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Gegen den Wüstenwind

Seit Jahrzehnten kämpfen chinesische Wissenschaftler und Behörden gegen Umweltbelastungen durch Wüstenstaub. Verstärkt helfen inzwischen auch deutsche Forscher dabei, die verheerende Bodenerosion zu stoppen.

Von Joachim Budde |
    An vielen Tagen im Jahr herrscht in der chinesischen Hauptstadt Peking dicke Luft. Ursache dafür sind Abgase - und Wüstenstaub. Starker Wind trägt große Mengen dieses Staubs über hunderttausende Kilometer heran aus der Taklamakan-Wüste im Nordwesten des Landes und der Wüste Gobi im Norden. Allein 300.000 Tonnen Staub hat ein Sturm dem Wüstenforscher Maik Veste zufolge im Frühjahr 2006 auf der chinesischen Metropole abgeladen. Und dieses Problem wird anhalten: Denn am Rande der Wüsten beanspruchen die Menschen die Böden zu stark. Sie haben zu große Schaf- und Ziegenherden. Das Vieh zerstört die Pflanzendecke , der Boden verliert seinen Halt und ist dem Wind schutzlos ausgesetzt. Die Situation sei gravierend, sagt Professor Jiarong Gao von der Pekinger Universität für Forstwissenschaften:

    "Eines der größten Umweltprobleme in China ist die Desertifikation."

    Seit Jahrzehnten kämpfen chinesische Wissenschaftler und Behörden dagegen an. So rief die chinesische Regierung 1978 den Plan aus, eine grüne chinesische Mauer gegen Sand- und Staubstürme zu errichten. Seitdem werden in den Trockengebieten an den Wüstenrändern Bäume als Windschutzstreifen gepflanzt. Wo der Boden nur noch aus Sand besteht, sollen schachbrettartig angelegte Streifen aus Reisstroh den Sand festhalten. Denn Wanderdünen richten großen Schaden an Straßen, Eisenbahnlinien, Dörfern und Feldern an. Sie bedecken, was an fruchtbaren Flächen noch vorhanden ist. Aber das Problem ist immer noch groß.

    "Deshalb meinen wir, solche Maßnahmen haben regional zur Verbesserung der Desertifikationsproblematik beigetragen. Aber sie sind nicht ausreichend, sondern müssen weiterentwickelt werden, damit wird insgesamt eine befriedigende Situation im Sinne so genannter nachhaltiger Entwicklung eintreten."

    Dabei wollen Gao und seine Kollegen von Erfahrungen aus Deutschland profitieren, sagt der Wissenschaftler.

    "Deutsche Partner können uns neues Wissen, Techniken, Methoden und innovative Konzept bringen."

    Bereits seit sechs Jahren arbeiten deutsche Forscher von den Universitäten Hohenheim und Bielefeld sowie vom Umweltforschungszentrum Leipzig mit chinesischen Kollegen bei einzelnen Projekten zusammen. Diese Kooperation haben die Wissenschaftler jetzt weiter vertieft: Im November gründeten Gao und Maik Veste von der Universität Hohenheim das Dryland Research Centre, das Deutsch-chinesische Zentrum zur Erforschung von Trockengebieten. Sie wollen bei Workshops zusammenarbeiten und den Studentenaustausch zwischen China und Deutschland intensivieren. Das neue Zentrum hat bereits konkrete Pläne, sagt Maik Veste:

    "Wir sind gerade in der Vorbereitung für ein größeres Projekt, das sich speziell mit dem Wachstum von Windschutzstreifen und Hecken beschäftigt und der Windfeldmodellierung, so dass wir auch versuchen, hier entsprechende Werkzeuge zu entwickeln, solche Windschutzstreifen sowohl unter ökologischen Aspekten als auch im Hinblick auf die Bodenerosion zu optimieren."

    Denn bisher bestehen die Windschutzstreifen meist ausschließlich aus Pappeln. Diese Monokulturen sind empfindlich gegen Fressfeinde und Krankheiten. Mit zusätzlichen Baum- und Pflanzenarten bieten die Windschutzstreifen außerdem weiteren Tieren eine Heimat, das erhöht die Biodiversivität.

    Der zweite Ansatzpunkt für Verbesserungen ist die Lage der Streifen. Um zu bestimmen, wo die Windschutzstreifen den größten Effekt haben, lassen sich die Wissenschaftler vom Computer helfen, sagt Maik Veste:

    "Hier gibt es entsprechende Modelle, die eigentlich aus anderen Anwendungen kommen, nämlich der Planung von Windkraftanlagen."

    Wenn diese Technik hilft, die grüne chinesische Mauer zu optimieren, können die Menschen in Peking in Zukunft etwas freier atmen. Doch der Weg dorthin ist noch lang.