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Gemeinsam sind sie stark

BMW in Leipzig, VW in Dresden und Zwickau, Opel in Eisenach - für sich betrachtet sind die großen Automobilwerke in den neuen Ländern nur einzelne Leuchttürme in einer wirtschaftlich schwachen Region. Um eine komplette Industrie rund um das Automobil aufzubauen, mühen sich Politik und Zulieferer um die Schaffung von Netzwerken.

Von Matthias Rumpf |
    Das BMW-Werk in Leipzig. Es ist ein imposanter Eindruck, der einen empfängt, wenn man das Werksgebäude durch den Haupteingang betritt. Eine große Halle ruht auf schrägen, mächtigen Trägern aus nacktem Beton. Wer am massigen Empfangstresen vorbei durch die Einlassschleuse tritt, sieht auf einem Zwischengeschoss die erste Ebene mit Arbeitsplätzen. Versetzt sind weitere Büroflächen angeordnet und darüber, an der Decke aufgehängt, laufen auf in Stahl gefassten Förderbändern rohe Autokarossen vorbei – abwechselnd in rotes und blaues Neonlicht getaucht. Auf einem Treppenabsatz mit Blick über die gesamte Halle erklärt der Werksprecher Michael Janßen das ungewöhnliche Baukonzept.

    "Ja hier im Zentralgebäude befinden sich die Verwaltungs- und Unterstützungsfunktionen des Werkes. Und dieses Zentralgebäude ist das Nervenzentrum des Werkes. Von hier gehen alle Informationen aus, hier strömen sowohl die Personen als auch die Materialflüsse durch, und dieses Gebäude ist ganz bewusst sehr offen und transparent angelegt, um eben Kommunikation und Begegnung zu erleichtern. Hier sieht man, wer gerade am Arbeitsplatz ist, hier kann man einfach unkomplizierter aufeinander zugehen. Dazu gehört auch, dass alle Mitarbeiter im Zentralgebäude immer die laufende Produktion vor Augen haben. Die Karosserien werden auf dem Weg zwischen Karosseriebau, Lackiererei und Montage sichtbar transportiert, damit eben auch die Menschen hier in den Verwaltungsbereichen immer sehen ob es läuft, wie es läuft und dass eben das Autobauen hier im Zentrum steht."

    4000 Menschen arbeiten in dieser funktionellen Kathedrale des Automobils. Seit März vergangen Jahres wird hier der Mittelklassewagen der 3er Serie zusammengebaut. 400 Fahrzeuge laufen derzeit täglich vom Band. Wenn das Werk seine Nennleistung erreicht, sollen es über 600 sein. Die Zahl der Beschäftigten wird dann auf 5500 steigen. Es ist das neuste und modernste Werk des Münchner Automobilkonzerns und mit 1,3 Milliarden Euro die größte Einzelinvestition in der Stadt Leipzig.

    Als BMW sich Mitte 2000 entschlossen hatte, seine Kapazitäten in Europa zu erweitern und ein neues Werk zu bauen, erhielt das Unternehmen mehr als 200 Angebote für eine Ansiedlung. In der Endausscheidung setzte sich Leipzig schließlich gegen vier Mitbewerber durch. Glaubt man dem Leipziger Wirtschaftsdezernenten Detlef Schubert, dann ist die Wahl fast zwangsläufig auf die sächsische Metropole gefallen. Ein Ölgemälde in seinem geräumigen Büro gilt ihm dafür als Beweis.

    "Das Bild, das hinter meinem Schreibtisch hängt, zeigt das greenfield BMW, das heißt das Feld, wo BMW seine Investition nachher umgesetzt hat. Wichtig an dem Bild ist, das haben wir schon gemacht, ohne dass BMW wusste, was es überhaupt wollte. Das haben wir beim ersten Besuch von BMW-Mitarbeitern, die in ganz Deutschland im Grund screening machten, hatten wir das auf den Tisch gelegt. Und, da sind wir besonders Stolz drauf, wenn Sie das heutige Werk sehen, unterscheidet es sich kaum von dem, was wir damals in der Fantasie niedergelegt haben."

