Die Intrigen um Emilia Galotti gäben einen guten Filmstoff ab - der Regisseur in Düsseldorf, Robert Schuster, entscheidet sich mit Sascha Gross (Bühne) und Tim Deckers (Video) anfangs für eine Art Installation, was erst mal auch hervorragend funktioniert: Geräusche geben der gleichbleibenden Bühne immer wieder mal einen anderen Zweck, hier hört man einen Quell und der Steg ist also ein Steg am Wasser, auf dem der Prinz sich aalt. Der Maler bringt ihm die beiden Frauengemälde, zwei Stelen im Hintergrund, die auch im Weiteren für Projektionen oder als Spiegel genutzt werden. Die Gräfin Orsina, Ex-Geliebte des Prinzen, geht in bewegten Filmbildern auf das Publikum zu und bleibt überlebensgroß hinter der Projektionswand stehen.
Emilia liegt so weit drapiert, dass die Kamera ihren Körper zur Darstellung abfahren muss; als man ihr Gesicht zum zweiten Mal sieht, ist es von einem weißen Schleier verhüllt: Der Prinz wird sie nie kriegen. Zwei geheimnisvolle dunkle Mädchen bewegen sich anfangs durch den Hintergrund. Manchmal spürt man einen Hauch von Horrorfilm. Marinelli ist in der Gestalt von Michael Schütz sicher verdienter Publikumsliebling des Abends: zutraulich, demütig, unverschämt und verschlagen, mit "Kleiderbügel im Kreuz" und den hängenden Haaren und Armen absolut in die Beleidigung des Grafen passend, er sei ein "Affe".
Daniel Nerlich spielt den Prinzen mit sich ständig windenden Gliedern, ennuiert, ornamental aus sich heraus fließend (steckt noch ein bisschen Schauspielschule drin), ein verwöhnter Dreijähriger mit Überdruss.
Trotz der installationsartigen Anfangssituation ergibt sich, leider nicht durchweg, eine Dynamik, die im Streit der Mutter mit Marinelli gipfelt - dazu Emilias Gesang, struktureller Zusammenprall von Schönem und Biestigem. Dabei kämpft die Schöne hier von Anfang an - siehe Text Lessing - eigentlich mehr gegen die Verführung: zum Beispiel in der andauernden ambivalenten Spannung zwischen Angst und Erregung, mit der Anna Kubin als Emilia Galotti aus der Kirche flüchtet, vom Prinzen belagert und beschwatzt. - Vielleicht hätte man es bei den beiden ersten Gemälde-Filmen belassen sollen, denn je weiter sie das Stück begleiten, desto öfter lenken sie ab.
Tod und Ehre spielen auch in Lorcas "Bluthochzeit" am nächsten Abend eine große Rolle.
Nadine Geyersbach katapultiert das Unterste, Raue der Seele nach oben in ihrem Spiel der 22-jährigen Braut, die sich in Andalusien auf die Hochzeit vorbereitet und dabei immer wieder ihren ehemaligen Verlobten zu vergessen sucht, mit dem sie schließlich doch durchbrennt - was in einer Gesellschaft, in der es die Blutrache gibt, im tödlichen Finale für beide Männer endet.
Die Hochzeit ist abgemacht, sie schreit, die Füße nach innen gewendet, um sich sofort wieder gefasst vorsätzlich zu freuen, nach hinten über den erdigen Grund zu gehen, das Hochzeitskleid blütenweiß dort herauszuziehen und anzulegen - um von der festgenagelten Schleppe immer wieder im Lauf von den Füßen gerissen zu werden.
Hin- und hergerissen zwischen Verzweiflung und Willen zur Freude und zwischen den zwei Rollen, die diesen Widerstreit nach außen vertreten - denn die Magd ist hier gestrichen, Nadine Geyersbach spielt sie gleich mit - wird sie erst von ihrem Geliebten losgeschnitten, bevor sie selbst das Messer übernimmt. Die beiden verkrampfen sich in einer Umarmung, überhaupt sind alle Figuren verkrampft, gefangen in ihren Körpern, auf einer Arena aus Erde, begrenzt von drei Mauern, die den Raum abschließen oder wie ein Betonhimmel nach oben geklappt die Naturlyrik und -mystik Lorcas kontrastieren. Dessen Lieder und bildliche Sprache werden in ein Sprachspiel übersetzt, in dem sich die Figuren aber festgebissen haben, die Ödnis der Landschaft spiegelt sich in den Gesichtern und einer statuaren Gestik - heißt das nun, die Emotionen spielten keine Rolle?
Doch, das tun sie: in den Ausbrüchen und in der Möglichkeit, dass sich in diesen "Statuen" die Emotionen vorher stauen können. Die sich vielleicht erst dann öfter zeigen, wenn die Schauspieler das Stück ein paar mal regulär gespielt haben und die festgelegte Hülle zu etwas endgültig Äußerem wird, gegen das ein freieres Innen rebellieren kann. So bleibt es über Strecken auch langatmig.
Liest man den surrealistischen, symbolistischen Lorca heute, kann man sich nicht vorstellen, dass es jemand anders als stilisiert auf die Bühne bringen kann, eben in einer Weise, wie Stephan Rottkamp das Stück auch inszeniert. Und doch denkt man am Anfang, die Inszenierung hebe sich Energie, eine Steigerungsmöglichkeit für die nächtliche Verfolgungsjagd im Wald auf, und wartet doch noch auf eine irgendwie romantische Atmosphäre. Aber dann beginnt der dritte Akt mit angestrengten Textwiederholungen, die Konfliktspitze liegt bei Rottkamp im Zweikampf der Männer, bei "Tageslicht". Die Mystifizierung ist inklusive der allegorischen Figuren von Tod und Mond herausgenommen. Aber der rote Faden von Gefangen-Sein und Ausbruch ist klar freigelegt. Auf eine gute, interessante Weise.
