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Geld ist nicht alles

Aus Sicht von Georg Krücken vom Zentrum für Wissenschaftsmanagement wird die Gehaltsfrage bei Anreizsystemen für Forscher überbewertet. Wichtige Faktoren seien auch das Renommee einer Einrichtung oder die technische Ausstattung, sagte der Professor von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer.

Moderation: Lothar Guckeisen |
    Lothar Guckeisen: Ob wir es nun gut finden oder nicht, wir leben in einer Konkurrenzgesellschaft, und auch im Biotop der Wissenschaft geht es mehr und mehr um Wettbewerb. Egal ob Hochschule oder Forschungseinrichtung, wer gutes Personal anziehen will, der muss den potenziellen Bewerbern etwas bieten können. Doch womit kann man Forscher und Dozenten am besten anlocken?

    Über diese Frage wird heute und morgen auf einer Tagung an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften diskutiert, in Speyer. Es handelt sich um eine gemeinsame Veranstaltung des Deutschen Hochschulverbandes und des Zentrums für Wissenschaftsmanagement. Professor Georg Krücken, im Vorstand des Zentrums, gleichzeitig auch Professor an der Uni in Speyer, was war denn für Sie der Anlass, dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen?

    Georg Krücken: Der Anlass bestand vor allem darin, dass ich den Eindruck habe, es wird im Moment alles sehr kontrovers diskutiert, es gibt erbitterte Gegner, es gibt aber auch ebenso leidenschaftliche Befürworter, und letztlich weiß man doch immer noch recht wenig darüber, wie diese Anreizsysteme wirken. Und deshalb war meine Überlegung, dass ich Leute mit unterschiedlichen Positionen und auch aus unterschiedlichen Einrichtungen zusammenbringe, um so sozusagen einen Dialog erst mal zu initiieren.

    Guckeisen: Wer sind die Teilnehmer, wenn Sie sagen, aus unterschiedlichen Einrichtungen zusammenbringen, wer ist das, wer diskutiert diese Frage bei Ihnen?

    Krücken: Die Frage wird diskutiert immer im Hinblick auf Hochschule und Wissenschaft und dann sozusagen Vertreter der relevanten Organisation in dem Feld. Das sind natürlich Hochschulvertreter, das sind Vertreter der außeruniversitären Forschung, die ja in Deutschland traditionell sehr stark auch ist. Das sind Vertreter der Ministerien. Wir haben auch einzelne Industrievertreter da, weil es auch natürlich eine spannende Frage ist zu sehen, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Industrie behandelt werden, um davon dann möglicherweise auch Rückschlüsse zu ziehen im Hinblick auf den öffentlichen Sektor, was die Gemeinsamkeiten und Differenzen sind. Also es ist eine relativ breite und bunte Palette, die sich allerdings wie gesagt vor allem auf den Bereich Wissenschaft und Hochschule konzentriert.

    Guckeisen: Sie haben ganz zu Anfang gesagt, Gegner und Befürworter von Anreizsystemen, können Sie das mal konkret machen. Was sind das für Anreizsysteme, wo es Gegner und Befürworter gibt?

    Krücken: Die Diskussion wird heutzutage sehr stark auf den monetären, auf den geldlichen Aspekt beschränk, und dort insbesondere Fragen der Besoldung, also Stichwort Professorenbesoldung, W-Besoldung. Und das führt dann in der Tat zu sehr kontroversen Diskussionen. Die einen gehen in der Tat davon aus, dadurch lässt sich die Leistungsfähigkeit steigern, indem man das Grundgehalt vergleichsweise niedrig hält und mit Leistungszulagen man sich dann ein höheres Gehalt erarbeiten kann. Andere meinen, das wäre sozusagen von der ganzen Denklogik her der Wissenschaft fremd, weil Wissenschaftler, wie auch viele Studien immer wieder zeigen, vor allem intrinsisch motiviert sind, das heißt, an der Sache selbst motiviert sind und sozusagen sich über Geld nicht motivieren lassen. Und das ist sozusagen die Ausgangslage. Und ich versuche jetzt hier mit der Tagung, das Spektrum auch vielleicht ein bisschen zu verbreitern, also dass man sich nicht immer nur auf die Frage der Besoldung konzentriert, sondern auch auf andere Fragen, die man unter dem Stichwort Anreize behandeln könnte.

    Guckeisen: Bevor wir mal zu diesen anderen Anreizsystemen kommen, die Sie da im Blick haben, bleiben wir doch mal bei der Gretchenfrage Geld. Es ist ja schon die Frage, wir haben ja die W-Besoldung, die eben solche Leistungsaspekte ja mit berücksichtigt, da sind wir dann durchschnittlich so etwa bei 70.000 Euro im Jahr, die so ein Professor bekommen kann. Ist das als Anreiz genug, wenn man das vergleicht mit dem Umfeld, dem internationalen Umfeld?

