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Gehaltvoll und aromatisch: alte Tomatensorten

Erst Regen und dann ein paar schöne Tage und schon explodiert die Pflanzenpracht in den Gärten. Wer das Gemüse für den kommenden Sommer noch nicht ausgesät oder gepflanzt hat, der hält sich jetzt ran. In vielen Bau- und Gartenmärkten lassen sich die klassischen Sorten erwerben. Aber es lohnt sich auch, jenseits der herkömmlichen Angebote nach Pflanzen oder Saatgut zu suchen.

Von Britta Fecke |
    Sie ist verwandt mit Auberginen, Paprika und Kartoffeln: die Tomate. Das Nachtschattengewächs kommt ursprünglich aus Südamerika, hier in Europa gibt es sie inzwischen in verschiedenen Formen und auch Farben:

    als 2-3kammrige kleine, runde Tomate oder als vielkammrige Fleischtomate. Dazwischen sind alle Größen möglich. Cherry- und Pflaumentomaten liegen ebenfalls häufig in den Auslagen der Supermärkte. Doch unabhängig von der Formenvielfalt schmecken die Tomaten fast alle gleich.

    Daniela Klein, Agraringenieurin vom Institut für organischen Landbau der Universität Bonn:

    "Man hat die Züchtung dahin getrieben, dass man einen sicheren Ertrag hat und einen hohen Ertrag. Die modernen Hybridsorten leisten das. Da können die alten Sorten nicht so mithalten."

    ... dafür schmecken sie aber! Die konventionelle Züchtung hat ihr Augenmerk hauptsächlich auf die lange Haltbarkeit der Tomaten gelegt. Durch das Einkreuzen von Genen, die die Reifung verzögern lässt sich das Gemüse lange transportieren und auch lagern. Doch der Geschmack blieb im Laufe der Züchtungsgeschichte auf der Strecke und nicht nur der. Prof. Ulrich Köpke vom Institut für Organischen Landbau in Bonn:

    "Wir haben in den letzten 100 Jahren bei den agrarisch genutzten Nutzpflanzen 75% Schwund an genetischer Diversität auf der Ebene der Sorten. Da ernähren wir uns weltweit nur noch von sehr wenigen Nutzpflanzen. Wir brauchen aber eine breite Diversität, um auch züchterisch weiter zukommen."

    An der Universität Bonn erinnert man sich der alten Tomatensorten und schlägt damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Die genetische Vielfalt bei Nutzpflanzen wird bewahrt und der Geschmack spielt eine größere Rolle als Haltbarkeit und eine hohe und vor allem sichere Produktivität. Daniela Klein:

    "In meinem Projekt bearbeite ich vier verschiedene alte Tomatensorten, die heißen Annanas, dann gibt es Green Zebra, die ist grün gestreift und noch zwei deutsche Sorten: Lukullus und Auriga. "

    Das sind vier sehr verschieden Sorten mit unterschiedlicher Geschichte und Charakter. Die Sorte Ananas zum Beispiel hat einen sehr fruchtigen Geschmack, woher wohl auch der Name rührt, bei der Sorte Green Zebra ist der Name ebenfalls Programm: sie ist eine grüne Tomate mit gelben bis grünen Streifen. Im Geschmack ist sie sehr würzigen. Daniela Klein:

    "Die Lukullus ist eine deutsche Sorte, die Sorte hat in den 50`ger Jahre in der Bundessortenliste gestanden, danach ist sie verschwunden wir wissen nicht warum, denn die Akten sind einem Wasserschaden zum Opfer gefallen. Die Sorte Auriga ist orange und schmeckt würzig und wurde in der Ex-DDR stark vermarktet."

    Das Interessante bei den alten Sorten sind die unterschiedlichen Farben und daran gebunden der unterschiedliche Geschmack. Der Ertrag ist bei alten Sorten aber bei weitem nicht so stabil wie bei den neuen Hybridzüchtungen und auch nicht so hoch wie das der konventionelle Gemüsebauer erwartet.
    Außerdem müssen die Tomaten kurz nach der Ernte verzehrt werden, denn sie sind höchstens eine Woche lang haltbar. Und das ist wohl auch ein Grund gewesen, warum heute im Supermarkt fast nur noch moderne Züchtungen liegen. Ulrich Köpke:

    "Die alten Sorten haben unter unseren gewöhnlichen Vermarktungsbedingungen eigentlich keine Chance."

    Das Team um Klein und Köpke sucht deshalb nach Möglichkeiten der Regionalvermarktung mit möglichst kurzen Transportwegen. Verkostungsaktionen im letzen Jahr haben gezeigt, dass sich Verbraucher durchaus für die alten Sorten begeistern. Der Geschmack und das für das genormte Auge ungewöhnliche Äußere fand schnell Anhänger. Jetzt gilt es einen schnellen Weg vom Erzeuger zum Verbraucher zu finden. Das schont nicht nur das Aroma, sondern auch noch die Umwelt!

    Mehr über alte Tomatensorten bei wdr.de.