    In der Tat scheint es in Sachsen und Thüringen so etwas wie natürliche Anziehungskräfte für die Automobilindustrie zu geben. In Leipzig lässt Porsche nicht weit vom BMW-Werk seinen Geländewagen bauen. VW fertigt in Dresden die Nobelkarosse Phaeton und unterhält ein großes Werk in Zwickau. Und Opel hat in Eisenach ebenfalls eine moderne Fabrik gebaut.

    Die Region hat sich in den vergangen Jahren zum gefragten Standort für die Automobilproduktion entwickelt, weil sie Vorteile gegenüber dem Westen der Republik hat. Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule Gelsenkirchen:

    "Ostdeutschland unterscheidet sich von Westdeutschland dadurch, dass da Bedingungen, die Kostenbedingungen viel besser sind. Das liegt an der 40-Stunden-W0oche oder 38-Stunden-Woche, das liegt an anderen Lohnformen, die man hier hat, das liegt an mehr Flexibilität, die man hier hat."

    Niedrige Löhne und die flexiblen Arbeitszeiten allein können jedoch kaum die Attraktivität des Standortes erklären. Denn noch billiger als in Sachsen und Thüringen ließe es sich in Polen, Tschechien, Ungarn oder der Slowakei produzieren. Auch dort sind in den vergangenen Jahren zahlreiche Werke der großen Hersteller entstanden. Doch bei vielen Standortentscheidungen konnte sich eben der Süden der neuen Länder durchsetzen. Joachim Ragnitz vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle.

    "Automobilindustrie ist ein Wirtschaftszweig, der sehr stark auf eine internationale Arbeitsteilung setzt. Das heißt, bestimmte lohnkostenintensive Teile der Wertschöpfungskette, die sind dann eben in den mittel- und osteuropäischen Standorten angesiedelt, andere Produktionsstufen, die dann stärker auf Qualität ausgerichtet sind, auf Entwicklung oder ähnlichem, die sind dann tendenziell eher in Deutschland angesiedelt. Das heißt, es gibt Zulieferbeziehungen zu lohnkostengünstigen Standorten in Mittelosteuropa, und die sind einfach von Leipzig, vom Vogtland aus besser zu erreichen als es von Schwerin der Fall gewesen ist. Ich denke die Infrastruktur und das Fachkräftepotenzial, das sind die beiden entscheidenden Voraussetzungen gewesen, dass sich die Automobilindustrie vor allem im Süden jetzt ballt."

    Geschultes Personal, gute Straßen und akzeptable Löhne, das scheinen derzeit die Erfolgsfaktoren für den Autostandort Ostdeutschland – und eine gehörige Portion an staatlicher Förderung. Allein BMW kassierte für seine Fabrik 360 Millionen Euro an Subventionen. Pro Arbeitsplatz, der bei BMW direkt entstehen soll, sind das immerhin 150.000 Euro. Viel Geld, doch für Joachim Ragnitz vom Wirtschaftsforschungsinstitut in Halle ist es vergleichsweise gut angelegt.

    "Im Mittelpunkt dieser Automobilindustrie steht zumeist das Endmontagewerk und die Zulieferer, die siedeln sich dann zwangsläufig in der Nähe an, um auf diese Weise eine kostengünstige Zulieferung eben zu ermöglichen. Es gibt Ausnahmen, wo Teile in Spanien gebaut und nach Eisenach geliefert werden. Tatsächlich ist es so, wenn erst einmal dieses Kernunternehmen da ist, dann siedeln sich typischerweise die Zulieferer in der nähren Umgebung dann auch irgendwo an."

    Es sind diese Folgeinvestitionen, durch die sich die Förderung für die Ansiedlung von Großbetrieben schließlich rechnet. Und in dieser Hinsicht gelten Automobilunternehmen als besonders attraktiv. Denn die Autobauer lassen sich mittlerweile das Meiste, was ein Auto, ausmacht zuliefern.

