Archiv


Geld und Kunst

Firmengründer, die ein Kunststudium in der Tasche haben, werden bei Bankkrediten viel kritischer beäugt als Gründer aus technischen Bereichen. Genau um dieses Thema geht es beim dreitägigen "culture entrepreneurship forum" in Dortmund.

Von Katrin Schlusen |
    Tim: "Was müssen wir für morgen noch besprechen?"

    Jutta: "Naja, ich hab das jetzt hier aufgeschrieben, wegen des Kundennutzens, da haben wir noch nicht drüber gesprochen."

    Tim und Jutta machen Hausaufgaben. Sie ist Theaterpädagogin, er ist Musiklehrer und beide arbeiten an ihrem Traum. Sie wollen gemeinsam eine Musikschule eröffnen, die nicht bloß Musikunterricht anbietet, sondern auch Theater- und Kunst-Workshops. Und morgen steht ein wichtiges Gespräch mit ihrem Coach an. Denn die beiden nehmen an der "Gründer-Werkstatt", einem mehrmonatigen Förderprogramm für Kultur- und Geisteswissenschaftler in Dortmund teil.

    Zusammen mit ihrem Coach, einer Unternehmensberaterin, arbeiten sie an einem Business Plan. Für den Termin morgen haben sie ein Papier vorbereitet, in dem es ums Marketing geht – ein Thema, was im Studium kaum besprochen wurde.

    Tim: "Wenn man es auf die Gesamtstudienzeit berechnet, war es sicherlich unterrepräsentiert. Man hat ein, zwei Kurse dabei gehabt, die das auch ansprachen, aber eigentlich geht es in den künstlerischen Studiengängen immer um die Kunst. Und wie mache ich Kunst und Musik und die theoretischen Hintergründe, aber im seltensten Fall geht es um das Geld halt."

    Und Geld ist ein besonders wichtiges Thema bei der Gründer-Werkstatt:

    Tim: "Während der Projektphase haben wir noch gelernt, was es alles für Möglichkeiten gibt. Da gibt es ja zum Beispiel von der KfW Kredite für Gründer oder dieser Start2Grow-Wettbewerb von der Stadt Dortmund. Vom Land NRW gibt es noch Gelder und von der EU."

    Thema: brotlose Kunst – darum ging es am Abend bei der Auftaktveranstaltung der Kreativwirtschaftskonferenz. In den kommenden Tagen wird über die Zukunft dieses neuen Wirtschaftszweigs gesprochen. Und die sieht zumindest auf dem Papier vielversprechend aus: Nach Angaben der Wirtschaftsförderung Dortmund stieg beispielsweise der Umsatz im Bereich Design und Architektur von 1996 bis 2005 um 20 Prozent. Und dennoch: Für die Künstler ist es das bislang Neuland.

    Angela Märtin: "Die natürlich auch teilweise hier sind, um sich zu präsentieren, um Leute kennenzulernen, um sich zu vernetzen, aber um auch vielleicht ihren Unmut zu äußern. Wir haben ja am Freitag auch eine Podiumsdiskussion unter dem Motto: Kreativwirtschaft: Boom oder Blase? Da wird es genau darum gehen: Ist das alles nur Show oder hat die Kreativwirtschaft wirklich eine Zukunft?"

    Die Künstler betrachten ihre Branche eben auch kritisch, meint Konferenz-Organisatorin Angela Märtin: Obwohl es in Dortmund auch noch andere Förderprogramme für Studierende mit Gründergeist gibt, haben Kunst-, Musik- und Designstudierende nur selten mitgemacht. Aus diesem Grund gibt es seit zwei Jahren die Gründer-Werkstatt. Ein Projekt, das noch bis zum Herbst aus EU-Fördermitteln mitfinanziert wird. Ziel ist es, dass die Teilnehmer ein Geschick für das unternehmerische Denken entwickeln. Eine tatsächliche Gründung ist nicht Pflicht.

    Kristina Wißling hat sich trotzdem dafür entschieden. Sie ist Absolventin der letzten Gründer-Werkstatt und sie arbeitet an einem ungewöhnlichen Geschäftsmodell: Mit der Origami-Technik entwirft sie Faltpläne:

    "Wenn ich das jemandem erzähle, wird dann immer gesagt: Ach, kenn ich, meine Mutter macht das auch. Aber es ist halt nicht mehr, dass was die Mutter macht, es ist schon komplizierter, ich mache keine Weihnachtssterne."

    Ihre Prototypen können in der Industrie und der Medizintechnik benutzt werden. Der Trick ist, dass das Material durch die Origami-Falten sehr elastisch wird.

    Kristina Wißling weiß, dass ihr Unternehmen noch einen langen Weg vor sich hat. Sie hat sich bewusst nicht um ein Gründerstipendium beworben, sondern bestreitet ihr Auskommen als Illustratorin – auch das ist typisch für die Branche. Ein festes Standbein wollen viele nicht aufgeben. Trotzdem verliert sie ihr Ziel nicht aus den Augen.

    "Ich muss es halt schaffen, die zu finden, die in den Ingenieursbüros oder Konstruktionsbüros sitzen, dass derjenige, der nicht weiß, wie er etwas minimieren oder maximieren soll weiß, da ist eine Spezialistin und die kann man ansprechen."

    Trotzdem hat sich die Teilnahme an der Gründerwerkstatt für sie gelohnt. In kleinen Schritten arbeitet sie sich voran: Prototypen bauen, professionelle Fotografien anfertigen lassen, eine Webseite gestalten:

    "Gerade auch in den letzten Wochen viel passiert ist. Ich erwarte noch einige Antworten und ich habe das Gefühl, dass es funktioniert – ja."

    Infos:

    kultur-unternehmen-forum.de