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"Geile Zeiten"?

Lars und Stefan sind Anfang, Mitte 30. Lars ist Rechtsanwalt, Martin ist ein verhinderter Schriftsteller, der kurz vor dem Examen sein Studium abgebrochen hat. Beide wollen noch einmal die gute alte Unizeit zurück haben. Martin will seinen Abschluss machen, aber auch viel feiern. Pro 7 hat gestern den Film "Geile Zeiten" gezeigt. Für Campus und Karriere hat Kai Toss ihn sich angesehen, gemeinsam mit vier Bewohnern einer Studierenden-WG in Dortmund.

Von Kai Toss |
    "Ich bin die Jenny Jansen, ich studiere Diplompädagogik und komme ins sechste Semester und wohne seit einem Jahr in dieser WG und ich fühl mich hier wohl. "

    "Mein Name ist Rainer Groß. Ich bin auch seit einem Jahr in dieser WG und ich promoviere hier auf Biotechnologie. "
    "Ich bin Janna Lorenzen. Ich bin quasi der Neuling hier. Ich wohne seit einem halben Jahr hier. Ich bin jetzt mit dem ersten Semester fertig und studiere auf Berufsschullehramt Pädagogik und Englisch. "

    "Mein Name Jens Schlömer. Ich wohne seit fünfeinhalb Jahren in der WG. Mein Studium ist schon vorbei, aber ich fühl mich trotzdem noch pudelwohl hier. "

    Die müssen wissen, was die geilen Zeiten sind. Sie erleben sie noch, sagt Jens Schlömer

    "Auf jeden Fall. Jeden Abend Party ist vielleicht etwas übertrieben, Aber es gibt schon viele Partys – und in einer WG auch noch mehr. Das Leben lohnt sich schon zur Studentenzeit. "

    Wenn man mal von den unangenehmen Dingen absieht, erzählt Janna Lorentzen, auch im Hinblick auf die eigene WG.

    "Jeder sollte sich an unseren Putzplan halten. Der ist sehr gut ausgeklügelt worden, von uns allen zusammen. Jeder sollte seine Sachen wegräumen und sein Zimmer sauber halten. "
    Im Film will Martin, gespielt von Sebastian Ströbel, seinen Abschluss nachholen. Auf dem Arbeitsmarkt sehen seine Chancen nämlich alles andere als rosig aus.

    Ausschnitt aus dem Film:

    "Studienbeginn vor zehn Jahren in Deutsch und Geschichte, aber von einem Abschluss steht hier nichts. "

    "Was war denn ihr letzter erfolgreicher Abschluss? "

    "Also ich bin kurz vor dem Examen in den Job gewechselt. Ich bin eher so der praktische Typ. "

    "Na gut Herr Fischer. Wir überprüfen ihr Profil und melden uns dann bei ihnen."

    "Ich habe keine Chance, oder?"

    "Nicht die geringste!"

    Sein bester Freund, der Anwalt Lars – dargestellt von Stefan Luca – stürzt sich mit ins Getümmel. Von Marathon-Lernsitzungen vor Klausuren ist aber keine Rede im Film, auch nicht von überfüllten Hörsälen, zu kurzen Sprechstunden der Professoren, oder von störrischen Mitarbeitern von Prüfungsämtern. Dafür geht's vor allem nach der Uni rund. Exzessiv – wild und berauscht. Bier-Dosenschießen inklusive.

    "So, man nur darauf achten, dass das Loch groß genug ist. So... Wenn man dann den Verschluss öffnet, dann entsteht ein Unterdruck und man kann die Flasche exen. "

    "Der ist wohl leicht aus der Übung gekommen!"

    Vom studentischen Leben ist kaum etwas zu sehen, allenfalls am Rande. Da ist der ehemalige Kommilitone mittlerweile wissenschaftlicher Mitarbeiter und er muss darüber entscheiden, ob Martin, nach langer Uni-Abstinenz zur Prüfung zugelassen wird oder nicht. Lustvoll kostet der einst als Streber verschriene seine neue Machtposition aus. Im Film "Geile Zeiten" geht es nicht um eine Darstellung des studentischen Alltags, die Komödie geht dafür der Angst vor dem Älterwerden nach. Was ist, wenn die "Geilen Zeiten, die Uni-Zeiten vorbei sind? Job, Haus, Familie? Ist dann alles vorbei? Das ist die Kernfrage. Im Film. Und in der WG in Dortmund. Bewohnerin Janna Lorenzen, 21 Jahre:

    "Ich kann das schwer beurteilen, aber ich glaube, das verändert sich mit der Zeit. Wenn man älter ist, so Mitte 30, dass man dann – vielleicht kommt man ja auch zur Ruhe – dass man dann doch noch mal denkt, ja, jetzt würde ich mich gern noch mal betrinken. Sich einfach mal gehen lassen. Ich glaube, der Gedanke kommt dann bestimmt immer noch. "

    Ihre Prüfungszeit beginnt jetzt...

    Nach über 20 Semestern ist es soweit. Martin macht die Examensprüfung. Als das Handy klingelt, verdächtigt man ihn des Schummelns, Martin merkt, dass er einen Fehler gemacht hat, er bricht ab, und er fängt wieder an zu schreiben – ohne Examen. Sein Thema: Das Leben an sich.

    "Es wird auch immer kürzer. Viel zu kurz auf jeden Fall, um es in der Vergangenheit zu leben... "

    Sei aufrecht, ob mit oder ohne Abschluss. Stehe zu dem, was du eigentlich willst, sei wild wenn du es willst, lerne, wenn du meinst, dass es gut für dich ist. Das ganze zusätzlich mit Romanzen versehen, fertig ist die Komödie über das Älterwerden im Allgemeinen und die Uni-Zeit im Besonderen. Angst vor dem Erwachsensein, vor dem Älterwerden – für Rainer Groß, den 26-jährigen WG-Bewohner kein Thema:

    "Nein, eigentlich ganz und gar nicht. Ich kann mir auch vorstellen, dass es mit über 30 – nicht mehr ganz so häufig, aber doch ab und zu abgehen kann, wie jetzt im Film. "

    Wobei, so exzessiv wie im Fernsehen, leben die WG-Bewohner natürlich nicht. Denn, so sagt es auch Udo Scherner vom Studentenwerk an der Universität Duisburg Essen, nur lustig und witzig ist das vermeintlich junge und wilde Studentenleben nicht:

    "In dem Film "Geile Zeiten" ist es so, was das Feiern angeht, wie in unseren Studentenwohnheimen. Allerdings haben die Studierenden natürlich auch andere Nöte. Man spricht jetzt von Studiengebühren und von Bachelor- und Masterstudiengängen, die relativ stark verschult sind. Insofern ist das Feiern die eine Sache, die zwar sehr schön ist. Aber auf der anderen Seite haben die Studierenden heutzutage doch mit sehr viel Stress während des Studiums umzugehen. "