Archiv


Gen-Wein

Für die einen ist es eine moderne Möglichkeit der Pflanzenzüchtung, für die anderen ein Experiment, das außer Kontrolle geraten kann - der Einsatz der Gentechnik im Bereich Ernährung und Landwirtschaft. Und deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass es Streit gab bei der Herstellung des ersten deutschen Gen-Weins. Im Sommer 1999 war er angepflanzt und vor wenigen Wochen abgefüllt worden - natürlich nur zu Forschungszwecken. Im Handel ist dieser Gen-Wein nicht zu bekommen. Ziel des Projektes war es, wie so oft beim Einsatz der Gentechnik, die Widerstandsfähigkeit der Weinstöcke gegen Schädlinge zu erhöhen.

Von Christoph Kersting |
    Im nordbayerischen Veitshöchheim unweit von Würzburg wurden insgesamt 50 Liter Gen-Riesling abgefüllt, im pfälzischen Siebeldingen vier Liter. Dr. Angelika Schartl von der bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim leitet das fränkische Forschungsprojekt. Die Expertin für Rebenzucht erklärt, worum es bei den Versuchen mit Gen-Wein geht:

    Die Pflanzen, die hier freigesetzt worden sind, sind Riesling-Reben, Normalerweise ist der Riesling anfällig gegen Pilze, muss also gespritzt werden gegen den echten und falschen Mehltau. Und diese Riesling-Reben, die hier stehen, denen wurden Gene der Gerste übertragen, die die Gerste vor Pilzbefall schützen und die sich auch schon bewährt haben bei transgenen Tabakpflanzen, und wir hoffen, dass sie auch unseren Riesling vor Pilzbefall schützen können.

    Im Sommer 1999 hatten Forscher des Instituts für Rebenzüchtung in Siebeldingen erstmals gentechnisch veränderte Reben für Freilandversuche ausgesetzt. Die Pfälzer forschen seitdem mit transgenen Reben der Sorten Riesling, Dornfelder und Seyval Blanc, kurze Zeit darauf folgten 80 Riesling-Rebstöcke am Würzburger Pfaffenberg. Die inzwischen 540 Gen-Reben stehen nicht isoliert, sondern sind umgeben von einer so genannten Mantel-Pflanzung. Diese natürlichen Riesling-Reben sollen laut Schartl Pollen abfangen und die Kontrolle der Gen-Reben ermöglichen. Die werden im Laufe der Zeit mit immer geringeren Dosen an Pflanzenschutzmitteln behandelt, um so die Resistenz gegen Pilzbefall zu untersuchen. Umweltschützer und Ökowinzer indes werden seit der Genehmigung der Gen-Reben durch das Robert-Koch-Institut nicht müde, auf vermeintliche Risiken des "FranGen-Weins" hinzuweisen. Karin Miethaner-Vent vom Bund Naturschutz Bayern etwa verurteilt die Versuche als Anschlag auf die fränkische Weinkultur und verweist auf mögliche Alternativen zum Gen-Wein.

    Die Freisetzungsversuche sind ziemlich genau zur selben Zeit gekommen, wo auf konventionellem Weg, also durch Kreuzung verschiedener Rebenarten pilzresistente Sorten gezüchtet worden sind, und ich glaube, es sind inzwischen 70 zugelassen. Und es ist ja zeitweise so gewesen, dass man diese konventionell gezüchteten Reben geradezu behindert hat, der Zulassung große Steine in den weg gerollt hat. Da wird auf absehbare Zeit, zumindest bei diesem deutschen Versuch, nix dabei rauskommen, was irgendjemand nötig hätte und was irgendwie gut ist.

    Das sieht Rebenzuchtexpertin Schartl anders. Neue, durch konventionelle Kreuzung entstandene Sorten wie etwa die rote Regent-Traube müssten sich erst am Markt behaupten und könnten klassische Reben wie Silvaner und Riesling nicht ersetzen:

    Um die traditionellen Rebsorten zu erhalten und auch fähig zu machen für einen Weinbau der Zukunft, ist eigentlich die Gentechnik die einzige Möglichkeit. Denn wir können hier in eine bestehende Sorte die fremden Gene übertragen und hoffen natürlich - auch das ist Ziel unseres Freisetzungsversuches - dass die Sorteneigenschaften erhalten bleiben.

    Einig sind sich Gegner und Befürworter des Gen-Weins immerhin darin, dass eine Auskreuzung in freier Natur nahezu auszuschließen ist. Denn anders als etwa beim Raps gebe es keine wilden Kreuzungspartner. Gleichzeitig betont Schartl, dass es bei den Versuchen vorerst ausschließlich um wissenschaftliche Erkenntnisse geht.

    Die Pflanzen, die hier stehen, die werden nie vermarktet werden, und auch von diesen Pflanzen wird man keinen Wein im Supermarkt kaufen können. Es ist allerdings denkbar, wenn der Versuch Erfolg hat, dass irgendwann mal Pflanzen, transgene Reben für die Weinbereitung in Einsatz kommen, vielleicht in 30 Jahren.