Die Ausdehnung zur See hinaus als auch zur Landseite hin ist immer sehr variabel. Das hängt davon ab, welches Thema ich bearbeite. Bei der Schifffahrt und deren Folgen muss ich zum Beispiel sehr, sehr weit in den seeseitigen Bereich hinausgehen. Wenn ich beispielsweise die Nährstoffbelastung im küstennahen Raum betrachten will, dann muss ich mir schon Gedanken machen, wo diese Nährstoffe her kommen, und dann komme ich nicht umhin, Flusseinzugsgebiete zu betrachten. Was wiederum heißt, dass ich manchmal mehrere Zehnerkilometer rein ins Land gehen muss, um den Einfluss der Landwirtschaft, privater Haushalte oder der Industrie überhaupt erkennen und entsprechend beurteilen zu können.
Schon längst werden Festlandsbereiche einer genauen Raumplanung unterzogen. In Schleswig-Holstein beschränkt sich die Überplanung der insgesamt 1200 km langen Küste an Nord- und Ostsee überwiegend auf den Küstenschutz und den Erhalt der Deiche. Der neue Generalplan Küstenschutz basiert auf einem Konsens von Küstenschutz und Naturschutz bei der Erhaltung des Vorlandes vor den Deichen. Konflikte werden dadurch ausgeräumt, dass man flexibel auf Anforderungen vor Ort reagieren kann. In anderen Bereichen fühlen sich Beteiligte wie die Krabbenfischer ausgegrenzt, Naturschützer erleben oft, dass sie die Wirtschaft gegen sich haben. Jeder plant in seinem Bereich. Integriertes Küstenzonenmanagement baut auf wichtigen Prinzipien auf. Zunächst heißt das Stichwort Partizipation. Alle, die es angeht, sollen bei Fragen im Küstenraum beteiligt werden. Ein anderes wichtiges Prinzip ist - so Achim Daschkeit - die Integration:
Das Integrationsprinzip bedeutet zum einen eine horizontale Integration der Verwaltungs- und Politikbereiche. Das Integrationsprinzip lässt sich aber auch vertikal ausdifferenzieren. D.h. vertikale Integration über verschiedene Ebene, Bundesebene, Bundesländer, Regionen und Kommunen usw. Alle diese Ebenen in Einklang zu bringen ist schwierig und dauert sehr lange, aber es ist notwendig, um die verschiedenen Ansprüche unter einen Hut zu bringen.
Das Beispiel der Pallas-Havarie hat gezeigt, dass verschiedene Stellen und Zuständigkeitsbereiche regelrecht aneinander vorbei gearbeitet haben. Aber es wurde auch deutlich, dass die Bundesrepublik als Ganzes sich nur am Rande als Meeres- und Küstennation versteht. Darum fehlen entsprechende Organisationen und Stellen, die von Berlin aus die Küstenregionen zu ihrem Anliegen machen, und es nicht nur Schleswig-Holstein, Niedersachsen, oder Mecklenburg-Vorpommern überlassen. Auch da denkt die EU anders. Sie, die sich längst um alle Interessen der Küste wie Windkraft, Fischerei, Landwirtschaft und Wasserwirtschaft kümmert, möchte gerade in den Regionen vor Ort das Integrierte Küstenzonenmanagement fördern. Achim Daschkeit nennt den Grund:
Weil in den Regionen, so hat man erkannt, am meisten passiert. Dort werden die meisten Innovationen getätigt. Das ist eine Ebene, die noch überschaubar ist. Es lässt sich ganz gut auch für die Bürger nachvollziehen, was da in der Region passiert. Man versucht es über finanzielle Anreizprogramme in den Regionen zu verankern.
Wenn man sich auf eine nachhaltige Entwicklung einigt, dann sind auch neue Nutzungen wie Offshore-Windkraftanlagen oder andere Fischfanggebiete durchaus möglich. Der Tourismus findet neue Möglichkeiten dort, wo nicht mehr nur aus seiner Sicht, sondern aus der Gesamtsicht der Küste geplant wird. Achim Daschkeit:
Ich bin gerade kürzlich an der mecklenburgisch-vorpommerschen Küste gewesen und habe mir einen der gut restaurierten Kurorte angesehen. Wenn man da von der Wasserseite kuckt, dann sieht man kaum noch Bebauung, weil alles sehr viel grüner ist und doch etwas anders genutzt wird.