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Geldsegen für Spitzenforscher

Forschungsförderung. – Anfang 2007 wurde der europäische Forschungsrat ERC ins Leben gerufen, damit über die EU-Forschungsförderung nicht mehr ausschließlich Beamte sondern auch die Wissenschaftler selbst entscheiden. Auf die erste offizielle Ausschreibung für exzellente Nachwuchsforscher haben sich über 9000 Wissenschaftler aus ganz Europa beworben. 200 glückliche Gewinner wissen seit Dezember Bescheid.

Von Ralf Krauter | 31.01.2008
    Armin Falk ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn und dieser Tage 40 geworden. Kein allzu freudiges Ereignis, sagt er augenzwinkernd. Gefeiert hat er dann doch - zumal eine E-Mail aus Brüssel einen weiteren Anlass bot.

    "”Da stand dann einfach erst einmal so ein etwas kryptischer Text. Aber dann drei oder vier Anhänge in der E-Mail. Und dann erschloss sich dann nach mehrmaligem Lesen, dass es also wohl geklappt hat. Das konnte ich aus dem ersten Brief noch nicht eindeutig schließen, aber dann beim zweiten, dritten, war es selbst begriffsstutzigen Leuten wir mir dann klar. Ich hatte aber zu dem Zeitpunkt, es war nämlich spät am Abend, schon etwas getrunken. Deshalb hat’s ein bisschen länger gedauert.""

    Armin Falk hat eines jener Stipendien für exzellente Nachwuchsforscher gewonnen, die der Europäische Forschungsrat dieses Jahr erstmals vergibt. 9167 Forscher haben sich im Frühjahr 2007 um Gelder aus dem neuen Brüsseler Fördertopf beworben. Die notwendigen Voraussetzungen dafür waren wissenschaftliche Exzellenz und relative Jugend: Die Promotion durfte nicht mehr als neun Jahre zurück liegen. Ein Kriterium, das der auf empirische Wirtschaftsforschung spezialisierte Armin Falk, gerade noch erfüllt hat. Gemeinsam mit rund 300 weiteren Nachwuchstalenten darf er sich jetzt fünf Jahre lang über Geld aus Brüssel freuen. Über eine Million Euro sollen die Geförderten im Mittel jeweils bekommen. Die genaue Summe, kennt man in Bonn noch nicht. Ein Fünkchen Unsicherheit bleibt also. Armin Falk ist trotzdem guter Hoffnung. Das Geld aus Brüssel werde seine Arbeit vermutlich dramatisch verändern, sagt er.

    "”Der Charme dieses ERC-Projektes war: Es ist relativ unbürokratisch und es erlaubt auch dem Antragsteller ein sehr großes Maß an Freiheit. Man kann sich eine Forschergruppe zusammenstellen, man kann für sich selber auch Entlastung in der Lehre kaufen. Das sind Möglichkeiten, die Sie mit vielen anderen Programmen so gar nicht haben. Das macht den Charme aus. Und das ist auch eine besonders interessante Angelegenheit, gerade für Leute, die administrativ doch schon ziemlich eingebunden sind.""

    Einen Teil des Geldes will Armin Falk verwenden, um jemanden einzustellen, der seine Vorlesungen und Seminare übernimmt. Den gewonnenen Freiraum möchte er nutzen, um seine Forschung schneller voran zu treiben. Sein Interesse gilt der Schnittstelle von Wirtschaft und Gesellschaft und er gilt als angesehener Experte auf dem Gebiet. In dem vom ERC geförderten Projekt will er untersuchen, wie soziale Vorlieben das ökonomische Verhalten beeinflussen. Sind Frauen risikobereiter als Männer? Legen Briten, Franzosen und Portugiesen unterschiedlichen Wert auf Fairness und Vertrauen? Und wenn ja, wie äußert sich das im Alltag? Wichtige Fragen, für deren Beantwortung den Ökonomen empirische Daten fehlen. Armin Falk will das mit einer Kombination aus Befragungen und Experimenten ändern – und überzeugte damit die hochkarätig besetzte Jury beim Schaulaufen der 500 besten Bewerber in Brüssel. Falk:
    "”In dem Panel war es wirklich beeindruckend, wer da saß. Und es hat Spaß gemacht. Ich hatte das Gefühl, das ist eine extrem kompetente Gruppe, die wirklich an der wissenschaftlichen Forschung interessiert sind. Es ging nicht um Proporz, es ging nicht darum aus welchem Land kommt der. Es ging nicht darum, ob mir das jetzt irgendwie spezifisch gefällt, sondern es wurde nach objektiven Kriterien – so weit es überhaupt möglich ist – nach Forschungsqualität gefragt. Und das hat mich sehr für dieses Programm auch eingenommen.""

    In dem Gutachter-Gremium habe das Who-is-Who der europäischen Ökonomen gesessen, sagt Armin Falk: Auf soviel geballte Fachkompetenz trifft man bei deutschen Forschungsförderern nicht immer. Das auf wissenschaftliche Exzellenz getrimmte Auswahlverfahren des europäischen Forschungsrates setzt also zumindest in manchen Forschungsbereichen neue Maßstäbe. Maßstäbe an denen sich künftig messen lassen muss, wer zur internationalen Spitze gehören will. Dass Deutschland mit insgesamt 40 erfolgreichen Anträgen die Nationenwertung anführt, könne da leider nur vordergründig als positives Signal gewertet werden, warnt Armin Falk.

    "”Wenn man das aber bezieht auf die Größe von Deutschland oder das Sozialprodukt oder die Anzahl der Akademiker in Deutschland und das vergleicht mit anderen Ländern, sieht man, dass Deutschland einen ganz schlechten Platz erreicht hat. Also wirklich im hintersten Bereich der Verteilung. Andere Länder, wie die Schweiz beispielsweise, stehen viel besser da. Wenn man mal davon ausgeht, dass das ein kompetitiver Prozess war und dass die Qualitätskriterien wirklich ausschlaggebend waren, dann ist es in der Tat für Deutschland eigentlich kein gutes Ergebnis. Das muss man leider sagen.""