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Geigenholz soll den Wald retten

Damit die Wälder in Deutschland Stürmen besser trotzen können, arbeitet die Forstwirtschaft seit Jahren daran, den Wald "umzubauen". Als Alternative zu Nadelbaum-Monokulturen eignet sich in Bergwäldern der Bergahorn - der auch für den Geigenbau genutzt wird.

Von Susanne Lettenbauer | 22.06.2009
    Der stellvertretende Betriebsleiter bei den Bayerischen Staatsforsten hatte es nicht glauben wollen: Bei der Frühjahrsauktion im bayerischen Aufhausen erzielte ein Ahornstamm im vergangenen Jahr knapp 14.000 Euro und landete in einer Furnierfabrik.

    Seit nicht nur in Bayern klar ist, dass die Bestände der Fichte, des bislang absatzträchtigsten Baumes, in absehbarer Zeit verschwinden werden aufgrund des Klimawandels, rücken vermehrt die Laubbäume in den Blickpunkt der Forsten. Widerstandsfähiger, schnellwachsend und gut anpflanzbar – das sind die Eigenschaften des Bergahorns, der nicht zuletzt aufgrund seiner Funktion beim Umbau der Wälder einen immer größeren Stellenwert im Wald einnimmt. Beispiel Eibsee nahe Garmisch-Partenkirchen:

    "Wenn Sie als Wanderer mit offenen Augen um den Eibsee herumgehen, dann haben Sie nicht nur dieses wunderbare, dynamische Bergpanorama, sondern Sie finden überall markante Baumgestalten und wenn sie ein wenig in die Bestände hereinschauen, dann finden Sie viele Bergahorne, kleine mittelgroße, und die Verjüngung. Das ist eine Baumart, die sich wunderbar und reichlich vermehrt."

    Das erklärt Günter Gleißner, pensionierter Forstamtsleiter des Gebietes unterhalb der Zugspitze, den Tagungsteilnehmern bei der Waldbegehung. Der Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, Olaf Schmidt, weist auf die vielen kleinen Ahornsprösslinge am Waldboden hin:

    "Er ist sehr gut zum Pflanzen, er ist sehr einfach in der Kultur, er ist relativ anspruchslos. Er wächst in der Jugend sehr schnell, startet sehr schnell und entwächst sehr schnell dem Äser des Rehes. Denn Wildverbiss ist nach wie vor ein Problem, auch für den Bergahorn. Hier, wo wir gerade stehen, ist soviel Naturverjüngung da, so viel Angebot, das kann kein Reh mehr wegfressen, also Bergahorn, Vogelbeere, Millbeere, Buche, alles in der Naturverjüngung."

    Und so stellt sich die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald mit Sitz in Bonn die renaturierten Forsten vor, sagt Lothar Gössinger, Geschäftsführer des bayerischen Büros. Bei nur rund 35 Baumarten in deutschen Wäldern sollte verstärkt das Augenmerk auf einen gut durchmischten Wald gelegt werden. Ganz abgesehen davon, so Gössinger, dass die Forsten ihr Engagement ordentlich vergütet bekommen:

    "Gerade in diesem Jahr sind wieder Hölzer versteigert worden, Bergahornholz, das sich mit 7000 Euro pro Kubikmeter sehen lassen kann. Das ist rund das 70fache von normalem Holz. Das ist doch wohl eine Option, den Bergahorn auf seiner eigenen Waldfläche anzupflanzen."

    Dass sich die Waldbesitzer bislang eher zurückhalten beim Anpflanzen des Bergahorns, begründet Förster Gleissner mit dem mangelnden Waldbewusstsein der Bevölkerung und der Walderben, die oftmals in der Stadt wohnen und von Waldbau wenig Ahnung haben. Dabei lohnt sich ein Blick in die offiziellen Fördersätze für Laubbäume, betont Olaf Schmidt:

    "Der Bergahorn wird, wie alle Laubbäume, bei der Erstaufforstung gefördert. Wenn Privatleute, also Forstbesitzer, hier mit Laubbäumen aufforsten, wird das hoch gefördert und da zählen der Bergahorn, die Buche, die Esche, all diese Laubbäume dazu. Die Zukunft liegt im Mischwald, weil die Fichte unter den Stürmen leidet, unter dem Borkenkäfer, unter der Hitze - da müssen wir eben Alternativen finden."

    Pluspunkt für den Bergahorn, referierte Sebastian Höllerl vom Lehrstuhl für Waldbau der Technischen Universität München, ist die relative Schädlingsresistenz, auch wenn Pilzkrankheiten nicht ausgeschlossen werden können. Doch das stört bayerische Gastwirte nicht. Seit alters her werden ihre robusten Tische aus dem hellen, dabei sehr festen Holz des Ahorn gefertigt. Eine ganz andere Klientel schwört ebenfalls auf den Ahorn. Die Musiker. Ein Punkt, den diese Teilnehmerin der Tagung erstaunte:
    "Wir waren heute Vormittag alle in der Geigenbauschule. Ich wusste gar nicht, dass der Ahorn so eine wichtige Funktion hat bei den Geigen. Da bildet er ja die Rück- und die Seitenwand der Geigen, aber auch anderer Streichinstrumente. Das wusste ich noch nicht."