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Geistig-moralische Wende oder Feigenblatt?

"Meine Damen und Herren, wenn ich mich heute mit ihnen freue, dann in dem Bewusstsein, dass uns etwas Großes verbindet: Uns allen liegt das Wohl der deutschen Kultur und die Zukunft Deutschlands als europäischer Kulturnation ganz besonders am Herzen. "

Von Jacqueline Boysen |
    Berlin. Festveranstaltung zum 25-jährigen Bestehen des Deutschen Kulturrats. Am Rednerpult der Kulturstaatsminister:
    "Manche in der Politik sehen in der Kultur zwar etwas Schönes, aber in der Rangfolge etwas eher Zweitrangiges im Vergleich zur Wirtschaft, Arbeit oder innerer Sicherheit. Aber wir, die wir hier versammelt sind, wissen doch, dass diese Einschätzung nicht nur unangemessen ist, sondern sogar falsch ist. Denn die Kultur ist das Fundament, auf dem unsere Gesellschaft aufbaut."

    Dass der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, wie das Amt von Bernd Neumann offiziell heißt, hier am Pariser Platz den Festvortrag hält, ehrt den Interessenverband der verschiedenen Kultureinrichtungen im Lande. Auftritte dieser Art absolviert der oberste Repräsentant der Bundesregierung in Sachen Kunst, Kultur und Medien routiniert, wortreich und selbstgewiss. Aber: Was ist eigentlich Bundeskulturpolitik - in einem traditionell föderalen Staat zumal und unter den Bedingungen der Großen Koalition?

    "Die Große Koalition hat sich ja keine eindeutigen kulturpolitischen Ziele gesteckt. Im Wahlkampf hat die Kultur keine Rolle gespielt, in der vermutlich richtigen Erkenntnis, dass den Deutschen nicht die Kultur Sorge macht, sondern ihr Geldbeutel, ihre Rente, Gesundheit und die Zukunft ihrer Kinder. Die Frage ist: Gibt es Schwerpunkte, um die sich die Politik kümmern soll oder will? Es gibt möglicherweise die Suche nach neuen Kristallisationspunkten und auch Debatten, aber man kann nicht davon ausgehen, dass es einen gravierenden Paradigmenwechsel gegeben hat. Das Programm der Kulturpolitik passt auf ein Feigenblatt - in Analogie zu dem Bierfilz für die Steuererklärung."

    Der christdemokratische Kulturpolitiker Christoph Stölzl, die Chefin der Kulturstiftung des Bundes, Hortensia Völckers, der Präsident der Bundeszentrale für Politische Bildung, Thomas Krüger und der Direktor des Deutschen Historischen Museums, Hans Ottomeyer beobachten, dass der Kulturstaatsminister oft vage geblieben ist, sich in Allgemeinplätzen verliert und Konkretes meidet. An diesem Abend aber holt Neumann nicht nur weit aus, sondern scheut auch inhaltliche Festlegungen nicht - so zu einem Detail aus der Koalitionsvereinbarung. Dem Machtgerangel zwischen Bund und Ländern zum Trotz steht da geschrieben, dass die Kulturstiftung des Bundes mit jener der Länder fusioniert werden soll:

    "Diese Fusion wäre ein klares Zeichen dafür, dass sich die Bundesrepublik als ein Kulturstaat versteht, für den Bund und Länder die Verantwortung tragen. Die Gespräche um die Fusion habe ich jetzt wieder aufgenommen. Aber ich sage ihnen: Eine Fusion um jeden Preis will ich nicht."

    Rasch macht unter den Jubiläumsgästen das Gerücht die Runde, ein neuer Redenschreiber sei hier am Werke gewesen.

