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Geld im Studium

Birgit Becker: Mehr als 90 Prozent aller Studierenden werden während ihres Studiums von den Eltern finanziell unterstützt, knapp 70 Prozent arbeiten neben ihrem Studium. Edwin Schmauß hat mit seinem Buch "Geld im Studium" einen "Wegweiser für Studierende und ihre Eltern" verfasst.

Von Birgit Becker |
    Edwin Schmauß: Die Haupteinkommensquelle für Studierende ist der Unterhalt der Eltern. Damit geht es rund um den Unterhalt, alle rechtsrelevanten Fragen, zum Beispiel die Frage der Eltern, wie lange muss ich das Studium meines Kindes denn wirklich finanzieren? Muss ich denn auch meine lieben Tochter oder Sohn 20 Semester finanzieren oder reichen auch zwölf Semester?

    Becker: Und zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

    Schmauß: Es gibt dort einschlägige Gerichtsurteile, übrigens ist es recht abenteuerlich, teilweise auch sehr unterhaltsam. Die Urteile zu Unterhaltsstreitigkeiten zwischen Eltern und Kindern sind sehr heftig ausgetragen und leider sehr häufig. Aufgrund dessen habe ich das mit meinem Buch eben auch aufgenommen, damit es zu diesen Rechtsstreitigkeiten erst gar nicht kommt. Der Studierende ist verpflichtet, zügig, innerhalb der Regelstudiendauer mit seinem Studium zu Ende zu kommen, und er muss auch gegenüber seinen Eltern triftige Gründe haben, wenn er etwas länger studiert. Dann auch ganz wichtig in diesem Zusammenhang, was viele nicht wissen, das betrifft besonders Studierende des zweiten Bildungsweges mit bereits zunächst erreichter betrieblichen Ausbildung: Also beispielsweise hat jemand Bäcker gelernt, hat dort vier Jahre gearbeitet, dann ist die große Frage, er kann BAföG beantragen, und zwar sogar elternunabhängig. Hätte er zum Beispiel nur zwei Jahre gearbeitet, könnte er lediglich elternabhängig BAföG beantragen. Das heißt, es würde ein BAföG-Bescheid erstellt werden, und wenn die Eltern mehr verdienen als die Einkommensgrenzen es zugestehen, müssten sie dann für das Studium scheinbar bezahlen. Dies ist aber faktisch nicht der Fall, weil ihr Sohn bereits eine Ausbildung abgeschlossen hat. Der Gesetzgeber sieht im BGB eindeutig vor, dass die Eltern nur eine Ausbildung, die allerdings der Eignung und Neigung des Kindes angemessen sein muss, finanzieren müssen, und da fangen die Streitigkeiten an. Viele Eltern sagen dann, du hast Bäcker gelernt, und jetzt willst du plötzlich Architektur studieren, und wir sollen schon wieder bezahlen, es geht nicht. Und dann sagen die Studierende, hoppla, ich möchte aber ein Architekturstudium von euch finanziert bekommen.

    Becker: Das heißt, Sie haben sich auch mit vielen feinen Verästelungen dieser Rechtssprechung auseinandergesetzt und eben auch für viele spezielle Fälle, Beispiele und Handlungshinweise.

    Schmauß: Davon lebt mein Buch. Ich behaupte das selbstbewusst, ich habe nur Fälle genommen, wo man nicht automatisch aus dem Internet die Informationen entnehmen kann, die aber praxisrelevant sind und wo es auf die Feinheiten ankommt. Gerade im juristischen Bereich liegt der Teufel im Detail, und dieses Detail beleuchte ich.

    Becker: Das heißt also, wie gesagt, 90 Prozent aller Studierenden bekommen Unterhalt von ihren Eltern, um sich das Studium irgendwie zu finanzieren. Die zweite Säule der Studienfinanzierung ist die Arbeit, also der Nebenjob oder der Studentenjob für die Studierenden.

    Schmauß: Ja, mittlerweile mehr als 70 Prozent gehen in irgendeiner Form einer Erwerbstätigkeit nach. Dabei sind sehr viele Dinge zu beachten, die man hier nicht in Kürze alle darstellen kann. Zum Beispiel ist wichtig, dass ein Jahresgrenzbetrag nicht überschritten wird für das Kindergeld. Das ist gegenwärtig für 2003 7881 Euro. Da fängt es auch schon wieder im Detail an. Da gab es auch viele Rechtsstreitigkeiten mit der Kindergeldkasse des Arbeitsamtes. Zum Beispiel haben Eltern, eigentlich könnte man hier denken zurecht gemeint, bis zum Sparerfreibetrag brauche ich die Zinsen nicht zum Einkommen dazuzurechnen. Das hat aber der Gesetzgeber seit 1.1.2003 geregelt, dass auch die Zinsen bis zum Sparerfreibetrag in diesem Falle dem Einkommen des Kindes zuzurechnen sind. Das hat für einige Eltern eine böse Überraschung gegeben, weil wenn der Kindergeldanspruch erlischt, heißt es gerade für Leute aus dem öffentlichen Dienst, parallel fällt das wie Dominosteine in sich zusammen die Kinderzulage, Baukindergeld, Eigenheimzulage usw. Alles, was an diesem Kinderfreibetrag fest gekoppelt ist, fällt in sich zusammen. Es kann einen erheblichen Einkommensverlust für die Gesamtfamilie darstellen.

    Becker: Das letzte Kapitel, was die Studienfinanzierung betrifft, ist BAföG. Das heißt, nicht mal 30 Prozent der Studierenden derzeit erhalten BAföG, aber natürlich beschäftigen Sie sich in Ihrem Buch auch damit.

    Schmauß: Grundsätzlich sollte das BAföG-Amt das tun können, aber häufig kommt es zu strittigen Fragen, wo das gegenüberliegende Amt ja befangen ist. Es wird ja dann nicht im Sinne der Studierenden beraten. Dazu bedarf es unabhängiger Beratungsstellen. Das Buch gibt Hilfestellungen dazu, zum Beispiel bei Fragen des Fachrichtungswechsels oder Studienabschlussförderung oder wenn ich eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer beantragen möchte wegen Krankheit oder wegen Kindererziehungszeiten. Oder für Studierende, die nach dem 30. Lebensjahr BAföG beantragen, gibt es sehr komplexe Fragestellungen. Es gibt Ausnahmetatbestände von erheblicher Natur und in diesen Details arbeite ich auch sorgfältig, damit eben die Leute auch dann tatsächlich etwas vom Kauf des Buches haben.

    Becker: Um zwei, drei andere Stichworte zu nennen, Wohngeld, Sozialhilfe, Arbeitslosengeld und Rundfunkgebührenbefreiung sind auch Stichworte, die Sie behandeln im Buch.

    Schmauß: Ja, weil leider Gottes, sage ich mal, ersticken wir in Bürokratie in Deutschland. Auch in diesen Fragen ist es eine Wissenschaft für sich geworden, selbst einen Wohngeldantrag als Student durchzubekommen. Teilweise kennen sich selbst die Ämter nicht mehr aus. Das ist ja mittlerweile auch bekannt.

    Becker: Vielen Dank für das Gespräch.