Samstag, 18. Mai 2024

Studie
Geisterfahrer sind oft mit voller Absicht falsch auf Autobahnen unterwegs

Geisterfahrer auf Autobahnen sind einer Studie zufolge in vielen Fällen mit voller Absicht auf der falschen Spur unterwegs.

23.08.2023
    Ein Geisterfahrer auf der A8 kurz hinter dem Voralpenkreuz.
    Ein Geisterfahrer auf der A8 kurz hinter dem Voralpenkreuz. (IMAGO / Frank Sorge )
    Bei einem Drittel von rund 220 untersuchten Fälle haben sie im fließenden Verkehr gewendet, wie der Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV), Siegfried Brockmann, in Münster erklärte. Bei über 40 Prozent der beleuchteten Falschfahrten seien die Geisterfahrer älter als 75 Jahre gewesen. Bei ihnen spiele jedoch oft Verwirrtheit und Demenz eine Rolle. Selbsttötungsgedanken oder die Flucht vor der Polizei seien vor allem bei jüngeren Falschfahrern ein Thema. Der Anteil der Fahrten unter Alkoholeinfluss liegt bei den Jüngeren bei 42 Prozent, bei den Senioren beträgt er sechs Prozent. Im Schnitt ist rund die Hälfte der Falschfahrten nach zwei Kilometern beendet. Viele Geisterfahrer fahren an Anschlussstellen oder Raststätten falsch auf.
    Brockmann und sein Team haben für die Studie die Schadensakten der Versicherer, Unfallinformationen der Polizei und Medienberichte ausgewertet. Zu 80 Prozent stammen die Fälle auf deutschen Autobahnen, die nun untersucht wurden, aus dem Zeitraum ab 2015. Einen Jahresvergleich, also eine Aussage dazu, ob Geisterfahrten zunehmen, ist nicht möglich. Die amtlichen Unfallstatistiken sagen zum Thema Geisterfahrer laut Brockmann praktisch nichts aus. Hier werden auch Unfälle innerorts und zum Beispiel mit Radfahrern als Falschfahrer ausgewiesen.

    Software in Autos soll künftig Schutz bringen

    Brockmann setzt in der Zukunft auf die Software in den Autos. Das Fahrzeug müsse selbst einbremsen, wenn jemand falsch auf die Autobahn fahre, erklärt der Wissenschaftler. "Stopp-Hände" an den Auffahrten wie in Österreich würden zwar nicht schaden. Bei bewussten Falschfahrten oder Demenz seien sie aber unwirksam.

    Warnung vor Falschfahrern

    Auch denkbar seien Warnungen, die über das Cockpit ausgespielt werden oder über eine App auf dem Handy. Hier gibt es nach Angaben von Brockmann bereits vereinzelte Lösungen. Er sieht hier nur den Nachteil, dass bei zu häufigen Warnungen vor Falschfahrern die Autofahrer abstumpfen und die Warnungen nicht mehr ernstnehmen. Auch Warnungen im Radio hält Brockmann für sinnvoll.
    Er empfiehlt Verkehrsteilnehmern, im Fall einer Gefahr äußerst rechts zu fahren und nicht zu überholen. Der Wissenschaftler rät noch zusätzlich dazu, das eigene Tempo auf höchstens 80 Stundenkilometer zu drosseln. Das würde auch die anderen Autofahrer warnen sowie verlangsamen und das eigene Risiko bei einem Zusammenstoß etwas verringern.
    Bei der Vorstellung einer Studie zum Thema Geisterfahrer hat Brockmann in Münster am Mittwoch bei einem Crashtest mit Tempo 100 zwei Autos aufeinanderprallen lassen.
    Anmerkung der Redaktion: Wir berichten nur in Ausnahmefällen über das Thema Suizid, um keinen Anreiz für Nachahmung zu geben. Wenn Sie selbst depressiv sind, wenn sie Suizid-Gedanken haben, dann kontaktieren Sie bitte die Telefonseelsorge im Internet oder über die kostenlose Hotlines 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 oder 116 123.
    Diese Nachricht wurde am 23.08.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.