    Es ist kaum zu überhören: über geistige Entwicklungen, Identität oder die Werte in unserer Gesellschaft führt ein anderer Unionspolitiker offensiv und überlegt, streitbar und mutig die Debatte: Norbert Lammert, der Bundestagspräsident. Zunächst provoziert er damit, dass er den Begriff der Leitkultur von Friedrich Merz auffängt. Lammert weiß den Begriff dann auch inhaltlich zu füllen - und zwar lange bevor der Karikaturenstreit oder die Absetzung der Idomeneo-Oper in Berlin plötzlich ganz viele Werte-Experten auf den Plan rief:

    "Diese Gesellschaft vermeidet die Diskussion über das, was sie miteinander eigentlich verbindet und an Stelle dieser Verständigung finden solche Ersatzorientierungen statt, dass wir doch eine Verfassung hätten und Gesetze, die für alle richtig seien, und das müsste doch als geistiges Gerüst für eine Gesellschaft reichen. Dies reicht als Gerüst eben nicht aus, weil jede historische Erfahrung und auch die aktuelle Erfahrung in unserem Land uns zeigt, dass Verfassungen und Gesetze schon der Ausdruck zugrunde liegender Wertüberzeugungen sind. Dass diese Debatte schwierig ist, habe ich ausdrücklich eingeräumt. Ich werbe nur mit Nachdruck dafür, sie nicht deshalb zu meiden, weil sie halt schwierig ist. "

    Auch Lammert war einst für das Amt des Kulturstaatsministers im Gespräch, seit fast einem Jahr aber residiert nun Bernd Neumann als BKM, Bundes-Beauftragter für Kultur und Medien, im Kanzleramt - eine Etage über der Bundeskanzlerin, wie er allenthalben gern betont. Aber überragende kulturpolitische Entscheidungen wurden in diesem Jahr nicht getroffen, Weichenstellungen gab es wenige - stattdessen Peinlichkeit: Zuletzt fiel ein Schlaglicht auf das Amt, als Neumanns Stellvertreter Hermann Schäfer in Weimar auftrat und bei einem Buchenwald-Gedenkkonzert einen Skandal auslöste. Im Schatten des Konzentrationslagers über Flucht und Vertreibung zu sprechen - das konnte nur in einem Fiasko enden. Ungeschickt allenthalben, zudem ein erbärmliches Krisenmanagement des BKM.
    "Wenn es so ist, dass man jemanden sofort suspendiert, wenn er einen Fehler gemacht hat, dann wären kaum Minister, Staatssekretäre und Oberbeamte im Amt. Sowas passiert, das ist nicht zu beschönigen und ich gehe davon aus, dass die Diskussion abgeschlossen ist."

    Schon der Amtsantritt von Bernd Neumann war alles andere als glorios: Die Personalie Neumann erregt Kopfschütteln. Der Christdemokrat, der Christina Weiss im Amte nachfolgen sollte, ist unter seinen Abgeordnetenkollegen im Bundestag wohlbekannt als Cineast und Medienpolitiker, hat sich aber darüber hinaus auf dem weiten Feld der Kultur nie getummelt, geschweige denn rühmlich hervorgetan. Die Logik des parteiinternen Proporzes hat ihm das Amt beschert: Bernd Neumann, seit 1979 CDU-Vorsitzender in der Hansestadt Bremen, hatte einst Helmut Kohl die Treue gehalten - auch als dieser im Sog der Spendenaffaire trudelte. Einen erklärten Kohlianer im Kabinett zu haben sichert die Stabilität der Koalition, mag sich die Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin gedacht haben.

    "Es gibt Leute, die sehr skeptisch waren, dass ein Vollpolitiker wie ich in das Amt kommt, die kritische Fragen gestellt haben. Es gab andere, die ausdrücklich begrüßt haben, dass dieses Amt durch einen Politiker aufgewertet wird."

    Dass der 64-jährige Neumann ein versierter Strippenzieher ist - jemand, der weiß, wie man sich im politischen Geschäft behauptet, schien den Makel auszugleichen, der ihm anhaftete: Er war kein Mann der Szene. Rührend mutet seine Beteuerung an, er spiele Akkordeon und könne vom Blatt singen. Anders seine Vorgänger.

