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Generaldebatte im Bundestag
Der erwartbare Schlagabtausch

Während Oppositionspolitiker von Grünen und Linken in der Generaldebatte gegen die Bundesregierung austeilten, lobten sich die Regierungspolitiker selbst. Neben vielen erwartbaren Äußerungen blitzten im Bundestag aber auch kurz Streitpunkte innerhalb der Großen Koalition auf.

09.04.2014
    Der Reichtstag in Berlin von außen.
    Im Reichstagsgebäude in Berlin lieferten sich Opposition und Regierung heute einen verbalen Schlagabtausch. (picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini)
    Der Bundestag hat in seiner Generaldebatte über den politischen Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrer Regierung debattiert. Regierung und Opposition lieferten sich während der Aussprache über den Kanzleretat traditionell einen Schlagabtausch über die gesamte Regierungspolitik. Dabei verfügt die Kanzlerin in ihrem Etat über einen vergleichsweise kleinen Posten mit rund zwei Milliarden Euro Umfang. Zum Vergleich: Für Arbeit- und Soziales sind Ausgaben von 122,3 Milliarden Euro vorgesehen.
    Den Anfang als Rednerin machte die Linken-Parteivorsitzende Katja Kipping. Sie erklärte, Schwarz-Rot bezahle Wahlgeschenke aus den Sicherheitspolstern der Sozialkassen und sprach von einem "Buchungstrick", für den die Verbraucher aufkämen. Im Ergebnis wate Deutschland knietief im Dispo. Mit dem Rentenpaket mache die Regierung nur Trippelschritte in die richtige Richtung, sagte Kipping.
    Kipping wirft Regierung Arbeitsverweigerung vor
    Kipping warf der Bundesregierung auch vor, große gesellschaftliche Themen nicht ernst zu nehmen: "Sie ignorieren die sozialen Verwerfungen in diesem Land, Sie ignorieren den wachsenden Reichtum in den Händen einiger Weniger, beim Kampf gegen Armut betreiben Sie Arbeitsverweigerung", sagte Kipping. Merkels Kürzungspolitik zur Bekämpfung der Euro-Krise komme einer "unterlassenen Hilfeleistung bei lebensbedrohlichen Krankheiten" gleich, so Kipping.
    Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der Bundesregierung eine unsoziale Politik vor. Sie sagte, gespart werde bei den Jungen, den Armen und bei der Umwelt. Die Generation der Unter-30-Jährigen habe bei dieser Regierung nichts zu lachen. Eine solche Politik hätte zumindest den Sozialdemokraten früher noch die Schamröte ins Gesicht getrieben.
    Merkel verteidigt Haushalt als zukunftsgewandt
    Bundeskanzlerin Merkel erwiderte, der von der Großen Koalition angestrebte Haushalt erfülle ein bedeutendes Versprechen an nachfolgende Generationen. Dies sei der Verdienst dieser und vorheriger Bundesregierungen. Deutschland müsse sich fragen, wie es auch in Zukunft erfolgreich sein kann. In vier Bereiche sollten daher Milliardenbeträge investiert werden: in Bildung und Forschung, die Verkehrsinfrastruktur, die Energieversorgung sowie in die Digitalisierung.
    Auch die SPD sieht Deutschland gut aufgestellt für die Zukunft. Fraktionschef Thomas Oppermann verwies auf die zurückliegenden Reformen der Agenda 2010 aus der gemeinsamen Regierungszeit mit den Grünen, die mitverantwortlich seien für die gute wirtschaftliche Lage aktuell. "Jetzt kommt es darauf an, alles dafür zu tun, dass diese wirtschaftliche Stärke erhalten bleibt", so Oppermann.
    Streit über Umgang mit "kalter Progression"
    Nur auf Kuschelkurs blieben SPD und Union in der Generaldebatte aber doch nicht. Deutlich wurde das bei den Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Großen Koalition beim Thema "kalte Progression". SPD-Fraktionschef Oppermann sagte, es sei weder fair noch gerecht, wenn diese schleichenden Steuererhöhungen dazu führen, dass eine Lohnerhöhung für Facharbeiter nach Abzug von Steuern gerade zum Erhalt der Kaufkraft reiche. Er forderte dafür eine Einnahme-Kompensation an anderer Stelle, die aber ohne Gegenfinanzierung nicht möglich sein werde. Wie genau das passieren könnte, sagte er nicht. Unions-Fraktionschef Volker Kauder machte in seinem Redebeitrag anschließend deutlich, wie es nicht gehen soll: Mit der Union werde es "auf keinen Fall" eine Gegenfinanzierung durch Steuererhöhungen geben.
    Regierung setzt auf Diplomatie in Ukraine-Krise
    Aber nicht nur innenpolitische Themen beschäftigten die Bundestagsabgeordneten. Auch die Krise in der Ukraine wurde mehrfach angesprochen. Bundeskanzlerin Merkel warf Russland mangelnde Kooperationsbereitschaft vor. "Es ist leider an vielen Stellen nicht erkennbar, wie Russland zur Entspannung der Situation beiträgt", sagte Merkel. Sie forderte Moskau auf, sich mit der Übergangsregierung in der Ukraine an einen Tisch zu setzen. "Es ist dringend wichtig, dass es internationale Gespräche unter Beteiligung der Ukraine gibt."
    Unterstützung bekam die Kanzlerin vom Koalitionspartner SPD. Fraktionschef Oppermann sagte, es sei gut, auf Verhandlungen zu setzen. "Konflikte können militärisch entschieden werden, aber sie können nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden", sagte der SPD-Politiker. Er sei froh, dass die Kanzlerin und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) klar gemacht haben, dass es keine militärischen Optionen in diesem Konflikt gebe.
    (tj/bor/pr/ach)