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Gemeinsame Sorge um den Naturschutz

Die Natur kennt keine Landesgrenzen, und so sollte auch beim Umweltschutz grenzüberschreitend zusammengearbeitet werden. Doch bei der Umsetzung dieser Einsicht können neue Schwierigkeiten auftauchen. Auf einer Veranstaltung zum Thema "Grenzüberschreitender Naturschutz" im baden-württembergischen Weil am Rhein haben Initiativen ihre Erfahrungen ausgetauscht.

Von Thomas Wagner |
    " Also wenn Sie jetzt hier zu Fuß fünf Minuten gehen, sind Sie in der Schweiz. Wenn Sie nach Frankreich wollen, haben wir jetzt die neu gebaute Drei-Länder-Brücke. Das heißt: Zu Fuß sind sie in 20 Minuten auch in Frankreich, einfach einmal über den Rhein. Da gibt es auch keinen Zoll und keinen Grenzposten - nichts mehr, "

    so Michael Wilke vom Trinationalen Umweltzentrum im baden-württembergischen Weil am Rhein. Die Nähe zu Frankreich und zur Schweiz bestimmt dort die tägliche Arbeit: 52 Partner aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland finanzieren den Jahresetat von etwa 300 000 Euro - Firmen, Verbände, Kantone, Gemeinden. Und das, was die Mitarbeiter an Projekten auf den Weg bringen, betrifft die Schweiz ebenso wie Deutschland und Frankreich:

    " Im Moment gibt es zwei aktive Projekte: Das ist das Projekt Umweltbildung mit den grünen Klassenzimmern, mit dem Austausch grenz überschreitenden Schulklassen und das Projekt Regio-Bogen, was ganz konkrete Naturschutzaufgaben hat - vom Nistkasten bis zur Gewässerrenaturierung, "

    und zwar über die Grenzen hinweg - ein Musterbeispiel für grenz überschreitenden Naturschutz. Der funktioniert anderswo längst noch nicht so gut. Beispiel: Der so genannte "Inter-Nationalpark Unteres Odertal", der sich mit seinen Schutzflächen von Brandenburg bis weit nach Polen hinein erstreckt. Allerdings, so Thomas Berg vom Nationalparkverein Unteres Odertal:

    " Der staatliche Naturschutz ist eben abhängig von den jeweiligen politischen Verhältnissen, sowohl in Wahrschau als auch in der jeweiligen Wojiwodschaft. Und da gab es Zeiten, in denen Naturschutz eine wichtige Rolle gespielt hat und es gab Zeiten, wo er gar keine Rolle gespielt hat, wo es ganz schwierig ist, klar zu machen: Wenn man internationale Verpflichtungen einhält, wäre es doch nett, man hält sich auch daran. Das ist etwas, was wellenförmig geht: Es ist zwischendurch immer mal schlechter und immer mal besser geworden. "

    Hier müsse, so Thomas Berg, auf politischer Ebene noch einiges getan werden, um ein höheres Maß an Kontinuität in der grenz überschreitenden Naturschutzarbeit zu erreichen. Schwierig dabei: Thomas Berg als Vertreter des nicht-staatlichen Naturschutzes fehlen in der polnischen Nachbarschaft die Ansprechpartner:

    " Also der ehrenamtliche Naturschutz ist eher sehr sparsam auf der polnischen Seite. Also so Strukturen, wie wir sie ganz selbstverständlich kennen, sind dort eher nicht so ausgeprägt oder eher sehr schwach ausgeprägt. Da hat sich nach dem, was ich so erlebe, auch nicht so sehr viel geändert in den letzten Jahren. "

    Was der grenzüberschreitenden Naturschutzarbeit allerdings neuen Schwung verliehen hat, ist die Erweiterung der Europäischen Union. Seit Polen EU-Mitglied ist und die Umwelt-Regeln der EU auch dort gelten, fällt es den deutschen Naturschützern leichter, ihre Anliegen auch im polnischen Grenzgebiet zu vertreten. Thomas Berg:

    " Wenn wir bei Exkursionen mitkriegen: Auf der anderen Seite wird gejagt - das hört man ja - dann kann man das schon auf der anderen Seite signalisieren und anschreiben. Und wenn man reinschreibt: Kopie an die EU-Kommission in Brüssel ist das immer etwas, was die andere Seite in Aufregung versetzt. Spätestens dann wird man sich wieder darum kümmern, dass das abnimmt. Man merkt dann: Dann ist wieder eine Weile Ruhe. "

    Nicht immer leicht fällt die Finanzierung von Naturschutz über Grenzen hinweg: Zwar hat die Europäische Union im Rahmen ihrer Interreg-Programme knapp fünf Milliarden Euro für grenzüberschreitende Projekte bereit gestellt, Naturschutzvorhaben gehören dazu. Doch die Zuschüsse dürfen 50 Prozent der Gesamtkosten nicht überschreiten. Bei der Suche nach anderen Finanzquellen tun sich Naturschutzverbände zuweilen schwer, weil viele Zuschüsse nur national verwendet werden dürfen. So stellt zum Beispiel die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg in diesem Jahr rund drei Millionen Euro bereit. Hauptbedingung, so Stiftungsgeschäftsführer Manfred Fehrenbach aus Stuttgart:

    " Also es ist natürlich wichtig, dass dieses Projekt einen konkreten Bezug zum Land Baden-Württemberg hat. Das zweite ist natürlich für uns immer, inwiefern dieses Projekt Modellcharakter hat: Wird hier etwas neues, etwas zukunftsfähiges realisiert? "

    Grenzüberschreitende Vorhaben sind damit aber immerhin nicht explizit ausgeschlossen. Und so wird denn aus den Stiftungsmitteln deutsch-französischer Umwelt-Unterricht für Schulkinder ebenso finanziert wie die gemeinsame Vermarktung von deutsch-schweizerischen Öko-Lebensmitteln am Bodensee. Allerdings ist der Anteil solcher grenzüberschreitenden Projekte an der Gesamtfördersumme durchaus noch ausbaufähig. Manfred Fehrenbach:

    " Im Moment ist es noch nicht ein sehr großer Betrag, der in solche grenzüberschreitenden Projekte fließt. zehn Prozent, aus der hohlen Hand gesprochen, könnte ich mir vorstellen, dass es sich in diesem Bereich bewegt. "