    Gerade einmal 30 Prozent des Fahrzeugwerts gehen noch auf das Konto der Hersteller. Den Rest steuern die Zulieferer bei. Es ist ein Geflecht von Unternehmen, das heute Autos produziert. Man ist aufeinander angewiesen, auch wenn die Beziehungen zwischen Hersteller und Zulieferer nicht immer einfach sind. Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer:

    "Automobilhersteller und Zulieferer haben in der Regel immer ein gewisses Spannungsverhältnis, denn die Zulieferer machen ja den größten Kostenblock in der Fahrzeugproduktion aus. Und von daher ringt man und kämpft immer auf der einen Seite um günstige Kosten. Und auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass jeder Automobilhersteller, insbesondere die BMWs dieser Welt, von Innovationen leben, und die kommen von den Zulieferern. Das heißt, man hat da ein sehr inniges Verhältnis, dass man gemeinsam das Thema Automobil weiterentwickelt."

    Auch im BMW-Werk in Leipzig kann man diese enge Kooperation mit den Zulieferern beobachten. Vier Unternehmen haben sich direkt auf dem Werksgelände eingemietet und liefern direkt in die Endmontage Sitze, das komplette Cockpit und die Achsen. Unternehmen aus Ostdeutschland sind nicht dabei. Überhaupt spielen sie als Lieferanten für die Fahrzeugteile kaum eine Rolle. Von den rund 500 Zulieferern für das BMW-Werk Leipzig sind gerade einmal 20 aus der Region.

    Dabei gäbe es eine ganze Reihe potenzieller Partner. In Thüringen und Sachsen wimmelt es von Unternehmen aus der Elektronik oder Metallverarbeitung, die als Zulieferer in Betracht kämen. Doch die Zusammenarbeit ist bisher wenig ausgeprägt. Den Unternehmen vor Ort fehlt vielfach schlicht das Wissen darüber, wie man mit den Großen der Branche ins Geschäft kommt. Deshalb ist es wichtig, so Peter Claussen, Leiter des BMW-Werks in Leipzig,

    "zu vermitteln, wie in der Automobilindustrie, die ja nur sehr wenige Endkunden hat – zurzeit sind es so 15 selbstständige Unternehmen, die in der Automobilbranche agieren. Also gibt es auch nur 15 Kunden. Das ist eine ganz spezifische Situation, die in wenigen Branchen so wiederzufinden ist. Und diese Branche hat sehr dezidierte, ziemlich einheitliche Spielregeln. Will sagen, es gibt relativ klare Abläufe und Andockpunkte für Unternehmen und Institutionen, die mit der Branche ins Geschäft kommen wollen."

    Vom BMW-Werk einmal quer die Stadt in den Süden von Leipzig. Wir sind auf einem kleinen Gewerbehof an der Ausfallstraße. In den etwas heruntergekommen Werkshallen werden Metallteile am computergesteuerten Drehbänken gefräst und auf massive Gussblöcke gesetzt. Immer wieder dringt das Hämmern der Blechpresse durch die Halle. Der Juniorchef Peter Röhrich führt durch den Betrieb.

    "Die Firma Röhrich Werkzeugtechnik ist ein Werkzeugbau für blechumformende Werkzeuge, ansässig in Leipzig. Wir beschäftigen 100 Mitarbeiter und liefern zu 90 Prozent die Werkzeuge an den Automobilbau. Das sind Werkzeuge für Strukturteile. Das heißt alles Blechteile, die man unter der Außenhaut verdeckt zur Stabilisierung der Fahrzeugkarosse benötigt. Und wir stellen dabei her Platineschneidwerkzeuge, Folgeverbundwerkzeuge und Transferwerkzeuge."

    Die Presswerkzeuge formen aus einer Rolle Blech Verstrebungen, Fensterelemente oder den Einfüllstutzen für den Benzintank. Bis zu 20 Mal muss die Presse niedergehen, ehe Stück um Stück aus dem Blech das Karosserieteil gestanzt und gebogen ist. Am Ende muss das Teil auf den zehntel Millimeter genau passen, damit die Schweißautomaten im Autowerk es mit 600 anderen geformten Blechen zu einer Karosserie zusammenfügen können. Auch wenn in jedem Werkzeug hohe Ingenieurkunst steckt, im Produktionsverbund Automobil spielen diese Teile nur eine untergeordnete Rolle. So ist Peter Röhrich klar,...

    "...dass wir ganz sicher nie ein Serienlieferant werden können, sondern dass wir nur als Dienstleister tätig werden können und dass wir da im Einzelnen mal bestimmte Dinge anbieten können."