    Krücken: Um 70.000 Euro zu verdienen, mindestens, um das netto zu verdienen, muss man schon erhebliche Zulagen haben, die Realität sieht in der Regel deutlich niedriger aus, was das Gehalt selbst von Lehrstuhlinhabern betrifft. Nichtsdestotrotz ist man auch mit einem, wie soll ich sagen, gut hochgehandelten, durch Leistungszulagen deutlich verbesserten Gehalt in der Regel schlechter bezahlt, als wenn man in einer entsprechenden Position in der Industrie arbeitet. Da wird teilweise das Doppelte oder Dreifache verdient für entsprechende Positionen. Aber, und das zeigt ja auch immer wieder die Realität, beispielsweise in den Ingenieurwissenschaften, es kommen ja sehr viele Ingenieure aus der Industrie wieder an die Hochschule zurück, obwohl sie dort in der Regel weniger verdienen, aber man hat natürlich an den Hochschulen als Professor doch ein hohes Maß an Autonomie, an Selbstbestimmung, vor allem im Hinblick auf die Forschung. Und das ist sicherlich in der Industrie nicht so gegeben. Das ist natürlich ein ganz wichtiger Anreiz sozusagen, diese Autonomie in den Universitäten.

    Guckeisen: Aber müsste man dann noch eine Schippe drauflegen, wenn Sie sagen, die haben größere Chancen in der Industrie, läuft man Gefahr, dass die alle in die Wirtschaft abwandern und eben dann nicht an die Unis kommen?

    Krücken: Die Gefahr besteht in der Tat. Die Gefahr besteht in der Tat, und, wenn ich es richtig sehe, vor allem in bestimmten Bereichen der Naturwissenschaften, der Ingenieurwissenschaften, teilweise auch in den Wirtschafts- und Rechtswissenschaften. Andererseits - wie gesagt, das hat immer verschiedene Facetten -, andererseits gibt es zum Beispiel bei den Juristen sehr schöne Studien, die belegen, dass Juristen, die in den großen Law Firms arbeiten oder in großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, dass die in der Regel doppelt oder dreifach so viel verdienen, zumindest nach einigen Jahren, wie man in der Universität verdienen kann. Nichtsdestotrotz ist die Arbeitszufriedenheit eher niedriger. Und das hängt sicherlich eben sehr stark mit dem Pakt der Autonomie zusammen.

    Guckeisen: Also Geld allein ist es nicht, sagen Sie, was kommt noch dazu, was kann einen Forscher oder einen Wissenschaftler sonst noch locken an die Hochschule einer Forschungseinrichtung, was würden Sie sagen?

    Krücken: Im Prinzip ist das genau die Frage, die wir jetzt hier im Rahmen dieser Tagung behandeln wollen, und deshalb haben wir eben auch Leute aus ganz unterschiedlichen Bereichen, teilweise auch unterschiedliche Länder. Wir haben auch einen Blick nach Österreich und in die Schweiz. Und es gibt ganz unterschiedliche Anreize, also nicht nur das Gehalt.

    Guckeisen: Können Sie das mal stichwortartig kurz machen?

    Krücken: Die Ausstattung zum Beispiel ist sehr wichtig. Das ist vielleicht für die Geisteswissenschaftler nicht so von zentraler Bedeutung, auch wenn natürlich für einen Geisteswissenschaftler eine vernünftige Bibliothek wichtig ist, aber natürlich die apparative Ausstattung in den Technik- und Naturwissenschaften. Es ist die Frage sozusagen, wie das Arbeitsumfeld ist, die Reputation sozusagen. Das Standing, das internationale Standing der Fakultät ist sehr wichtig, ob man es sozusagen mit einem Arbeitsumfeld zu tun hat, was international auch anerkannt ist. Es gibt noch ganz andere Aspekte. Es geht zum Beispiel heute in Deutschland sehr stark auch wird mit Dual-Career-Optionen experimentiert. Das heißt, was typischerweise ja oft so ist, dass Leute im Akademischen wiederum Partner oder Partnerin aus dem Akademischen haben. Und es gibt mehr und mehr auch Versuche von Universitäten, sozusagen zwei Personen gleichzeitig, also ein Paar zu rekrutieren.

    Guckeisen: Ich denke, da gibt es eine ganze Menge kreativer Möglichkeiten, und ich sehe schon, Sie haben eine Menge Gesprächsstoff bei Ihnen in Speyer. Ich bedanke mich recht herzlich für diese Anregung. Wir können das nicht zu Ende diskutieren, Sie vielleicht schon, oder wahrscheinlich auch nicht.

    Auf einer Tagung in Speyer wird heute und morgen darüber diskutiert, mit welchen Anreizen man qualifiziertes wissenschaftliches Personal rekrutieren kann. Das waren Informationen von Professor Georg Krücken vom Zentrum für Wissenschaftsmanagement. Danke.