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Geheimnisse im Elektronikschrott

Schlechte Erfahrungen und Furcht vor Datenverlust führten inzwischen dazu, dass viele Anwender auf Virenscanner und Firewall setzen, um sich gegen böse Scherze der so genannten Skript-Kiddies zu wappnen. Doch mit der steigenden Zahl an gebrauchten Festplatten, die etwa über Internetauktionen den Besitzer wechseln, tut sich eine weitere, oftmals unterschätzte Lücke im Informationsschild auf. Untersuchungen zeigten, dass ungewollt vermeintlich gelöschte Daten leicht wieder hergestellt werden können und so sensible Angaben über den Vorbesitzer preisgeben.

    Von Andrea Vogel

    Alte Festplatten sind eine wahre Fundgrube für persönliche Daten, weiß Abhi Shelat vom Massachusetts Institute of Technology, USA:

    Wir haben eine Menge Daten gefunden - und ich glaube nicht, dass die Vorbesitzer das wollten: Finanzielle und medizinische Informationen, persönliche E-Mails, Bilder. Wir wollen jetzt die ehemaligen Besitzer dieser Festplatten anrufen und hören, was sie davon halten. Wahrscheinlich sind sie nicht besonders glücklich darüber.

    E-Mails an Freunde, ein Brief an den Hausarzt, intime Fotos - das sind sicher Daten, die man nicht in den Händen irgendeines fremden Menschen haben möchte - auch wenn das in den seltensten Fällen mehr als nur etwas peinlich ist. Wirklich unangenehm wird es, wenn die Daten von Online-Einkäufen mit der Kreditkarte sozusagen öffentlich herumliegen. Denn die gebrauchten Festplatten sind geradezu eine Einladung an jeden Datendieb: Billig, leicht zu bekommen - und wenn er sie einmal hat, kann er sie in aller Seelenruhe und ohne Sorge, bei irgendetwas Illegalem erwischt zu werden, untersuchen.

    Zumindest in den USA sieht die rechtliche Situation wohl so aus, dass man keine Rechte auf die Privatheit von Daten hat, die man auf diese Art freiwillig verkauft.

    Wer also möchte, dass seine privaten Daten auch privat bleiben, sollte sich ein paar Gedanken machen, bevor er eine alte Festplatte verkauft. Daten einfach zu löschen, reicht nämlich nicht aus:

    Der "Löschen"-Befehl entfernt in der Regel Daten nicht wirklich von der Festplatte. Vielmehr ändert es Metataten so, dass sie nicht mehr auf wichtigen Inhalt an dieser Stelle hinweisen, sondern erlauben, dass dort bei Bedarf etwas Neues gespeichert werden darf.

    Im Grunde ist das Löschen nichts anderes, als würde man Lesezeichen aus einem Notizbuch entfernen: Die Daten sind nicht weg, es gibt nur keine Suchhilfe mehr. Wer das ganze Buch durchblättert, der wird sie trotzdem finden. Und auch beim Formatieren passiert nicht viel mehr: Der einzige Unterschied ist, dass der Computer zusätzlich selbst einmal durch das ganze Notizbuch blättert - und dabei nachschaut, welche der Seiten vielleicht durch häufiges Ausradieren und neu Beschreiben unbrauchbar geworden sind. Wirklich helfen können so genannte file- oder disk shredder. Das sind Programme, die den Speicher wirklich leer machen. Der disk shredder überschreibt den ganzen Speicher mit Unsinn, so dass niemand mehr die sinnvollen Informationen lesen kann, die vorher dort standen.

    Ein Problem ist nur, dass man wissen muss, wo es diese Programme gibt. Das andere: sie brauchen eine Menge Zeit: Für eine 20 bis 40 Gigabyte-Platte muss man 15 bis 20 Minuten einplanen.

    Bei der Suche nach geeigneten file shreddern helfen Suchmaschinen im Internet, oder aber die MIT-Forscher. Sie stellen in ihrem paper einige kostenlose und leicht zu benutzende Programme vor, wie etwa AutoClave, (Eraser == http://www.tolvanen.com/eraser/) oder Wipe. Die Wartezeit, bis die dann die alte Festplatte wirklich gereinigt haben, kann man sich ja vielleicht mit einer Tasse Kaffe und einem Stück Kuchen versüßen.

    Als nächstes wollen Shelat und seine Kollegen untersuchen, wie gründlich die verschiedenen Programme alte Festplatten reinigen. Denn Experten streiten noch darüber, ob nicht beim Überschreiben doch noch Reste der alten Daten zurückbleiben.

    Wir wollen sehen, ob Zwischen den überschriebenen Bereichen noch Reste der alten Daten zu finden sind. Dazu brauchen wir aber ziemlich exotische Methoden: Eine Laborausrüstung mit teuren Oszilloskopen und anderen Messgeräten, wie sie Festplattenhersteller für ihre Tests benutzen.

    Selbst wenn Shelat und seine Kollegen mit dieser Ausrüstung etwas finden sollten: Vor "Gelegenheits-Datendieben", die "nur" mit normaler Computer-Hardware und ihrem Wissen auf die Suche nach fremden Daten gehen, dürfte man durch die Daten-Shredder trotzdem gut geschützt sein.