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Gelassener Blick in die Zukunft

Wissenschaftspolitik. - Die neue Bundesregierung ist gerade im Amt, da lud die Max-Planck-Gesellschaft zu ihrer Jahrespressekonferenz. Natürlich erläuterte der Präsident der in der Grundlagenforschung tätigen Wissenschaftsorganisation seine Erwartungen an die neue Regierung, sparte aber auch die Länder nicht aus.

Von Margarete Limberg | 24.11.2005
    Der Präsident der Max - Planck - Gesellschaft Peter Gruss setzt darauf, dass die entsprechenden Bekenntnisse der neuen Bildungs - und Forschungsministerin Annette Schavan mehr als Lippenbekenntnisse sind. Was andere Wissenschaftsinstitutionen, Experten und Politiker seit Wochen aufs höchste alarmiert, betrachtet die Spitze der Max - Planck -Gesellschaft mit großer Gelassenheit, die Aufteilung der Forschungszuständigkeit auf das Forschungs - und das Wirtschaftsministerium. Gruss:

    "Wobei ich sagen muss, dass man sich hier doch am Ende geeinigt hat in einer sinnvollen Art und Weise, weil - das, was umzieht in das Wirtschaftsministerium, hat maßgeblich wirtschaftliche Elemente."

    Auch die höchst umstrittene Entscheidung der Föderalismuskommission, Bildung und Forschung weitestgehend zur Ländersache zu erklären, bringt den Max -Planck - Chef nicht aus der Ruhe:

    "Ich glaube, wir sollten dem Modell eine Chance geben, wenn es entsprechend ausgestaltet wird. Und da liegt jetzt die Verantwortung bei den Ländern . Es liegt viel Verantwortung bei den Ländern. Die Finanzierung wird in die Länder verbracht. Hochschulbau - etwa 70 Prozent der Gelder gehen in die Länder, bis zum Jahr 2013 gebunden für Hochschulbau, danach freigegeben. Ja, Gott noch mal, wenn die Länder das dann für den Straßenbau verwenden, dann wollen die das nicht in die Universitäten stecken. Aber das muss ich doch dann den Ländern vorwerfen. Das ist doch kein Grundproblem."

    Gleichwohl hält man bei der Max- Planck Gesellschaft auch weiterhin eine abgespeckte Form der Bund-Länder - Kommission für unverzichtbar. Es müsse auch künftig ein Gremium geben, in dem Bund und Länder zusammen arbeiteten und Entscheidungen auch finanzieller Art treffen könnten. Mit sich selbst ist man offenbar sehr zufrieden. Gerne verweist Präsident Gruss darauf, dass sich seine Organisation bei den wissenschaftlichen Zitationen international in der absoluten Spitzengruppe befindet, vor allem im Bereich der Weltraumforschung, der Physik und Chemie und Materialwissenschaft. Auch bei der so genannten Exzellenzinitiative seien die Max- Planck-Institute ganz vorne mit dabei. Aber die Lage ist natürlich nicht nur rosig. Die Generalsekretärin der Max-Planck-Gesellschaft Barbara Bludau stellt ohne Umschweife fest : Wir investieren zu wenig in Spitzentechnologie. Nach wie vor hapert es gerade in Deutschland an der Umsetzung von Erkenntnissen der Grundlagenforschung in konkrete Anwendung:

    "Wir haben festgestellt, dass die Ergebnisse, die wir an den Markt bringen, nicht reif genug sind dafür, dass die Wirtschaft sie aufnimmt. Für einen Max-Planck-Direktor ist, wenn er das Grundproblem erkannt hat, die Frage nicht mehr interessant. Eine Doktorarbeit, Habilitation, gar Nobelpreis können sie dafür nicht mehr geben. Das Problem ist erkannt, das Interesse sinkt. Für die Wirtschaft ist aber dieser Entwicklungsstand noch nicht interessant genug, als dass man ein erhebliches finanzielles Risiko eingeht, um das dann für sich zu bewerten."

    Um der Misere abzuhelfen, schlägt die Forschungsorganisation einen Innovationsfonds der deutschen Forschung vor. In einigen Bereichen fordert die Max- Planck- Gesellschaft die Politik auf, ihren bisherigen Kurs zu korrigieren. Das gilt für die Grüne Gentechnik und besonders für die Stammzellenforschung. Nicht nur die Stichtagsregelung steht in der Kritik. Viel mehr noch würden die deutschen Forscher durch eine Rechtsunsicherheit behindert, und das gelte besonders für ihre Teilnahme an internationalen Forschungsprojekten. Noch einmal Max- Planck - Präsident Peter Gruss:

    "Das heißt, dieses Problem der Strafbewehrung ist etwas, das mit Gewissheit dazu führt, dass Deutschland oder deutsche Forscher auf diesem Feld in die nationale Isolation geraten, und da Forschung nur international voranschreitet, heißt das, wir werden uns hier entkoppeln."

    Was den künftigen Kurs der Organisation angeht, so setzt Präsident Gruss verstärkt auf die Kooperation mit den Universitäten. Dabei erwartet er allerdings, dass die dringend benötigte finanzielle Stärkung der Universitäten nicht zu Lasten der außeruniversitären Forschung geht, bei der Deutschland gerade den europäischen Durchschnitt erreicht.