Dienstag, 16. April 2024

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Gelöschte Antiquitätenauktionen
Umgingen bayerische Behörden das Kulturgutschutzgesetz?

Der bayerische Staat hat eine für September angekündigte Auktion in München abgesagt. Nach Recherchen des Deutschlandfunks waren mehrere Länder, aus denen die Gegenstände stammen, im Vorfeld nicht über die Verkaufsaktionen informiert worden. Es geht um Hunderte wertvoller antiker Kulturgüter.

Von Stefan Koldehoff | 09.10.2018
    Zu den Stücken, die zum Teil zu Schleuderpreisen angeboten wurden, zählten eine präkolumbische Bronzemaske aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends nach Christus aus Peru, eine bemalte altägyptische Mumienmaske, ein etruskischer Spiegel mit Gravur aus der Zeit um 400 bis 300 vor Christus, ein Konvolut prähistorischer Kleinwerkzeuge aus Knochen - dazu unzählige präkolumbische Terrakottafiguren, Gefäße und Silbernadeln aus der Andenregion und aus Mexiko, Sicheln aus der Bronzezeit, altägyptische Figurinen, byzantinische Schälchen.
    Auf dem internationalen Kunstmarkt werden für solche antiken Objekte hohe Summen gezahlt, denn das Angebot ist in den vergangenen Jahren knapp geworden: Viele Staaten mit antiken Kulturen haben für Kulturgüter generelle Ausfuhrverbote erlassen. Gehandelt werden kann nur noch, wofür offizielle staatliche Ausfuhrgenehmigungen vorliegen - und die werden so gut wie nicht mehr ausgestellt.
    Verdacht auf Beute aus illegalen Raubgrabungen
    Für das, was ohne entsprechende Papiere am Markt auftaucht, erheben die Herkunftsstaaten in der Regel eigene Besitzansprüche: Der Verdacht, dass es sich um Beute aus illegalen Raubgrabungen handelt, liegt dann nahe. Sie können deshalb auch nicht in einschlägigen Datenbanken gelistet werden, auf die die bayerischen Behörden verweisen.
    Sollte in den Finanzamtsauktionen Raubkunst enthalten sein, dürften allerdings die Erwerber ihre in München gekauften Stücke nach dem deutschen Kulturgutschutzgesetz unter Umständen nicht exportieren. Die inzwischen gelöschten Versteigerungswebsites des Finanzamtes enthielten keinen Hinweis darauf.
    "Das so etwas eine Behörde macht, wundert uns sehr"
    Offiziell will das zuständige bayerische Landesamt für Steuern aus Datenschutzgründen nicht bekannt geben, woher die Kulturgüter stammen. Nach Informationen des Deutschlandfunks wurden sie 1997/98 bei einem in Bayern lebenden Antiquitätenhändler beschlagnahmt. Seitdem waren sie erst im Bayerischen Nationalmuseum und dann in Räumen des Landeskriminalamtes aufbewahrt worden. Einige der beschlagnahmten Gegenstände, wertvolle Mosaike, wurden 2013 an Zypern zurückgegeben.
    "Wir sind nicht informiert worden", erklärt ein Sprecher der ägyptischen Botschaft in Berlin dem Deutschlandfunk nach Rücksprache mit dem Kulturministerium in Kairo. "Die ägyptische Botschaft vermutet, dass in München Werke versteigert wurden, die gestohlen wurden und Ägypten gehören. Wir haben keine Genehmigung erteilt. Das so etwas eine Behörde macht, wundert uns sehr."