    Gerhard Schröder hatte nach der Errichtung des Amtes im Jahr 1998 sorgsam darauf geachtet, mit Michael Naumann, Julian Nida-Rümelin oder Christina Weiss schillernde Persönlichkeiten oder profilierte Kulturmenschen zu berufen. Glanz sollten sie in seine Hütte bringen. Derlei Motive sind Angela Merkel so fremd wie Neumann die Weiten der Kultur.

    Und also hat er sich zunächst dem zugewandt, wovon er etwas versteht: dem Geld. der Kulturhaushalt des Bundes wird im kommenden Jahr um 3,4 Prozent wachsen. In Zeiten knapper Kassen ist dies eine beruhigende Nachricht. Hortensia Völckers:

    "Ich nehme wahr, dass mein Vertrag als künstlerische Leiterin und Vorstand der Kulturstiftung des Bundes verlängert ist, damit eine Bestätigung der Förderpolitik und zweitens ein gleich bleibender Etat. Also: Ruhe und Kontinuität."

    Der Direktor des Deutschen Historischen Museums, Hans Ottomeyer vermisst trotz alledem eine inhaltliche Ausrichtung der Kulturpolitik des Bundes im Zusammenspiel mit den Ländern:

    "Wir sind überglücklich, dass es Herrn Staatsminister Neumann gelungen ist, die Rahmenbedingungen für die Kulturpolitik sicherzustellen und er uns dank seiner guten politischen Beziehungen erlaubt, einigermaßen hoffnungsfroh in die nächsten beiden Jahre zu schauen. Da sehe ich keine Defizite. Was man im Moment erlebt, dass die Kommunen ausgeblutet sind und es bereits zu Schließungen von Opernhäusern seit langem gekommen ist, jetzt auch Museen, Schließung der Goethe-Institute. Da wird richtig Substanzverlust betrieben."

    Kultur ist Ländersache - und doch investiert der Kulturstaatsminister allein in Berlin 350 Millionen Euro pro Jahr. Nicht nur hauptstädtische Großprojekte wie die Museumsinsel oder die Staatsoper "Unter den Linden" profitieren von Neumanns Etat. Die deutsche Filmindustrie soll angekurbelt werden: Anstelle von Abschreibungsmöglichkeiten bietet die Bundesregierung der Filmbranche nun künftig möglichst unbürokratisch Subventionen in Höhe von 60 Millionen Euro pro Jahr.

    Als Geschäftsführer der "Promedium", einer Filmfinanzierungsgesellschaft, gehört David Groenewold zu dem Kreis derer, die den Kulturstaatsminister in Sachen Filmproduktion beraten haben:

    "Filme herstellen und produzieren ist wie Eigenheimbau: Die ersten 80 Prozent kriegen Sie leicht zusammen, die letzten 20 Prozent sind schwierig. Wenn man die über die Subvention erhält, werden viel mehr Filme gemacht, die heute vor Drehbeginn abgebrochen werden, weil sie nicht zu Ende finanziert werden. Und dank dieser Restfinanzierung wird der Markt auch für europäische Produzenten attraktiver."

    Das mag manchen als Klientelpolitik gelten. Auch Neumanns Zusage an die Deutsche Welle, dass für sie "die Zeit der unverhältnismäßigen Sparauflagen vorbei" sei, kann man zurückführen auf Menschliches: Neumann ist mit dem Intendanten des staatlich finanzierten Auslandssenders aus bremischen Zeiten gut bekannt, Erik Bettermann war Staatsrat in der Hansestadt.

    "Was man sich wünscht als Kulturschaffender, ist einen Ansprechpartner zu haben in der Politik, ansonsten wünscht man sich immer Autonomie."

    Die künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes genießt eine solche Autonomie. Auf anderen Feldern der Kulturpolitik des Bundes aber wird beklagt, dass sich der Kulturstaatsminister auf dem Olymp seiner viel gerühmten obersten Etage des Kanzleramts viel zu weit entferne von jenen, die für ihn arbeiten, die von ihm gefördert werden und abhängig sind von seinen Entscheidungen.