    Ein Auftrag hier, ein Auftrag da, immer dann wenn es schnell gehen muss oder die Aufgabe zu knifflig ist für die Standardlieferanten. Die sitzen in Fernost und produzieren die Werkzeuge von der Stange viel billiger als der Sachse. Deshalb hat sich die Firma Röhrich entschlossen, gemeinsam mit anderen Unternehmen komplexere Produkte anzubieten.

    "Wir haben uns im Automobilzulieferernetzwerk Leipzig zusammengeschlossen. Das Netzwerk gibt es seit etwa vier Jahren. Der Hintergrund dieses Netzwerkes war es, dass kleinere Unternehmen, wie wir es sind und andere Unternehmen aus dem Raum Leipzig die Möglichkeit haben, als Zulieferer für die Automobilhersteller insbesondere im Raum Leipzig BMW und Porsche tätig werden zu können. Hierbei haben sich etwa 20 Unternehmen zusammengeschlossen. Alles kleinere Unternehmen unterschiedlichst ausgerichtet und man im Grunde das Ziel verfolgt, sich mit dem Know how der einzelnen Firmen befruchten können und Angebote abzugeben, die über das Know how der einzelnen Firmen hinausgehen."

    Erste Erfolge kann das Netzwerk bereits vorweisen – auch bei BMW in Leipzig.

    "Wir haben konkret mal ein Schweißzellenangebot erarbeitet, wo praktisch Elektronik gefordert war, wo Pneumatik gefordert war, wo mechanische Bearbeitung und Vorrichtungen und Schweißkonstruktionen gefordert waren. Für uns war die Mechanik überhaupt kein Problem, aber Elektronik ist in unserem Unternehmen nicht zu Hause. Das mussten wir praktisch mit einem Anbieter aus dem Netzwerk zusammen erarbeiten. Das hatten wir dann auch gemeinsam getan. Da haben wir dann auch einen Auftrag erhalten."

    Die Kenntnisse bündeln und mit Paketangeboten an die großen Werke herantreten, das ist offenbar eine Strategie, die funktioniert. Für den BWM-Werkschef wäre ein längerer Zeithorizont nötig, damit eine intensive Zusammenarbeit wirklich möglich würde. Peter Claussen:

    "Die Entscheidungen für den Aufbau von Lieferbeziehungen fallen im Entwicklungsablauf eines Produkts, also schon beginnend bis zu sechs Jahre, bevor das Fahrzeug auf den Markt kommt. Und entsprechend müssen die Zulieferer das Angebot machen, in dieser Phase präsent sein mit ihren Ideen."

    Außerdem müssen die Unternehmen erkennen, wo ihr Platz in der Lieferkette der Autoindustrie ist. Denn nicht jeder muss direkt mit dem Endmontagewerk zusammenarbeiten. Wer wo hinpasst, auch bei dieser Frage will Claussen den Unternehmen in Ostdeutschland Hilfestellung leisten. Dabei hat er nicht nur die Region Leipzig vor Augen. In ganz Ostdeutschland muss, so sein Credo, die Kooperation der Zulieferer gefördert werden.

    "Wir haben im ersten Schritt mal mit den verschiedenen Herstellern versucht, die Branchenspielregeln transparent zu machen, niederzuschreiben. Wir haben daraus auch ein Verfahren zur Selbstbewertung von Unternehmen und Unternehmern entwickelt, wo man einen Leitfaden angeboten bekommt, um herauszufinden, wo man sich eigentlich einsortieren muss. Also ist man von den Kompetenzprofilen in der Lage, als Lieferant von Modulen und Systemen aufzutreten oder als Lieferant von Einzelteilen weiter unten in der Lieferhierarchie."

    Am Ende stünde dann ein Netzwerk, von dem alle Beteiligten profitieren: die Hersteller, weil sie innovative Produkte bekommen, die Zulieferer, weil sie an diesen Produkten besser verdienen und damit wachsen können, und die Region, weil sie so ein attraktiver Standort für andere Unternehmen wird, die sich an diesem Innovationsprozess beteiligen wollen. Ein solcher Cluster, in dem Innovation Wachstum und Beschäftigung schafft ist es auch, was Detlef Schubert von der Stadt Leipzig vorschwebt. Die Voraussetzungen dafür sieht er rund um Leipzig gegeben, auch wenn die Region noch eine gute Wegstrecke vor sich hat.

