden, die dort nichts zu suchen haben, zum Beispiel wenn ich nach einem Papagei suche und ich finde ein pornografisches Bild, dann sollten sie uns das sofort melden, und wir versuchen dann, mit den Suchmaschinenbetreibern diese Inhalte zu entfernen.
Engels: Vielen Dank! Das war Friedemann Schindler. Er leitet Jugendschutz.net, das ist eine Organisation der Jugendministerien der Länder, um das Internet für Jugendliche sicherer zu machen.
