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Gefrierschrank ohne Strom
US-Forscher präsentieren innovatives Kühlkonzept

US-Forscher haben ein revolutionäres Kühlverfahren heute in der Fachzeitschrift NATURE Communications vorgestellt. Sie haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich rein passiv kühlen lässt, also ohne Stromverbrauch – und zwar bis auf Gefrier-Temperaturen.

Von Frank Grotelüschen | 14.12.2016
    Ein Kühlschrank voll mit Lebensmitteln.
    Forscher haben eine rein passive Kühltechnik entwickelt, die tiefe Temperaturen erreichen kann. (dpa/picture alliance/Karl-Josef Hildenbrand)
    Ein Gefrierschrank voll mit Tiefkühlpizzen und gefrorenem Gemüse. Das Brummen des Kompressors macht deutlich: Das Gerät läuft mit Strom, nur so kann es die Temperatur auf Minusgraden halten. Ganz anders bei dem Patent, das ein Team von der kalifornischen Stanford Universität nun vorstellt. Es läuft ganz ohne Steckdose.
    "Wir haben eine rein passive Kühltechnik entwickelt, die tiefe Temperaturen erreichen kann. Temperaturen deutlich unterhalb des Gefrierpunkts von Wasser."
    Sagt Elektrotechnikprofessor Shanhui Fan. Kern des Konzepts ist ein besonderes Material: Eine Scheibe überzogen mit nanometerfeinen Schichten aus Aluminium, Silizium und Siliziumnitrid. Ein Nanosandwich mit einer bemerkenswerten Eigenschaft:
    "Die Schichten haben die Eigenschaft, dass sie Wärmestrahlung abgeben können, und zwar in einem Wellenlängenbereich zwischen acht und 13 Mikrometern. In diesem Infrarotbereich ist die Erdatmosphäre weitgehend transparent. Die Wärmestrahlung kann also bis in den Weltraum entweichen."
    Neuer Rekord bei der Strahlungskühlung
    Die Folge: Wärme wird kontinuierlich entzogen, die beschichtete Scheibe kühlt sich immer weiter ab. Strahlungskühlung, so heißt das Prinzip. Allerdings wäre da ein Problem: Und zwar erwärmt sich die Scheibe flugs wieder, wenn sie, thermisch gesehen, mit ihrer Umgebung in Kontakt ist. Also suchten Fan und seine Leute nach einem Weg, sie von der Außenwelt zu isolieren. Die Lösung:
    "Wir kombinieren die Strahlungskühlung mit der Vakuumtechnik: Wir haben die beschichtete Scheibe in ein Vakuumgefäß eingesetzt und konnten so erreichen, dass sie sich auf kalte Temperaturen abkühlt."
    Konstruktion verhindert den Wärmeaustausch
    Konkret sieht das so aus: Die Scheibe ist auf eine Halterung montiert, die kaum Wärme leitet. Beides steckt in einem luftleer gepumpten Vakuumtopf. Der Topf besitzt ein Fenster aus Zinkselenid ein Material, das im Infraroten durchsichtig ist. Dazu kommt ein System aus Blenden und Spiegeln, das verhindert, dass Sonnenlicht direkt in den Topf fällt. Die ganze Konstruktion verhindert den Wärmeaustausch mit der Umgebung. Dadurch kann die Wärmestrahlung von der Scheibe durchs Fenster entweichen und nach oben in Richtung Weltraum entfleuchen. Bildlich gesprochen wird die Wärme ins All gesaugt. Die Scheibe wird kälter und kälter.
    "Das Experiment fand auf einem unserer Institutsgebäude statt. Dort haben wir unseren Vakuumtopf mitsamt Kühleinheit aufgestellt und 24 Stunden lang die Temperatur überwacht. Das Ergebnis: Über den ganzen Tag gesehen war es in der Kammer 37 Grad Celsius kühler als in der Umgebung. In der Spitze waren es sogar 42 Grad."
    Einsatz in Katastrophengebieten vorstellbar
    Selbst am Mittag, bei maximaler Sonneneinstrahlung, herrschten im Topfinneren Temperaturen im Gefrierbereich. Ein neuer Rekord bei der Strahlungskühlung. Besonders gut funktionierte das Patent im kalifornischen Winter und an klaren Tagen. An Sommertagen schaffte das System dagegen nur eine Abkühlung von 27 Grad. Und bei dichter Bewölkung versagte es fast völlig. Die Wärmestrahlung konnte schlicht nicht entweichen. Und was ließe sich mit der neuen Kühltechnik anfangen?
    "Da sich durch eine passive Kühlung Temperaturen unterhalb von Null Grad erreichen lassen, könnte man Lebensmittel oder Medikamente einfrieren, auch wenn man keinen Strom hat."
    Für den heimischen Vorratskeller dürfte das Konzept zwar kaum taugen. Aber in Katastrophengebieten könnte es durchaus hilfreich sein, und auch das Militär dürfte Interesse zeigen. Zuvor jedoch müssen Shanhui Fan und seine Leute das Konzept noch verfeinern.
    "Das Konzept ist zwar schon recht nahe an der Einsatzreife. Doch vor allem das Vakuumsystem müssen wir noch vereinfachen. Es gibt bereits Vakuumsysteme als Massenprodukte, und zwar für Solarkollektoren. Diese Technik könnten wir im Prinzip auch für unser System verwenden. Und daran arbeiten wir nun."