Montag, 29. April 2024

Archiv


Gekommen um zu bleiben?

Entomologie. - Die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus gehört zu den 100 invasivsten Arten der Welt. Weil sie auch Krankheitserreger wie das Westnil-Virus übertragen kann, sorgt sie auch auf der Tagung des europäischen Zweigs der Society of Vector Ecology für Gesprächsstoff, die heute im französischen Montpellier zu Ende geht. In Europa ist sie bereits in 20 Ländern aufgetaucht, vor allem in Italien ist sie erfolgreich. Von dort kommen immer wieder Exemplare nach Deutschland. Neue Entwicklungen bereiten den Experten Sorge.

Von Joachim Budde | 11.10.2012
    Die Tigermücke Aedes albopictus ist zurück. Zumindest in den Fallen der Mückenjäger.

    "Wir haben an der A5 an zwei verschiedenen Raststätten im südlichen Teil Baden-Württembergs insgesamt fünf Aedes albopictus-Weibchen gefunden, das war jetzt in den letzten Wochen von August bis September."

    Artur Jöst ist Mitarbeiter der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage, kurz Kabs. Der Biologe arbeitet an bundesweiten Monitoringprojekten unter Regie des Hamburger Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin mit, die nach invasiven Mückenarten suchen. Dass einzelne Exemplare der Tigermücke immer wieder als Blinde Passagiere in Autos oder LKW aus Italien über die Alpen nach Süddeutschland gelangen, ist seit Jahren bekannt. Doch die Kabs-Wissenschaftler messen ihrem letzten Fund eine neue Qualität bei, sagt Artur Jöst. Denn vier der Mücken sind in aufeinanderfolgenden Wochen in ein und dieselbe Falle gegangen.

    "Wenn man vier Stechmücken in kürzester Zeit in einer Falle immer am gleichen Standort fängt, dann ist die Wahrscheinlichkeit schon gegeben und relativ hoch, dass sie aus einem Gelege stammen, hier laufen noch die Untersuchungen die genetischen, um herauszufinden, ob das wirklich alles Geschwister waren, wenn das der Fall wäre, dann würde das natürlich dafür sprechen, dass hier die Reproduktion vor Ort funktioniert, und das wäre dann natürlich der erste Schritt für diese Art, bei uns dann vielleicht auch Fuß zu fassen."

    Ursprünglich war die Tigermücke von Südostasien bis nach Japan im Norden verbreitet. Japanische Mückenstämme kommen mit niedrigen Temperaturen im Winter klar. Von dort gelangte die Mücke mit gebrauchten Autoreifen in die USA und weiter nach Italien. In den Staaten verteilte sie sich über den ganzen Osten – vom sunshine-state Florida bis zu den Neuenglandstaaten, wo es im Winter friert. Dabei passte sie sich weiter an kältere Temperaturen an. Auch in Italien hat sich die Tigermücke bei ihrer Verbreitung bis in die nördlichsten Regionen des Landes an kühleres Klima gewöhnt. Neuere Forschungen legen nahe, dass die Eier der Mücke kurze Frostperioden im Winter überstehen können. In Deutschland sind die Bedingungen sogar im äußersten Südwesten Baden-Württembergs schlecht für das Tier. Die Mückenbekämpfer vom Oberrhein machen schon seit sieben Jahren ein Monitoring. Dass sie jetzt mehr Mücken fangen als zu Beginn, liegt auch daran, dass sie inzwischen eine andere Falle benutzen, sagt Jöst.

    "Das ist eine CO2-Lebendfalle, die eben stechlustige Weibchen anlockt und ansaugt, diese Falle ist besonders fängig für invasive Arten, und sicherlich hat die jetzt wesentlich dazu beigetragen, dass wir diese fünf auch gefangen haben."

    Direkt nach den Funden haben Artur Jöst und seine Kollegen erste Maßnahmen gegen die Tigermücke ergriffen.

    "Wir haben an den Standorten, wo wir die Mücken gefangen haben, eine Vielzahl von Fallen aufgestellt, um herauszufinden, ob hier bereits stabile Populationen vorhanden sind, und wir haben bereits Baumhöhlen mit Sand aufgefüllt, sodass also diese natürlichen Brutstätten dem Tigermoskito zumindest nicht mehr zur Verfügung steht."

    Auch den Oktober über geht die Suche nach Aedes albopictus weiter. Weltweit schenken Wissenschaftler der Tigermücke besondere Aufmerksamkeit, weil sie rund zwei Dutzend Krankheitserreger übertragen kann. Und sie ist die Mücke mit dem größten Potenzial, neue Lebensräume zu erschließen.

    "Die Mücke ist auf dem Vormarsch, sie wird immer wieder hier zu uns eingeschleppt, und jetzt ist natürlich die entscheidende Frage: Schafft sie es auch bei uns hier stabile Populationen aufzubauen."

    Ob sie es in diesem Jahr immerhin geschafft hat, in Deutschland zu brüten – darüber werden die Ergebnisse der genetischen Tests in ein paar Wochen Auskunft geben. Ob die Tigermücke langfristig am Oberrhein Fuß fassen kann, das hängt vor allem davon ab, wie hart die Winter werden.