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Geldsegen für Frankfurter Universität

Davon träumen Universitätspräsidenten, dass sie eines Tages einen Anruf bekommen und ihnen am anderen Ende der Leitung mehr als 30 Millionen Euro angeboten werden. So erging es in diesem Jahr dem Frankfurter Rudolf Steinberg. Das komplette Erbe einer Frankfurter Familie geht in eine Stiftung, die sich um die Belange der Hochschule kümmert.

Von Britta Mersch |
    Mehr als 20 Jahre lagen die Pläne schon in der Schublade. Erst nach ihrem Tod, so wollte es die Frankfurter Bankiersgattin Gertrud Kassel, sollte die Öffentlichkeit erfahren, dass ihr Vermögen der Universität Frankfurt zugute kommt. Ekkehardt Sättele, Vermögensverwalter in Frankfurt am Main, war mit dem Ehepaar Kassel befreundet und hütete das Geheimnis der Witwe, bis sie im Februar dieses Jahres verstarb.

    "Sie hat mich 1985 bereits darauf angesprochen: Was passiert eigentlich, wenn ich nicht mehr lebe? Und da habe ich gesagt, na gut, dann geht die Hälfte an den Fiskus, und die andere Hälfte wird an die Erben oder an die im Testament vorgesehenen Personen verteilt. Kinder hatten sie keine, also um es so zu formulieren, sie sagte, dann ist das Vermögen ja aufgelöst in Einzelteile, und das will ich eigentlich nicht. Und daraufhin sagte ich, gut, es gibt natürlich Möglichkeiten, und habe ihr dann eine gemeinnützige Stiftung angeboten."

    Die Frankfurterin war von der Idee begeistert, schließlich war ihr Mann Alfons Kassel, der bereits Mitte der 70er Jahre gestorben war, eng mit der Stadt verbunden. Der Bankier hatte seiner Frau ein Vermögen von zwei Millionen Euro hinterlassen. Bis zu ihrem Tod in diesem Jahr ist es auf knapp 35 Millionen Euro angewachsen, sagt Ekkehardt Sättele.

    "Sie sagte, das ist eigentlich eine schöne Idee, weil das auch aus der Sicht ihres Mannes eine wunderbare Entscheidung wäre, weil ihr Mann nicht nur als Bankier, sondern auch durchaus viel Sinn für Wissenschaft und viel Unterstützung der Wissenschaft gegeben und er ein sehr großer Verfechter für Grundlagenforschung war und Naturwissenschaften, aber eben nicht aktiv, sondern durch seine Einstellung war so. Insoweit war sie sehr davon angetan."

    Schon 1986 arbeitete der Steuerberater deshalb eine Satzung aus. Die Stiftung befindet sich im Gründungsstadium - und die Universitätsleitung freut sich über mehr als 30 Millionen Euro, mit denen sie die Forschung und Lehre stärken möchte. Die private Finanzzuwendung fällt mitten in eine Zeit, in der die Hochschule ohnehin vor einer ihrer größten Reformen steht. Uni-Präsident Rudolf Steinberg:

    "Die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität plant die größte organisatorische Veränderung der letzten 50 Jahre. Wir wollen uns organisatorisch neu aufstellen. Wir wollen uns von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und staatlicher Einrichtung zu einer Stiftung öffentlichen Rechts werden. Wir werden damit wieder Stiftungsuniversität wie zur Zeit unserer Gründung vor 93 Jahren, als Frankfurter Bürgerinnen und Bürger die Frankfurter Universität gegründet und sehr gut auch finanziell ausgestattet haben."

    Diese neue Rechtsform gilt ab Januar 2008. 20 Millionen Euro hat das Land als Finanzierung zugesagt, die aus dem Verkauf des alten Campus in Bockenheim stammen. Bis zu 50 Millionen Euro bekommt die Hochschule außerdem als Bonus vom Land, wenn sie selbst Spendengelder einwirbt. Für jeden Euro, den die Uni akquiriert, gibt das Wissenschaftsministerium einen Euro dazu. Zudem wird sie auch weiterhin von den Landeszuweisungen in Höhe von 270 Millionen Euro profitieren - und bleibt damit eine staatliche Einrichtung. Die Universität will dabei aber so viel Autonomie wie möglich erreichen, sagt Rudolf Steinberg.

    "Das Land behält die Verantwortung, die Mitverantwortung, setzt den rechtlichen Rahmen, stellt auch Mittel zur Verfügung, aber die vielfältige Abhängigkeit von Entscheidungen des Landes im akademischen Betrieb, in der Verwaltung, in Personalfragen, in Grundstücksfragen wird beendet sein."

    Mit dieser Autonomie möchte sich die Universität in Forschung und Lehre neu entfalten. Eine Perspektive, die in der deutschen Hochschullandschaft zunehmend an Bedeutung gewinnt. Schließlich wird spätestens seit dem Startschuss für die Exzellenzinitiative die Profilbildung der Hochschulen immer wichtiger. Mit einer solchen Reform, ist sich Rudolf Steinberg sicher, kann die Uni auch im internationalen Vergleich aufholen. Schließlich sei der größte Mangel der deutschen Universitäten die unzulängliche finanzielle Ausstattung.

    "Ich bin überzeugt, dass das ein Modell ist, das sich auch andere Universitäten in Deutschland ansehen werden. Das wird eines der Zukunftsmodelle für die Organisation öffentlicher Universitäten in diesem Lande sein."