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Gegenwind für Lebensmittelexporteure

Auf die Ernährungsindustrie kommt ein enormer Mehraufwand an Zeit und Geld zu, sagt Olaf Schenkel vom Mineralwasserunternehmen Gerolstein. Und dabei dürfte die Firma mit ihrer relativ geringen Exportmenge in die USA noch gut dastehen im Gegensatz zu anderen. Denn mit dem neuen Bio-Terrorismus-Gesetz, das bereits unterzeichnet, im Herbst dieses Jahres wirksam werden soll, müssen sich auch deutsche Firmen einem neuen Bürokratismus unterwerfen. Die US-Lebensmittelkontrollbehörde FDA nämlich soll dann über jede Lieferung, die einen europäischen Hafen Richtung USA verlässt so genau Bescheid wissen, dass sie im Verdachtsfall nicht nur die Ware sicherstellen, sondern auch den Weg des Produktes rekonstruieren und den Hersteller erfassen kann. Das bedeutet: alle Händler und alle Firmen, die direkt in die USA exportieren, müssen sich und ihre Produkte bei der FDA registrieren lassen, erläutert Christoph Freitag von der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie

Von Ursula Mense |
    Auf die Ernährungsindustrie kommt ein enormer Mehraufwand an Zeit und Geld zu, sagt Olaf Schenkel vom Mineralwasserunternehmen Gerolstein. Und dabei dürfte die Firma mit ihrer relativ geringen Exportmenge in die USA noch gut dastehen im Gegensatz zu anderen. Denn mit dem neuen Bio-Terrorismus-Gesetz, das bereits unterzeichnet, im Herbst dieses Jahres wirksam werden soll, müssen sich auch deutsche Firmen einem neuen Bürokratismus unterwerfen. Die US-Lebensmittelkontrollbehörde FDA nämlich soll dann über jede Lieferung, die einen europäischen Hafen Richtung USA verlässt so genau Bescheid wissen, dass sie im Verdachtsfall nicht nur die Ware sicherstellen, sondern auch den Weg des Produktes rekonstruieren und den Hersteller erfassen kann. Das bedeutet: alle Händler und alle Firmen, die direkt in die USA exportieren, müssen sich und ihre Produkte bei der FDA registrieren lassen, erläutert Christoph Freitag von der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie

    Der wichtigere Punkt ist aber wohl, dass bei jeder Lieferung in die USA, der FDA acht Stunden vor Ankunft der Lieferung im Hafen, der USA mitgeteilt werden muss, was die Lieferung genau beinhaltet. Das heißt, die FDA möchte die Ladeliste, möchte genau wissen, welche Produkte in welcher Verpackung, wann ankommen. Damit soll ermöglicht werden, im Hafen eine Überprüfung vorzunehmen, falls der Verdacht besteht, dass Lieferungen bestimmter Warengruppen gefährdet sind.

    Dafür haben die amerikanischen Behörden zahlreiche neue Inspektoren eingestellt. Sie dürfen Nahrungsmittel beschlagnahmen, wenn sie begründet vermuten, dass ein Produkt kontaminiert ist, und sie dürfen auch den Zoll anweisen, Ware 24 Stunden festzuhalten, um Zeit für eine Überprüfung zu haben. Obwohl die Bundesregierung grundsätzlich Verständnis hat für das verstärkte Sicherheitsbedürfnis der Amerikaner, ist auch für Dr. Michael Deckwitz aus dem Bundesverbraucherministerium in Berlin nicht jede Regelung nachvollziehbar.

    Man muss sich vorstellen, dass die USA noch weit bürokratischer sind, als wir Deutschen. Wenn die so ein Ding machen, dann aber auch richtig. Der "Act" selber umfasst nur 100 Seiten. Aber alle Ausführungsbestimmungen und Untergruppierungen umfassen weitere 120 bis 140 Seiten. Das ist ein Wust von Dingen, die nicht immer für alle Betriebe relevant sind, aber man kann daraus sehen, welche Regulierungswut da geherrscht hat.

    Allein der Mehraufwand an "man power" und Know-how bringt vor allem kleine und mittlere Firmen in Schwierigkeiten, glaubt Christoph Freitag. Zwar kann die Registrierung per e-mail geschehen, aber die neue Gesetzgebung lesen, übersetzen, die Daten eingeben – all das ist nicht für jede Firma ein leichte Übung und kostet Zeit.

    Die FDA rechnet damit, dass das fünf Stunden dauert. Wir erwarten, dass das länger dauert, und wir erwarten Rückfragen. Sie verlieren also mindestens einen Arbeitstag. Dann ist die Frage, wer zuständig ist. Bis ein Unternehmen das herausgefunden hat, vergehen auch wieder Stunden. Sie binden in jedem Fall Managementkapazitäten. Für jeden einzelnen Exportvorgang müssen sie die Dokumente vorbereiten, die der Schiffsführer acht Stunden vorher der FDA übermitteln muss, und jede zusätzliche Auflistung ihrer Exportprodukte kostet Zeit und Geld.

