"Guten Abend, meine Damen und Herren! Ein Banküberfall mit Geiselnahme hält Polizei und Bürger von Gladbeck in Atem. Noch immer befinden sich zwei Angestellte in der Hand von zwei schwer bewaffneten Räubern, in einer Filiale der Deutschen Bank."
Was als Banküberfall begann, verwandelte sich schnell in ein erschütterndes Zusammenspiel der Medien mit den Verbrechern: Degowski und Rösner forderten 300.000 Mark Lösegeld und einen Fluchtwagen – RTL-Radio führte das erste Interview. Ausgerechnet der spätere Fernsehmoderator Hans Meiser rief direkt bei den Entführern in der Bank an:
"Wer sind Sie denn bitte? Der Bankräuber – bitte, was? – Der Bankräuber! - Sie sind der Bankräuber. Können Sie mir sagen, welche Forderungen Sie über die 300.000 Mark hinaus stellen, was für einen Fluchtwagen wollen Sie denn haben? Dass wir die 300.000 Mark fordern, Handschellen fordern – Wozu brauchen Sie denn Handschellen, das heißt, das Sie die Geiseln nicht freilassen, wenn sie die Forderung erfüllt haben, zunächst? Wir wollen sie mitnehmen!"
Das Prinzip, mittels der Medien Forderungen zu verkünden und so mit der Polizei zu verhandeln, sollte sich in den folgenden Tagen mehrfach wiederholen. Besonders deutlich wurde dies am Abend des zweiten Tages, als die Täter in Bremen einen Bus mit 32 Fahrgästen in ihre Gewalt brachten. Die Journalisten als Verhandlungspartner – in den Tagen der Entführung hat nie ein Polizist aus nächster Nähe mit den Geiselnehmern gesprochen – in diese Lücke stießen die Reporter. Journalistische Distanz und Sicherheit der Geiseln – all das kümmerte die Journalisten offenbar kaum. Für den Geschäftsführer des Deutschen Presserats, Lutz Tillmanns ein klarer Verstoß gegen medienethische Prinzipien:
"Viele haben deutlich gegen den Pressekodex verstoßen, weil sie sich zum Akteur gemacht haben, also dieser Geiselnahme. Journalisten haben sich aufgeschwungen, in die Rolle des Polizisten, der Strafverfolger, haben moderiert, haben Live-Interviews von Opfern und den Tätern gemacht, das ist mit diversen Regeln des Kodex nicht übereinzubringen."
Einer der Geiselnehmer, Hans-Jürgen Rösner, genoss es regelrecht, Hörfunk und Fernsehsendern Interviews zu geben – selbst die "Tagesthemen" mit Sabine Christiansen sendeten Ausschnitte aus einem Interview, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass man es sich nicht leicht gemacht habe. Der zweite Geiselnehmer, Dieter Degowski, gab in der Nacht zum 18.August an einer Autobahnraststätte einem TV-Reporter von RTLplus ein Interview, dabei eine Pistole an den Hals der Geisel Silke Bischoff gerichtet:
"Sind Sie wirklich bereit, Leute umzubringen? Ja! Wie geht es Ihnen mit der Pistole am Hals? Ja eigentlich ziemlich gut dafür, dass….Mir ist es alles gar nicht so bewusst, irgendwie. Zu jung! Können Sie sich vorstellen, dass er wirklich abdrückt? Nö!"
Wenig später stirbt eine erste Geisel im Bus, und am nächsten Tag kommt Silke Bischoff bei der Befreiung durch die Polizei um. "Geiselnahme live", das war es wohl, was damals über die Bildschirme ging. Die Grenzüberschreitung der Reporter und Journalisten lässt sich mit mehreren Gründen erklären, meint Udo Röbel, damals stellvertretender Chefredakteur des Boulevardblatts Kölner Express. Er bot sich kurzzeitig als Geisel an, winkte das Entführerauto aus der Kölner Innenstadt und stieg zu dann in den Wagen ein:
"Das war natürlich eine Mischung aus journalistischer Gier, kann man schon sagen, aber irgendwo hatte ich plötzlich auch Verantwortung, oder glaubte, Verantwortung zu haben. Ja und dann bin dann in das Auto hinten eingestiegen."
Kurze Zeit später wurde er von den Entführern wieder ausgesetzt. Lutz Tillmanns meint, dass Gladbeck eine Mischung war aus Versagen der Polizei, Sensationsgier der Medien und eine mangelnde Erfahrung mit solchen Lagen. Wenige Jahre später, 1994 in Fulda, gab es eine ähnlich dramatische Entführung mit Geiseln, allerdings ohne derlei Exzesse wie in Gladbeck:
"Das waren kleinere Verfehlungen, das ist auch alles aufgearbeitet worden, und auch in den Geiselnahmen danach, man stellte dann auch fest, dass die Medien sich selbst ein Stück beobachten und auch kritisch kommentieren. Darüber hinaus denke ich, dass das auch stärker in die Ausbildung, in die Fortbildung der Journalisten eingeflossen ist, und last not least ist natürlich auch die Polizei sehr viel professioneller geworden, die gehen anders mit solchen Großlagen um und lässt auch den Medien weniger Spielraum, um da irgendwie Terrain zu besetzen."
