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Geistiger Diebstahl ist kein Kavaliersdelikt

Für ihre Magisterarbeit brauchen manche Jahre - andere dagegen nur wenige Tage. Wer sich den mühsamen Weg des wissenschaftlichen Arbeitens sparen will, der blufft eben mit der Arbeit anderer - per Mausklick: Im Internet kann vom Referat bis zur Diplomarbeit alles kopiert werden - nach Themen sortiert in einschlägigen Schummelbörsen. Immer mehr Haus- und Magisterarbeiten an deutschen Hochschulen sind Plagiate. In den USA schätzt man die Zahl schon auf 30 Prozent. Der Deutsche Hochschulverband DHV will dem geistigen Diebstahl entschieden entgegentreten - mit einer Resolution, die die Professoren zur Kontrolle aufruft.

23.07.2002
    Am Telefon ist Prof. Dr. Hartmut Schiedermair, der Präsident des Deutschen Hochschulverbands:

    Frage: Wie weit geht der Ideenklau? Haben sie da Beispiele?

    Schiedermair: Wir haben doch die große Sorge, dass die Versuchung, sich über das Internet Referate, Hausarbeiten und Diplomarbeiten abzukupfern riesengroß geworden ist. Wir haben keine verlässlichen Zahlen, Schätzungen aus Amerika aber sind geradezu bestürzend. In Deutschland gibt es bislang nur Stichproben: von 34 von Studierenden abgelieferten Texten waren beispielsweise 12 Plagiate.

    Frage: Haben denn Studenten kein Unrechtsbewusstsein mehr?

    Schiedermair: Das ist das Problem. Ich finde es bemerkenswert, denn hier geht es um geistigen Diebstahl und Betrug. Wer auffliegt, sollte eigentlich auch entsprechende Sanktionen zu befürchten haben. Ich glaube aber in der Tat, dass heute das Unrechtsbewusstsein nicht mehr verbreitet ist. Statt Betrug und Diebstahl, nennt man das ganze downloaden . Sie sehen an dieser Stelle, dass die Sprachveränderung auch Inhalte verdrängt, dann muss man die Dinge eben beim Namen nennen.

    Frage: Jährlich gibt es eine Masse studentischer schriftlicher Arbeiten. Welche Kontrolle können Professoren leisten?

    Schiedermair: Das ist natürlich bei der Fülle von Hausarbeiten sehr schwierig. In den Vereinigten Staaten werden eigene Prüfprogramme schon als Software zur Verfügung gestellt. Die sind natürlich immens teuer. Das ist insgesamt für die Kollegen eine sehr schwierige Aufgabe. Zumindest bei Examensarbeiten darf man nicht darauf verzichten, gewisse Kontrollen im Internet zu nutzen.

    Frage: Sollen die Professoren ihre Studierenden mit den eigenen Mitteln schlagen?

    Schiedermair: In der Tat. Die Betrugsversuche, auch massive Versuche, haben in der vergangenen Zeit aufgrund des gesteigerten Drucks deutlich zugenommen. Heute ist die Kontrolle durch die technischen Möglichkeiten des Internets etwas schwieriger geworden.

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    Deutscher Hochschulverband

    Die Plagiate-Suchmaschine EduTie

    Plagiarism.org

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