    "Für die Auseinandersetzung mit der Mauergeschichte wäre es von sehr großer Wichtigkeit, jemanden von der Bundesregierung, in diesem Fall der zuständige Kulturstaatsminister, wenn ein öffentlich klares Bekenntnis dazu formuliert würde, dass dieses historische Thema Aufgabe des Bundes ist."

    Die Historikerin Gabriele Camphausen ist Vorsitzende des Vereins Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße. Sie macht Unruhe, ja Unmut und Unsicherheit aus unter den Vertretern der Institutionen, die sich mit den schwierigen Kapiteln der deutschen Vergangenheit auseinandersetzen. In Bernd Neumanns Ressort fällt die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus, so auch die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden in Berlin. Zudem ist er für ein Konzept für den offiziellen Umgang mit der SED-Diktatur und der Mauer verantwortlich. Wobei ausgerechnet der PDS-Kultursenator der Stadt Berlin, Thomas Flierl hier bemerkenswerte Vorarbeiten geleistet hat. Neumann soll auch über ein neues Stasi-Unterlagengesetz befinden. Und laut Koalitionsvertrag wird unter seiner Regie - Zitat: "im Geist der Versöhnung ein sichtbares Zeichen gegen Vertreibungen" in Berlin gesetzt. Das sind geschichtspolitische Herkules-Aufgaben. Und nicht erst seit der missglückten Rede von Hermann Schäfer in Weimar ist klar, hier bedarf es größter Sensibilität.

    "Da gibt es nicht nur schöne Formen von Verdächtigungen. Manche Politiker versuchen sich der Wissenschaftler zu bedienen, um etwas durchzusetzen und umgekehrt versuchen manche Wissenschaftler ihre Interessen, ihre wissenschaftspolitischen Interessen, ihre institutionellen Interessen durchzusetzen, in dem sie sich der Politiker bedienen. Diese Art von Kleinkrieg finde ich peinlich, lästig und der großen Herausforderung vollkommen unangemessen."

    So beschreibt der sozialdemokratische Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse die komplexe Gemengelage, in der der Kulturstaatsminister nun ein schlüssiges Konzept für die Formen des Erinnerns, für die Finanzierung der Gedenkorte, die wissenschaftliche Aufarbeitung und die rechtliche Handhabe im Umgang mit zwei Diktaturen finden muss. Neumann bewegt sich auf einem ihm fremden Terrain. Dass er sich mit Professor Hermann Schäfer, dem vormaligen Chef des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik in Bonn, einen profilierten Historiker zum Stellvertreter erkoren hatte, galt zunächst als gutes Zeichen. Dass nicht einmal der Fachmann Schäfer ausreichend Gespür mitbrachte und es bei erstbester Gelegenheit ausgerechnet an Klugheit und Intuition gegenüber KZ-Opfern fehlen ließ, das nährt das Misstrauen.

    "Ich weiß, dass viele Vertreter in der Gedenkstätten-Museumslandschaft befürchten, dass der Kampf um die Finanztöpfe herber wird. Ist wahrscheinlich auch nicht auszuschließen, denn die Gelder werden nicht mehr. Sie müssen neu verteilt werden."

    Und also betrachten viele mit Argwohn, wie viel öffentliche Aufmerksamkeit - und Geld - in jüngster Zeit den Heimatvertriebenen zuteil wird.

    "Das kann man durchaus als ein Zeichen dafür werten, dass jetzt vielleicht andere Gegenstände im Erinnern näher liegen als die nationalsozialistische Zeit."