Was als Banküberfall begann, verwandelte sich schnell in ein erschütterndes Zusammenspiel der Medien mit den Verbrechern: Degowski und Rösner forderten 300.000 Mark Lösegeld und einen Fluchtwagen – RTL-Radio führte das erste Interview. Ausgerechnet der spätere Fernsehmoderator Hans Meiser rief direkt bei den Entführern in der Bank an:
"Wer sind Sie denn bitte? Der Bankräuber – bitte, was? – Der Bankräuber! - Sie sind der Bankräuber. Können Sie mir sagen, welche Forderungen Sie über die 300.000 Mark hinaus stellen, was für einen Fluchtwagen wollen Sie denn haben? Dass wir die 300.000 Mark fordern, Handschellen fordern – Wozu brauchen Sie denn Handschellen, das heißt, das Sie die Geiseln nicht freilassen, wenn sie die Forderung erfüllt haben, zunächst? Wir wollen sie mitnehmen!"
Das Prinzip, mittels der Medien Forderungen zu verkünden und so mit der Polizei zu verhandeln, sollte sich in den folgenden Tagen mehrfach wiederholen. Besonders deutlich wurde dies am Abend des zweiten Tages, als die Täter in Bremen einen Bus mit 32 Fahrgästen in ihre Gewalt brachten. Die Journalisten als Verhandlungspartner – in den Tagen der Entführung hat nie ein Polizist aus nächster Nähe mit den Geiselnehmern gesprochen – in diese Lücke stießen die Reporter. Journalistische Distanz und Sicherheit der Geiseln – all das kümmerte die Journalisten offenbar kaum. Für den Geschäftsführer des Deutschen Presserats, Lutz Tillmanns ein klarer Verstoß gegen medienethische Prinzipien:
"Viele haben deutlich gegen den Pressekodex verstoßen, weil sie sich zum Akteur gemacht haben, also dieser Geiselnahme. Journalisten haben sich aufgeschwungen, in die Rolle des Polizisten, der Strafverfolger, haben moderiert, haben Live-Interviews von Opfern und den Tätern gemacht, das ist mit diversen Regeln des Kodex nicht übereinzubringen."
Einer der Geiselnehmer, Hans-Jürgen Rösner, genoss es regelrecht, Hörfunk und Fernsehsendern Interviews zu geben – selbst die "Tagesthemen" mit Sabine Christiansen sendeten Ausschnitte aus einem Interview, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass man es sich nicht leicht gemacht habe. Der zweite Geiselnehmer, Dieter Degowski, gab in der Nacht zum 18.August an einer Autobahnraststätte einem TV-Reporter von RTLplus ein Interview, dabei eine Pistole an den Hals der Geisel Silke Bischoff gerichtet:
"Sind Sie wirklich bereit, Leute umzubringen? Ja! Wie geht es Ihnen mit der Pistole am Hals? Ja eigentlich ziemlich gut dafür, dass….Mir ist es alles gar nicht so bewusst, irgendwie. Zu jung! Können Sie sich vorstellen, dass er wirklich abdrückt? Nö!"
Wenig später stirbt eine erste Geisel im Bus, und am nächsten Tag kommt Silke Bischoff bei der Befreiung durch die Polizei um. "Geiselnahme live", das war es wohl, was damals über die Bildschirme ging. Die Grenzüberschreitung der Reporter und Journalisten lässt sich mit mehreren Gründen erklären, meint Udo Röbel, damals stellvertretender Chefredakteur des Boulevardblatts Kölner Express. Er bot sich kurzzeitig als Geisel an, winkte das Entführerauto aus der Kölner Innenstadt und stieg zu dann in den Wagen ein:
"Das war natürlich eine Mischung aus journalistischer Gier, kann man schon sagen, aber irgendwo hatte ich plötzlich auch Verantwortung, oder glaubte, Verantwortung zu haben. Ja und dann bin dann in das Auto hinten eingestiegen."
Kurze Zeit später wurde er von den Entführern wieder ausgesetzt. Lutz Tillmanns meint, dass Gladbeck eine Mischung war aus Versagen der Polizei, Sensationsgier der Medien und eine mangelnde Erfahrung mit solchen Lagen. Wenige Jahre später, 1994 in Fulda, gab es eine ähnlich dramatische Entführung mit Geiseln, allerdings ohne derlei Exzesse wie in Gladbeck:
"Das waren kleinere Verfehlungen, das ist auch alles aufgearbeitet worden, und auch in den Geiselnahmen danach, man stellte dann auch fest, dass die Medien sich selbst ein Stück beobachten und auch kritisch kommentieren. Darüber hinaus denke ich, dass das auch stärker in die Ausbildung, in die Fortbildung der Journalisten eingeflossen ist, und last not least ist natürlich auch die Polizei sehr viel professioneller geworden, die gehen anders mit solchen Großlagen um und lässt auch den Medien weniger Spielraum, um da irgendwie Terrain zu besetzen."