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Geld, Gauß, Ruin

Natürlich ist keiner Schuld, behaupten die Akteure dieser größten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Schon gleich gar nicht ist die Mathematik schuld, mit der Banken seit vielen Jahren ihre Spekulationen "fahren".

Von Maximilian Schönherr | 04.07.2010
    Die Informatiker in der Bank und an der Börse benutzen quantitative Modelle, und werden deswegen auch Quants genannt. Sie modellieren mit Gleichungen aus der Statistik und Strömungsdynamik Szenarien im Computer, die wirtschaftliche Prozesse, Käufe, Wetten, Verkäufe beschreiben. Die Programme lernen aus der Vergangenheit und bilden daraus Prognosen für die Zukunft. Zum Beispiel sagen sie, dass der Kurs der Aktie X vermutlich um 3,54 plus/minus 1,77 % steigen wird.

    Im Zentrum der Finanzmathematik steht eine 200 Jahre alte Gleichung von Carl Friedrich Gauß, die sogenannte Normalverteilung, die im Koordinatennetz aufgezeichnet wie eine Glocke aussieht. Die statistische Forschung weiß seit langem, dass die Gaußsche Glocke nur Szenarien beschreibt, die friedlich bleiben. Mit Chaos, mit Krisen, mit einem zusammenbrechenden nordamerikanischen Immobilienmarkt kann sie nicht umgehen. Aber auch moderne Modellierungsansätze wie die von Wirtschaftsnobelpreisträgern entwickelte Black-Scholes-Formel - sie beruht auf Ideen der Strömungsdynamik - führte hochgepriesene Hedgefonds steil in den Abgrund.

    Diese Sendung geht nicht der Wirtschaftskrise auf den Grund, wohl aber etwas, was die Wirtschaftskrise mit befördert hat: problematische Finanzmathematik und naive Modellgläubigkeit.

    "Manuskript zur Sendung:"

    Geld Gauß, Ruin

    "Weiterführende Links:"

    Homepage Claudia Klüppelberg
    Homepage Christian Bluhm
    Homepage Klaus Mainzer

    Homepage Bankenaufsicht
    Basel-II-Verfahren zur Bankenprüfung