    "Wir sind am Anfang, genau um ein solches Technologiezentrum in diesem Bereich zu werden. Ich glaube auch, wir schaffen das. Wir haben gute technische Universitäten in Dresden und Chemnitz, in Leipzig Fachhochschulen und diese Vernetzung dieser Institutionen. Und ich denke immer, wenn ich an so etwas denke, das hört nicht an den Stadtgrenzen auf. Dann sind wir da auf einem guten Weg. Was man nicht erwarten kann, dass das in zwei Jahren geschieht. Man muss das in 15 Jahren betrachten, und da sind wir bei den 15 Jahren in den ersten 3 Jahren."

    Allerdings, so wie der Dezernent BMW nach Leipzig geholt hat, auf diesem Weg wird ein Innovationscluster nicht entstehen. Davon jedenfalls ist Joachim Ragnitz vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle überzeugt.

    "Wenn man hier sagt, wir setzen viel Geld daran, diese Cluster wirklich aufzubauen und fördern das mit erheblichen öffentlichen Mitteln, ist das eine zweischneidige Sache. Wenn solche Clusterstrukuren, solche Netzwerkstrukturen lebensfähig sein sollen, auch dauerhaft lebensfähig sein sollen, müsste die Initiative eigentlich von den Unternehmen ausgehen. Wenn man versucht, das durch Politik aufzupropfen, dann besteht die Gefahr, dass das irgendwann wieder verschwindet."

    Doch gibt es dann überhaupt eine Rolle für den Staat, wenn es darum geht, dass ein Zusammenspiel von Forschungsinstitutionen, Zuliefern und Autoherstellern entsteht, das Innovationen fördert und ein dynamisches Wachstum ermöglicht? BMW-Werksleiter Claussen sieht den Staat in der Pflicht.

    "Das ist ja eine Frage, wie man wirtschaftspolitisch agiert. Das ist ja ein wirtschaftspolitisches Thema ersten Ranges. Und wir sehen aus den Benchmark-Vergleichen von erfolgreichen Regionen dieser Welt, dass solche Prozesse von der Wirtschaftspolitik und den staatlichen Institutionen angestoßen und getragen werden. Bis zu einem bestimmten Entwicklungsstand, das die Eigendynamik ausreichend groß ist, dass der Aufschwung sich selber trägt."

    Noch haben er und seine Kollegen diese Verknüpfungsarbeit in die Hand genommen. Sie haben mittlerweile einen Verein gegründet - den "Automotive Cluster Ostdeutschland". Dafür will Claussen nun den Staat in Anspruch nehmen. Die Bundesländer sollen den Aufbau finanzieren oder die Strukturen in Eigenregie schaffen. Auch der Wirtschaftswissenschaftler kann sich mit dieser Form der Förderung anfreunden. Joachim Ragnitz:

    "Wenn solche Netzwerke entstehen sollen, braucht es jemanden, der damit anfängt. Und das Netzwerk kommt allen zugute, aber die Kosten so etwas zu etablieren, trägt zunächst einmal derjenige, der den ersten Schritt macht. Wenn diese Kosten zu hoch sind, gibt es eben keine Leute, die sich bemühen, permanent den Kontakt aufrecht zu halten, Informationen bereitzustellen, da kann ich eine Anschubfinanzierung geben, indem man sagt, wir finanzieren für eine Zeit ein Koordinationsbüro."
    Ob ein solches Netzwerk schließlich funktioniert und das erhoffte Wachstum in die Region bringt, ist keineswegs sicher. Finden die Unternehmen allerdings zusammen, dann würde es auch einem Hersteller wie BMW schwer fallen, sich aus der Region wieder zurückzuziehen.

    "Meine Erlebnisse quer durch Ostdeutschland bestätigen immer wieder, dass hier ein Potenzial schlummert von dem man nur mit Tränen sehen kann, dass es nicht genutzt wird."