    So der Historiker Wolfgang Benz. Als Sprecher des Beirats der Stiftung "Denkmal für die ermordeten Juden Europas" kämpft er einerseits um Geld aus dem Säckel von Neumann, vor allem aber um eine Anerkennung der Arbeit der Stiftung. Zudem warnt der Antisemitismusforscher davor, mit dem Leid von Opfern Politik zu machen. Dass es ein Umdenken in der offiziellen Geschichtspolitik der Bundesrepublik geben könne, einen Paradigmenwechsel - diesen Verdacht versucht die christdemokratische Kulturpolitikerin Monika Grütters auszuräumen. Die Anerkennung deutscher Schuld und die Aufarbeitung der Diktaturen werde nicht von einer Huldigung deutscher Opfer abgelöst:

    "Es gibt Themen, die sich jeder Vereinnahmung durch die Parteipolitik entziehen. Das Thema Gedenkpolitik gehört mit dazu. Auch die CDU wird immer dafür sorgen, dass es bei einem interfraktionellen Konsens in diesen Themen bleibt. Es hat in letzter Zeit eine Polarisierung in der öffentlichen Debatte gegeben. Einerseits durch das Verhalten von Flierl, der sich nicht deutlich genug in Hohenschönhausen gegen SED-Kader zur Wehr gesetzt hat und umgekehrt natürlich, weil da eine große Nervosität entstanden ist bei Gedenkstättenleitern und natürlich auch die anstehende Novelle des Stasi-Unterlagengesetzes, Auftritte einzelner Exponenten in Weimar und so weiter. Aber es gibt keine erklärte Umsteuerung in der Gedenkstättenpolitik der Bundesregierung."

    Unvergessen ist, dass der Kulturstaatsminister die Experten der so genannten Sabrow-Kommission mit ihrem Konzept für den Umgang mit der SED-Diktatur abgekanzelt hat. Neumann zeigte offen seinen Widerwillen gegenüber einer Kommission, die noch von der rot-grünen Bundesregierung einberufen worden war. Inzwischen aber macht sich das BKM Teile der Vorschläge selbst zu eigen.

    Viel zerbrochenes Porzellan hat Neumann hinterlassen. Auch dass er Entscheidungen verschleppe, wird ihm angekreidet. Die Bundesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit, Marianne Birthler hat schließlich selbst einen Vorschlag zur Novelle des Stasi-Unterlagengesetzes erarbeitet:

    "Es gibt unter den Novellierungsvorschlägen einige, bei denen die Zeit drängt. Das betrifft insbesondere eine mögliche Nachfolgeregelung zum Thema Überprüfungen. Das ist ja die einzige gesetzliche Regelung, die zeitlich befristet ist. fünfzehn Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes läuft also das zum Jahresende aus."

    Dass nach dem Regierungswechsel und Bernd Neumanns Amtsantritt auch in der Kultur- und Gedenkstättenszene vermehrt geschaut wurde, wer in welchen Beiräten und Gremien welches Parteibuch sein eigen nennt, trägt nicht zur Beruhigung der aufgebrachten Szene bei. Vielmehr kursieren Gerüchte, wer bei wem antichambriert und gegen andere intrigiert. Gabriele Camphausen rät zur Besonnenheit:

    "Ich gehöre keiner Partei an und lehne mich keiner Partei an und irritiere damit manchen Parteipolitiker. Das ist mir schon während meiner ganzen beruflichen Laufbahn passiert, dass diese Weigerung mich irgendwie parteipolitisch zu bekennen auf eine Art von Misstrauen trifft, aber das ist so eine Szene, da halte ich mich auch nicht gerne auf, da halte ich lieber Abstand."

    Nach einem Jahr Bundeskultur-Politik der Großen Koalition ist es nicht allein Wolfgang Thierse, der sich mehr offene inhaltliche Debatten in der Kulturpolitik wünscht:

    "Selbst wenn Kulturpolitik nur mit Geldausgeben beschäftigt wäre, müsste sie ja immer noch Gründe finden, warum sie für A Geld ausgibt und für B nicht, also wird sie nie ohne inhaltliche Bewertung auskommen. Das finde ich auch wichtig. Bundeskulturpolitik muss ganz wesentlich öffentliche gesamtstaatliche, nationale Kommunikation über kulturelle Werte, über Fragen des Umgangs mit dem Erbe, über Fragen der Förderung von Gegenwartskultur und den internationalen Austausch sein. Das ist die eigentliche Herausforderung - und das haben die drei früheren Kulturstaatsminister geleistet. Das bleibt auch eine Aufgabe für Herrn Neumann."