Beim ersten Anblick sieht er wenig spektakulär aus. Dafür völlig verwirrend. Mit Dutzenden von Kabeln, Lichtleitern und Spiegeln dran. Mit optischen Linsen und Plexiglasröhren, Schläuchen und Vakuumkammern. Ein Apparat, in dem sogar Cäsiumatome fast zum Stillstand kommen. Bei einer Temperatur von wenigen Milliardstel Kelvin.
Also wir starten mit den Cäsium-Atomen in einem Ofen, der auf etwa hundert Grad beheizt wird. Die Atome werden dann aus diesem Atomstrahlofen herausgeschossen oder entkommen einfach und wandern dann diese etwa einen Meter lange Strecke entlang, die in die Ultrahochvakuumapparatur führt.
Der Physiker Rudolf Grimm von der Universität Innsbruck zeigt auf seinen High-Tech-Apparat. Im Labor des Instituts für Experimentalphysik gelang ihm das, was kaum noch einer für möglich hielt: Aus den superschweren Cäsiumatomen ein Bose-Einstein-Kondensat zu erzeugen. Einen Materiezustand, bei dem sich die Atome so langsam bewegen, dass man förmlich zuschauen kann.
Unsere Atome, mit denen wir starten, haben Düsenjet-Geschwindigkeit. Und wir müssen sie dann immer weiter abbremsen, und wir müssen ihre Geschwindigkeit um den fast unvorstellbaren Faktor von mehr als eine Million reduzieren. Wir landen dann bei Geschwindigkeiten, die liegen irgendwo im Bereich von Millimetern pro Sekunde.
Das ist langsam genug, dass sich Atome zum Kollektiv zusammenballen, dem Bose-Einstein-Kondensat. Um jedoch so niedrige Geschwindigkeiten zu erreichen, müssen die Atome abgekühlt und abgebremst werden. Doch während beispielsweise Rubidium oder Natrium in einer Magnetfalle gefangen und dadurch abgekühlt werden, funktionierte dieser Weg zum Bose-Einstein-Kondensat bei Cäsium nicht. Durch Wechselwirkungen untereinander gerät es nämlich viel zu schnell in Zustände, die sich wegen ihrer magnetischen Eigenschaften in einer solchen Atomfalle nicht mehr fangen lassen. Deshalb versuchte es Grimm auf andere Weise: mit Laserlicht.
Das Licht besteht ja aus einem elektrischen Feld, das sehr schnell oszilliert, und dieses elektrische Feld, das da auf das Atom wirkt, führt dazu, dass das Atom selbst polarisiert wird und ein so genanntes elektrisches Dipolmoment bekommt. Das ist eine analoge Eigenschaft zur magnetischen Eigenschaft von magnetischen Dipolmomenten. So können wir da intern im Atom elektrische Dipolmomente erzeugen. Diese Dipolmomente können wiederum in dem Lichtfeld selbst Kräfte erfahren, und darauf beruhen diese ganzen optischen Fallen, die wir benutzen.
Um Cäsium in einer Lichtfalle zu fangen und abzubremsen, arbeitete Grimm mit zwei sehr starken Kohlendioxid-Lasern, die sich in der Mitte der Apparatur kreuzen. Der nur etwa stecknadelkopfgroße Kreuzungspunkt bildet die eigentliche Lichtfalle. Während die Kohlendioxid-Laser die Cäsium-Atome fangen, hält sie ein spezielles Magnetfeld in der Schwebe. Nur im "schwerelosen" Zustand können sie vom Licht festgehalten werden. Besonders energiereiche "heiße" Atome können jedoch aus der Lichtfalle entkommen. Sie verdampfen, nehmen dabei Energie mit und der Rest der Cäsium-Atome kühlt sich ab.
Der nächste Trick ist jetzt, dass wir das Atomensemble, zumindest einen Teil davon, umladen in einen weiteren Laserstrahl.
Dieser hat einen sehr engen Focus, sodass die Atome auf engstem Raum gefangen sind und dort verdampfen. Wenn das passiert ist, senkt der Innsbrucker Physiker die Temperatur bis auf wenige Milliardstel Kelvin herab.
Und dann, nach etwa 17 Sekunden, wenn man das Ganze geeignet macht, passiert es plötzlich...
Aus der Atomwolke tritt immer deutlicher eine scharf abgegrenzte Struktur hervor - das erste Cäsium-Kondensat. Ein Materiezustand, mit dem die Wissenschaftler Großes vorhaben: Atomuhren, die aus Cäsium bestehen, sollen genauer gehen, ebenso die satellitengestützten Navigationssysteme. Und da Cäsium im superkalten Zustand keine Wechselwirkungen mehr eingeht, könnte man mit ihm - so der Traum der Forscher - sogar einmal winzigste Änderungen der Naturkonstanten enthüllen.
Links zum Thema
Arbeitsgruppe für "Ultrakalte Atome und Quantengase" am Institut für Experimentalphysik der Uni Innsbruck.
"Bose-Einstein und Du?" ist der Titel einer Webseite, die sehr anschaulich das Bose-Einstein-Kondesat erläutert.