Emilia liegt so weit drapiert, dass die Kamera ihren Körper zur Darstellung abfahren muss; als man ihr Gesicht zum zweiten Mal sieht, ist es von einem weißen Schleier verhüllt: Der Prinz wird sie nie kriegen. Zwei geheimnisvolle dunkle Mädchen bewegen sich anfangs durch den Hintergrund. Manchmal spürt man einen Hauch von Horrorfilm. Marinelli ist in der Gestalt von Michael Schütz sicher verdienter Publikumsliebling des Abends: zutraulich, demütig, unverschämt und verschlagen, mit "Kleiderbügel im Kreuz" und den hängenden Haaren und Armen absolut in die Beleidigung des Grafen passend, er sei ein "Affe".
Daniel Nerlich spielt den Prinzen mit sich ständig windenden Gliedern, ennuiert, ornamental aus sich heraus fließend (steckt noch ein bisschen Schauspielschule drin), ein verwöhnter Dreijähriger mit Überdruss.
Trotz der installationsartigen Anfangssituation ergibt sich, leider nicht durchweg, eine Dynamik, die im Streit der Mutter mit Marinelli gipfelt - dazu Emilias Gesang, struktureller Zusammenprall von Schönem und Biestigem. Dabei kämpft die Schöne hier von Anfang an - siehe Text Lessing - eigentlich mehr gegen die Verführung: zum Beispiel in der andauernden ambivalenten Spannung zwischen Angst und Erregung, mit der Anna Kubin als Emilia Galotti aus der Kirche flüchtet, vom Prinzen belagert und beschwatzt. - Vielleicht hätte man es bei den beiden ersten Gemälde-Filmen belassen sollen, denn je weiter sie das Stück begleiten, desto öfter lenken sie ab.
Tod und Ehre spielen auch in Lorcas "Bluthochzeit" am nächsten Abend eine große Rolle.
Nadine Geyersbach katapultiert das Unterste, Raue der Seele nach oben in ihrem Spiel der 22-jährigen Braut, die sich in Andalusien auf die Hochzeit vorbereitet und dabei immer wieder ihren ehemaligen Verlobten zu vergessen sucht, mit dem sie schließlich doch durchbrennt - was in einer Gesellschaft, in der es die Blutrache gibt, im tödlichen Finale für beide Männer endet.
Die Hochzeit ist abgemacht, sie schreit, die Füße nach innen gewendet, um sich sofort wieder gefasst vorsätzlich zu freuen, nach hinten über den erdigen Grund zu gehen, das Hochzeitskleid blütenweiß dort herauszuziehen und anzulegen - um von der festgenagelten Schleppe immer wieder im Lauf von den Füßen gerissen zu werden.
Hin- und hergerissen zwischen Verzweiflung und Willen zur Freude und zwischen den zwei Rollen, die diesen Widerstreit nach außen vertreten - denn die Magd ist hier gestrichen, Nadine Geyersbach spielt sie gleich mit - wird sie erst von ihrem Geliebten losgeschnitten, bevor sie selbst das Messer übernimmt. Die beiden verkrampfen sich in einer Umarmung, überhaupt sind alle Figuren verkrampft, gefangen in ihren Körpern, auf einer Arena aus Erde, begrenzt von drei Mauern, die den Raum abschließen oder wie ein Betonhimmel nach oben geklappt die Naturlyrik und -mystik Lorcas kontrastieren. Dessen Lieder und bildliche Sprache werden in ein Sprachspiel übersetzt, in dem sich die Figuren aber festgebissen haben, die Ödnis der Landschaft spiegelt sich in den Gesichtern und einer statuaren Gestik - heißt das nun, die Emotionen spielten keine Rolle?
Doch, das tun sie: in den Ausbrüchen und in der Möglichkeit, dass sich in diesen "Statuen" die Emotionen vorher stauen können. Die sich vielleicht erst dann öfter zeigen, wenn die Schauspieler das Stück ein paar mal regulär gespielt haben und die festgelegte Hülle zu etwas endgültig Äußerem wird, gegen das ein freieres Innen rebellieren kann. So bleibt es über Strecken auch langatmig.
Liest man den surrealistischen, symbolistischen Lorca heute, kann man sich nicht vorstellen, dass es jemand anders als stilisiert auf die Bühne bringen kann, eben in einer Weise, wie Stephan Rottkamp das Stück auch inszeniert. Und doch denkt man am Anfang, die Inszenierung hebe sich Energie, eine Steigerungsmöglichkeit für die nächtliche Verfolgungsjagd im Wald auf, und wartet doch noch auf eine irgendwie romantische Atmosphäre. Aber dann beginnt der dritte Akt mit angestrengten Textwiederholungen, die Konfliktspitze liegt bei Rottkamp im Zweikampf der Männer, bei "Tageslicht". Die Mystifizierung ist inklusive der allegorischen Figuren von Tod und Mond herausgenommen. Aber der rote Faden von Gefangen-Sein und Ausbruch ist klar freigelegt. Auf eine gute, interessante Weise.