Bundestag
Gehörlose Abgeordnete beklagt Mangel an Gebärdendolmetschern

Die erste gehörlose Bundestagsabgeordnete Heike Heubach kritisiert einen Mangel an Gebärden-Dolmetschern in Deutschland.

21.03.2024
    Heike Heubach unterhält sich mit Hilfe einer Gebärdendolmetscherin, die rechts im Bild von hinten zu sehen ist.
    Die SPD-Politikerin Heike Heubach ist die erste gehörlose Bundestagsabgeordnete. (Michael Kappeler / dpa / Michael Kappeler)
    Nach ihren Angaben übersteigt die Nachfrage bei weitem das Angebot. Es gebe hierzulande rund 80.000 taube Menschen und darüber hinaus weitere Personen, die die Gebärdensprache nutzten, etwa Schwerhörige, sagte Heubach der "Augsburger Allgemeinen". Dem stünden zu wenige Dolmetschende gegenüber. "Wenn ich an meine Heimat Augsburg denke, dann gibt es im weiteren Umfeld nur 13 Dolmetschende. München ist größer und hat 69 Dolmetschende."
    Es gebe wesentlich mehr Anfragen, als abgedeckt werden könnten. Das führe dazu, dass manche Menschen gar nicht mehr nach Dolmetschern fragten, wenn sie kurzfristig jemanden benötigen, so die SPD-Politikerin. "Ich kenne viele, die diese Strategie wählen. Das bedeutet, dass die tatsächlich gestellten Anfragen keinen Aufschluss über den tatsächlichen Bedarf geben." Die Dunkelziffer sei extrem hoch.

    So telefoniert die gehörlose Politikerin

    Zu ihrer Bundestagsarbeit erklärte Heubach: "Wenn ich telefoniere, nutze ich über meinen Laptop einen Dolmetsch-Service. In ganz Deutschland verteilt sitzen 100 bis 150 Dolmetschende, die für diesen Service arbeiten. Wenn ich also mit Ihnen telefonieren will, dann gebe ich Ihre Telefonnummer an und, wenn nötig, zusätzliche Hintergrundinformationen, mit welchem Ziel ich dieses Telefonat führe. Die dolmetschende Person ruft Sie dann an und so stehen wir in Verbindung."
    Zum Thema Barrierefreiheit sagte die 44-Jährige, diese habe viele Facetten. Barrierefreies Wohnen sei ein Teil davon, hier gehe es etwa um rollstuhlgerechte Wohnungen. "Für mich wäre eine Lichtklingel, als visuelles Signal der Klingel, wichtig." In Deutschland sei schon einiges erreicht worden, dennoch gebe es noch viel zu tun im Bereich Barrierefreiheit.
    Heubach - Industriekauffrau, verheiratet und zweifache Mutter - war am Dienstag als Nachrückerin in den Bundestag eingezogen. Sie folgt auf den SPD-Abgeordneten Grötsch, der zum Polizeibeauftragten des Bundes gewählt worden war. Heute wurde Heubach offiziell im Plenum begrüßt. Dabei gab es von den anwesenden Abgeordneten teils lauten, aber auch stillen Applaus mit hochgestreckten, winkenden Händen - der Gebärde für Applaus.
    Diese Nachricht wurde am 21.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.