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Gegensätzliche Erwartungen

Was wünschen sich Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern und was erwarten die von ihrem Chef beziehungsweise ihrem Berufsalltag? Welche Ansprüche haben beide Seiten aneinander? Das hat das Dienstleistungsunternehmen Pepper AG bei einer Unternehmensmesse in Wiesbaden abgefragt. Das Ergebnis der Umfrage liegt vor, das Resümee lautet kurz und knapp: Arbeitgeber und Arbeitnehmer ticken anders.

Moderation: Lothar Guckeisen |
    Lothar Guckeisen: Sybille Luzia, Personalleiterin bei der Pepper AG, soll das heißen, dass die gegenseitigen Ansprüche teilweise stark auseinander gehen?

    Sybille Luzia: Unsere Erfahrungen sind, und die spiegeln sich eigentlich auch in dieser Umfrage wieder, es ist durchaus so, dass die Erwartungen teilweise weit auseinander liegen, ja.

    Guckeisen: Machen wir doch einmal eine Gegenüberstellung: Was waren denn so Antworten, die sie von den Chefs bekommen haben? Was für Ansprüche haben die an ihre Mitarbeiter?

    Luzia: Ganz oben auf der Erwartungsliste steht das Thema Flexibilität. Das ist, denke ich, in der heutigen Zeit einfach immer wichtiger geworden. Flexibilität hinsichtlich Aufgaben, Herausforderungen aber auch Verantwortung und letztlich auch eine gewisse Form der Mobilität. Also auch einmal die Bereitschaft zu sagen: Jawohl, das ist ein spannendes Projekt, dafür gehe ich auch einmal woanders hin.

    Guckeisen: Also Flexibilität heißt auch einmal länger zu arbeiten oder ungeregelte Arbeitszeiten in Kauf zu nehmen. Gehört das auch dazu?

    Luzia: Sicherlich auch. Ich sage mal, die Erwartungshaltung von jungen, aufstrebenden Unternehmen zum Thema Einsatzbereitschaft ist - da muss man ganz ehrlich sein - auch hoch.

    Guckeisen: Was steht denn auf der anderen Seite, was haben denn die Mitarbeiter genannt?

    Luzia: Also, Mitarbeiter haben als ihre Kriterien genannt natürlich die Aufgabe selbst. Sie muss interessant sein, das muss die richtige sein. Dann sicherlich auch die Vergütung - da waren die Befragten ganz, ganz ehrlich. Aber was uns wirklich positiv erfreut hat war: Fast wichtiger als Vergütung, kommt für die meisten Kandidaten das Thema Arbeitsklima, positive Arbeitsumgebung hinzu, das sie auch als sehr, sehr wichtig ersehen und das Thema Karrieremöglichkeiten. Wie kann ich wachsen, wie kann ich aufsteigen, ist auch etwas, was von den meisten Kandidaten noch wichtiger bewertet wurde als reine Vergütung.

    Guckeisen: Dagegen werden die Chefs oder die Arbeitgeber nichts haben. Wenn Sie jetzt sagen, die Ansprüche gehen stark auseinander, was ist es denn, wo das so weit auseinander klafft? Was sind das für Bereiche?

    Luzia: Es ist mitunter tatsächlich das Thema Flexibilität, wo es wirklich auseinander geht. Mitarbeiter wünschen sich, so hat die Umfrage ergeben, zum Großteil wirklich einen fest abgesteckten Aufgabenbereich. Zwar sagen sie auf der einen Seite, ja ich will mehr Verantwortung, aber auf der anderen Seite aber bitte nur schön in dem Rahmen, den ich auch kenne. Das ist natürlich nicht ganz das, was sich die Chefs vorstellen.

    Guckeisen: Wie ist das mit der Arbeitszeit?

    Luzia: Die Leute sind durchaus bereit - so unsere Erfahrung zumindest - sehr viel zu leisten, wenn sie auch Spaß daran haben. Auf der anderen Seite ist es natürlich etwas, da muss man ganz ehrlich sein, womit der Arbeitgeber heutzutage fast rechnet: mehr zu leisten.

    Guckeisen: Wenn man sich jetzt nicht so ganz damit einverstanden erklären kann zu sagen, man ist flexibel, man hat also nicht so fest umrissene Arbeitsfelder und Aufgabenfelder, man hat auch unregelmäßige Arbeitszeiten und solche Dinge. Man legt auch Wert darauf, dass man auch Freizeit hat oder auch mit der Familie Zeit verbringen kann. Das ist ja etwas, was Sie in der Umfrage herausgefunden haben. Spüren Sie das denn auch als Personalchefin, dass die Mitarbeiter das offensiv geltend machen, oder ist das eher etwas, das man eben nur über solche Umfragen zu spüren bekommt?