    Aber damit nicht genug. Nach einer kürzlich getroffenen neuen Zollregelung für die Sicherheit des Containertransports müssen ausländische Firmen gegenüber dem amerikanischen Zoll 24 Stunden vor Verladung auf ein Schiff den Inhalt eines Containers anmelden. Beides zusammen, die Erklärung gegenüber dem Zoll und der FDA halten die deutschen Firmen für eine Zumutung. Christop Freitag vom BVE

    Unsere Kritik ist erstens: dass wir Informationen an zwei verschiedenen Stellen in die USA liefern müsse, wo wir meinen, dass die USA ihre Hausaufgaben selber machen müssen und die Infos, die der Zoll bereits früh erhalten hat, dann an die FDA weiterleiten müsste. Und unsere Kritik ist zweitens: dass wir Infos an die FDA in einer anderen Aufschlüsselung liefern müssen, so dass wir hier eine Doppelaufbereitung der Daten vor nehmen müssen. Wir sehen hier keine sachliche Rechtfertigung.

    Die Computersysteme seien noch nicht aufeinander abgestimmt, heißt es von Seiten der Amerikaner als Erklärung für die mangelnde Zusammenarbeit der beiden Behörden. Eine Entschuldigung, die die Ernährungsindustrie nicht zufrieden stellt . Allerdings glaubt Margret Eckert von der CMA in New York, dass die Amerikaner bei der Ausformulierung der endgültigen Ausführungsbestimmungen die deutsche Kritik berücksichtigen werden. Auch die amerikanische Ernährungsindustrie moniere die neuen Regelungen. Der Kongress, verantwortlich für das Bio-Terrorismusgesetz, habe wenig Erfahrung und Kenntnis, was den Handel angehe und das Gesetz allein aus sicherheitspolitischer Sicht entworfen. Jetzt gehe man daran, die Regelungen zu vereinfachen. Denn schließlich wolle niemand die Handelsbeziehungen gefährden. Immerhin ist der amerikanische Markt für die deutschen Lebensmittelexporteure mit einem Exportvolumen von rund 800 Milliarden US Dollar der größte Einzelexportmarkt in Übersee. Auch im Bundesverbraucherministerium geht man davon aus, dass die bürokratischen Hürden im Sinne der Unternehmen genommen werden können. Dr. Deckwitz

    Es ist die Idee der Amerikaner, dass man diese beiden Systeme anpasst und nicht Doppelmeldungen nötig sind und man die gleichen Meldungen an beide Behörden schicken kann mit einer e-mail und dass beide Behörden, also FDA und Zollbehörde befriedigt sind.

    Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie hingegen bleibt skeptisch. Zumal eine dritte Initiative Angst macht, die zwar bisher nur amerikanische Firmen betrifft, an der europäische aber in Kürze – freiwillig – wie es heißt, teilnehmen können. Ein sogenanntes Zoll- und Handelspartnerschaftsabkommen gegen Terrorismus. Es sieht – in groben Zügen – vor, dass sich Firmen zertifizieren lassen können, die in der Lage sind, dem Zoll gegenüber ein lupenreines Sicherheitsmanagement ihres Unternehmens zu dokumentieren und alle Prozesse im Unternehmen transparent zu machen. Biss jetzt eine Initiative, an der deutsche Firmen nicht teilnehmen dürfen, sagt Christoph Freitag.

    Wir fürchten aber, wenn es Mitte des Jahres möglich wird für deutsche Unternehmen daran teilzunehmen, dann gibt es bald einen Automatismus, dass die Firmen gezwungen werden, daran teilzunehmen. Denn umgekehrt, wer nicht daran teilnimmt, landet automatisch auf der langsamen Spur bei der Abfertigung in New York . Das bedeutet für Lebensmittel eine Gefahr, denn die sollten ja bald abgefertigt werden. Dann kommen auf jeden Fall Kosten auf die Firmen zu, die das Projekt beinhaltet. Das sind im besten Fall 6000 Euro pro Unternehmen.

    Die BVE hat bereits einen Berater herangezogen, der in der Lage ist, den Unternehmen bei der Umstellung auf das gewünschte Sicherheitsmanagement zu helfen. Sein Honorar allein würde schon 6000 Euro betragen. Kosten, die sich kleine und mittlere Betriebe nicht ohne weiteres leisten können, sagt Christoph Freitag.

    Man muss klar sehen, dass die Regelungen so konzipiert sind, dass sie für uns wie ein Handelshemmnis wirken. Das haben wir den Amerikanern auch deutlich mitgeteilt. Wir haben kein Verständnis dafür, dass hier komplizierte Regelungen eingeführt werden, die dem Geiste der WTO Verhandlungen zuwiderlaufen. In den WTO Verhandlungen wird über Vereinfachung von Zollverfahren nachgedacht und die vorgeschlagenen Regelungen sind genau das Gegenteil. Wir fürchten, dass kleine und mittlere Unternehmen nicht mehr bereit sind, in die USA zu exportieren. Wir hätten uns gewünscht, dass die Amerikaner zuerst mit der EU geredet hätten oder auch der WTO oder Weltzollorganisation, um nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Dass sie das nicht getan haben, nährt den Verdacht, dass es ihnen gelegen kommt, wenn der Export bei dem einen oder anderen Produkt etwas erschwert wird.

    Davon will man in Berlin nichts wissen. Im Gegenteil hat man dort – trotz der Regulierungswut - Verständnis dafür, dass an Lebensmittel und die Sicherheit der Verbraucher hohe Anforderungen gestellt werden. Zumal die Amerikaner bestrebt seien, mit den Europäern zusammenzuarbeiten. Für Michael Deckwitz aus dem Bundesverbraucherministerium gilt deshalb ohne wenn und aber: .

    Es ist auf keinen Fall so, dass sie mit den Maßnahmen ein Handelshemmnis aufbauen wollten. Das könnten sie anders machen.