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Geliebte Minze

Minthe war die Geliebte von Pluto, dem Gott der Unterwelt. Als seine Frau das Verhältnis bemerkte und eifersüchtig wurde, verwandelte Pluto seine Geliebte Minthe der Sage nach kurzerhand in eine duftende Pflanze: die Minze. Tatsache ist: Schon seit Ewigkeiten nutzen die Menschen die Minze zum Aromatisieren von Speisen und Getränken und auch zum Heilen. Und weil jetzt im August Erntezeit ist, ist die Minze das Thema in unserer monatlichen Reihe "Frisch vom Markt".

Von Susanne Kuhlmann |
    Spezialisten für das Verarbeiten von Pfefferminze sind die Engländer. Von dünnen, mit Minzcreme gefüllten Schokoladentäfelchen, über Minzeis bis Minzsoße zu Lamm und Geflügel - dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt. Aus England stammt auch die erste botanische Beschreibung der Pfefferminze. Anfang des 18. Jahrhunderts war das. Pfefferminze ist ein Bastard, eine Mischung aus einheimischer Wasserminze und grüner Minze aus dem Mittelmeergebiet. Andere Arten kommen fast auf der ganzen Welt vor, über sechshundert sollen es sein. Ein paar davon wachsen im Kräutergarten des Kochs Jean-Marie Dumaine, rund um die Terrasse seines Restaurants in Sinzig am Rhein:

    " Diese ist unheimlich intensiv. Ich würde sagen, das ist die intensivste Minze, die ich in meinem Garten habe. Aber die sieht nicht wie eine Minze aus, mehr wie Dost oder Oregano, leicht behaart, etwas wollig und kürzere Blätter. Die Minze hat immer so längliche grüne Blätter mit grünem oder rötlichem Stiel. Diese, wenn man die nicht riechen würde, würde man denken: Das ist Oregano oder Majoran.
    Diese Minze sieht schon mehr wie eine Zierpflanze aus und hat ziemlich große Blätter, ein bisschen gelblich. Wenn Sie die duften - die riecht nach Ananas. Ananasminze."

    Andere Arten erinnern an Orangen, Zitronen oder Basilikum. Das sind aber die Ausnahmen. Die meisten Minzen duften deutlich nach Menthol. Das ist der Hauptbestandteil im ätherischen Öl der Pflanze. Daher kommt der leicht kühlende und zugleich ein wenig pfeffrige Eindruck.

    Der Mentholgehalt variiert von Art zu Art, aber auch je nach Saison. Gabriele Kaufmann, Ernährungswissenschaftlerin beim aid Infodienst in Bonn:

    " Das Menthol in den Minzearten wird verstärkt bei Sonneneinstrahlung gebildet. Wenn man darauf Wert legt oder in der industriellen Verarbeitung werden die Minzearten zu einem Zeitpunkt geerntet, wo möglichst viel Sonne geschienen hat und die Blütezeit gerade noch bevorsteht oder direkt eingesetzt hat."

    Vor Jahrtausenden haben schon Ägypter, Griechen und Römer mit Minze gekocht. Nicht nur, weil's gut schmeckt. Gabriele Kaufmann, Ernährungswissenschaftlerin vom aid Infodienst in Bonn:

    " Die positive Wirkung der Pfefferminze macht man sich zunutze zum Beispiel bei Magen-Darm-Erkrankungen oder Unwohlsein, Reisekrankheiten. Dagegen hilft in der Regel das klassische Rezept: ein Tee mit frisch aufgebrühten Blättern. Die können getrocknet sein, die können frisch gepflückt sein. Dann sollte man sie etwas anstoßen, damit die kleinen Kapseln mit den ätherischen Ölen auch zur Geltung kommen, und es sollte möglichst frisch verzehrt werden, weil ätherische Öle die Eigenschaft haben, stark flüchtig zu sein. Da ist die frische Zubereitung ein ganz klares Argument für die Wirkung, die einsetzen soll."

    Pfefferminze hat eine lange Geschichte als Heilkraut und zwar in vielen Kulturen:

    " Es hilft gegen Blähungen, krampfartige Schmerzen im Magen-Darm-Bereich, regt auch die Gallensekretion an. Zum Beispiel in arabischen Ländern ist der Pfefferminztee auch Nationalgetränk, und das auch nicht ohne Grund, sondern der wirkt auch verdauungsfördernd und verdauungsanregend."

    Pfefferminztee schmeckt prima, findet Jean-Marie Dumaine. Aber als Koch, der Kräuter liebt, fällt ihm noch eine Menge mehr ein:

    " Wenn Sie viel Minze haben: Sie zupfen die, wenn sie noch zart und jung ist, und Sie kochen die in Salzwasser oder dünsten die in Olivenöl, wie Spinat. Und dann servieren Sie das als Gemüse. Sogar mit Spiegeleiern - probieren Sie mal."

    Botanisch gesehen gehört Minze zur Familie der Lippenblütler. Wo die eine Art sich bewährt hat, passt auch die andere:

    " Praktisch können Sie alle Rezepte, wo Sie Thymian benutzen oder Rosmarin oder Salbei - das sind alles Lippenblütler. Sie können Minze dafür nehmen. Das ist immer sehr interessant vom Effekt und überraschend."

    Ungefähr Mitte August fängt die Pfefferminze an zu blühen. Das ist der richtige Zeitpunkt, um sich einen Wintervorrat anzulegen:

    " In der Blüte der Pflanze sind noch zusätzlich Geschmack und Öle, die sehr wichtig sind. Ab Mitte August, würde ich sagen, dann sind die schon erwachsen und auf dem Höhepunkt im Geschmack. Dann würde ich die Minze mit Stängel ernten; abwaschen, wenn sie staubig ist, trocken schleudern und auseinander legen, dass die gut belüftet ist. Nach zwei, drei Tagen ist sie schon brüchig. Dann können Sie die in Tüten verwahren."

    Hat man den richtigen Zeitpunkt verpasst - kein Problem. Jean-Marie Dumaine hat auch dafür ein Rezept parat:

    " In den Fällen, wenn sie überblüht ist, kann man sie schneiden, trocknen und natürlich für Tee nehmen oder in Fonds. Und dann mache ich trockene Heubetten. Zum Beispiel legen Sie in einen Römertopf ein trockenes Minzbett, und dann garen Sie ein Stück Fleisch darauf. Die Minze ist nicht mehr zum Verzehren, die ist zum Aromatisieren, um dem Fleisch einen Duftstoff zu geben, im geschlossenen Raum. Das heißt, im geschlossenen Römertopf."