    Luzia: Nein, also es hat uns jetzt nicht wirklich überrascht, das muss man ganz klar sagen. Und der beliebte Ausdruck der "work-life balance" ist ja auch etwas, worüber man sich als Arbeitgeber Gedanken machen muss. Und auch Lösungsansätze seinen Mitarbeitern auch gerne liefert, wie man so etwas in Einklang bringen kann.

    Guckeisen: Also Sie vertreten ja, wenn ich einmal so fragen darf, auch die Seite der Chefs, wenn man so will, als Personalchefin. Ist das denn etwas, was man bei Ihnen ganz normal im Bewerbungsgespräch ansprechen könnte oder würden Sie da zurückschrecken und würden sagen: Wenn der jetzt schon damit anfängt?

    Luzia: Nein, ganz im Gegenteil. Je offener man solche Sachen anspricht, desto positiver wird das - zumindest in unserem Unternehmen - sicherlich bewertet.

    Guckeisen: Gilt das auch für andere Unternehmen? Sie arbeiten ja auch für andere Unternehmen.

    Luzia: Wir arbeiten auch für andere Unternehmen, sicherlich. Und ich kann natürlich schwerlich für diese sprechen, vor allem für deren Personalpolitik. Ich hätte mitunter vielleicht Zweifel, ob es genauso positiv aufgenommen wird, wie bei uns.

    Guckeisen: Also ganz konkret. Wenn bei Ihnen jemand im Bewerbungsgespräch ist und der sagt Ihnen: Mir ist es wichtig, dass ich auch nicht so weit weg von zu Hause arbeite oder möglichst am Wochenende auch zu Hause bin, das sind mir wichtig Dinge. Würde Sie da zurückschrecken?

    Luzia: Nicht unbedingt, nein. Es kommt ganz und gar auf die Position an. Wenn es um eine Position geht, in der ich das zusichern kann, dann werde ich das gerne tun. Wenn es um eine Position geht, wo ich das eben als Arbeitgeber auch nicht zusichern kann, dann, denke ich, geht es hauptsächlich auch darum, ganz offen zu sagen, ob man so etwas überhaupt als Arbeitgeber zur Verfügung stellen kann oder nicht. Und dann letztlich kann sich der Kandidat immer noch überlegen, bin ich bereit, das Risiko einzugehen, weil ich das Unternehmen, die Aufgabe, was auch immer, besonders reizvoll finde. Oder sage ich dann selbst für mich nein, das ist einfach wichtiger. Und das muss man letztlich akzeptieren, das ist uns auch in vielen Recruiting-Gesprächen so gegangen in den letzten Jahren. Dass Kandidaten sagen: Nein, privates Umfeld, meine Kinder gehen zur Schule, ich will die hier nicht herausreißen. Und es werden dann Möglichkeiten diskutiert, wie man wirklich dennoch denjenigen dann einsetzen kann. Aber oftmals führt das leider dazu - wir sind ja auch selbst ein Dienstleistungsunternehmen, das heißt wir müssen ja für unsere Kunden auch stets ansprechbar sein -, dass viele Arbeitszeitmodelle zum Beispiel dann in diesen Positionen nicht umsetzbar sind.

    Guckeisen: Nun ist es ja so, geregelte Arbeitszeiten und fester Arbeitsplatz möglichst am Wohnort, das sind ja Wünsche, die in der Arbeitswelt zunehmend übergangen werden. Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus, wer muss denn Abstriche machen, die Arbeitgeber oder die Mitarbeiter?

    Luzia: Also sofern das die fragliche Position, um die es geht, irgendwie zulässt, versuchen wir alle Arbeitszeitmodelle umsetzen zu können, um den besten Kandidaten auf diese Position auch zu bekommen. Auch wenn damit Restriktionen verbunden sind wie: Anderer Wohnort. Wenn es geht. Es gibt ja durchaus Positionen und Aufgaben wo das geht. Aber letzten Endes muss ich auch sagen, müssen wir als Arbeitgeber dann konsequent sein und uns im Einzelfall dann auch gegen einen Kandidaten entscheiden, wenn der die passende Flexibilität nicht mitbringen kann.

    Guckeisen: Was war denn für Sie persönlich die wichtigste Erkenntnis aus dieser Umfrage für Sie als Personalchefin im Umgang jetzt mit Mitarbeitern oder in der Vermittlung bei Konflikten am Arbeitsplatz?

    Luzia: Ich denke, wichtig war für mich zu sehen, und das war auch eine sehr positive Nachricht, dass nicht nur das Thema Vergütung bei der Wahl des Kandidaten bezüglich seines Arbeitsplatzes im Vordergrund steht. Also dass der Mensch im Kandidaten sozusagen nicht nur über die Frage, was werde ich verdienen, sondern auch, was für ein Umfeld werde ich treffen, dass das eine große Rolle spielt, das hat mich positiv gefreut.