Hartmut Schneider von der kirchlichen Beratungsstelle für landwirtschaftliche Familien aus Schwalmstadt -Treysa rät dem jungen Ökolandwirt Volkwartsen sich auf jeden Fall vorab gut beraten zu lassen. Denn Berater Schneider macht immer wieder die Erfahrung: wirtschaftliche Probleme auf den Höfen bringen oftmals persönliche mit sich. Und umgekehrt: persönliche Probleme in Landwirtsfamilien bringen fast immer wirtschaftliche Probleme auf die Höfe. Für Schneider beginnt die Zerreißprobe der bäuerlichen Familien durch sehr hohe, traditionelle Werte, so Schneider.
Hartmut Schneider: "Im Großen und Ganzen herrscht immer noch so eine Hofidee vor, der Hof ist die wichtigste Sache und das macht die Arbeit an den Beziehungen so schwer. Der Hof muss von dem hohen Sockel erst einmal heruntergeholt werden, damit man auch an sich arbeiten kann. Wir haben mal formuliert, das es eine Psychologie des Hofes gibt und der Hof hat ein eigenes Ich. Dieses Hof- ich beinhaltet alle Tiere und alle Menschen und alles was auf diesem Hof passiert, und ist ein eigener Organismus, an dem man nicht tasten will und dieser Hof muss erhalten bleiben, auch wenn alles vor die Hunde geht. Und in der Hofseelsorge geht es darum, den Hof zu säkularisieren, und auf den Boden zu holen und nicht so abgehoben zu betrachten und wirklich am Hofproblem zu arbeiten, und damit wieder neu miteinander in Beziehungen zu kommen."
Da müssten die Großfamilien auf den Höfen an einem Strang ziehen und zwar in eine Richtung. Konflikte benennen, sie aushalten und dann vernünftig besprechen, diesen Weg erachtet Hofseelsorger Hartmut Schneider als wirklich sinnvoll. Unterhalten sich die unter einem Dach lebenden Generationen nicht über ihre Sehnsüchte, Träume und Wünsche fängt oftmals das Desaster an, berichtet Schneider aus Erfahrung.
Hartmut Schneider: "Es ist dann kein kleiner Konflikt mehr, kein kleines Frühlingsgewitter, sondern es ist dann ein Tornado, und am Ende bleibt dann nur ein Scherbenhaufen. Während ein Frühlingsgewitter, wenn man das erst einmal eingeübt hat, das ist dann leichter auszuhalten, da scheint danach meistens wieder die Sonne."
Ist das Gewitter vorbeigezogen, läuft es in den meisten Fällen auch betriebswirtschaftlich wieder besser, weiß Supervisorin Bärbel Hermann aus Karlsruhe. Sie berät viele Familien im ländlichen Raum. Und die Sprachlosigkeit gibt es nicht nur in der Landwirtschaft sondern gesellschaftsübergreifend, zum Beispiel auch in mittelständischen Betrieben oder im Handwerk
Bärbel Hermann: "Das ist schlecht, wenn die Familie lange Zeit sprachlos ist und nichts an ihren Konflikten macht, weil das dann ja ihrem Betriebsergebnis zu lasten liegt, wenn man den Zahlen glauben darf, ist das die Hälfte des Bruttosozialprodukts nötig, um Konflikte zu bewältigen."
Damit es soweit erst gar nicht kommt, berät Imke Lohmann aus Bielefeld junge Landwirte im Voraus, und zwar unternehmerisch und persönlich. Die kreative Energie der jungen, motivierten Leute darf nicht in Schall und Rauch verpuffen, meint sie. Deswegen lernen die Hofnachfolger bei ihr nicht der Hof ist das Wichtigste, sondern die Menschen die auf ihm tagtäglich wirtschaften. Also sorgt Beraterin Lohmann durch Gespräche, Lesungen oder Seminare für ein gutes Selbstbewusstsein bei den Landwirten, vermittelt ihnen Schlüsselqualifikationen wie Kommunikationsfähigkeit, Toleranz und Teamgeist. Ihr Versuch die Hofnachfolger in ihrer Persönlichkeitsbildung und Selbstverwirklichung zu stärken.
Imke Lohmann: "Das ist etwas, das muss man den Landwirten mehrmals sagen, denn dieser Spruch: "Was du ererbst von deinen Vätern, der wirkt wie so eine Wolke" und deswegen muss man bei den Landwirten vielleicht auch vier oder fünfmal sagen, ihr dürft auch. Es gibt heute gar keine Veranlassung, dass die Höfe nicht als positives Potential genutzt und ins Spiel gebracht werden und das wirklich unternehmerisch gehandelt wird und dazu muss erst die innere Freiheit von der Person zu diesem Hof hergestellt werden, und da fängt das dann auch an, dass ich sage immer der Lustfaktor an dem Gestalten und an dem unternehmerischen Agieren mitwirkt."
Und hier kann auch die einheiratende Frau viel gutes tun. Ihr Mann, der Hofnachfolger muss die Frau nur zu ihrem Recht kommen lassen, meint Christiane Kaiser von dem EU- Projekt "bäuerliche Beratungsstelle -Frau und Beruf" bei der Landwirtschaftskammer in Schleswig- Holstein. Denn auch wenn bei Heirat noch Friede, Freude, Eierkuchen in der Großfamilie herrscht, ist das A und O für den Erhalt dieses Friedens, die rechtliche Absicherung der eingeheirateten jungen Frau.
Christiane Kaiser: "Ist für junge Frauen wichtig, in welcher Form sie sich in den Betrieb einbringen, das da auch die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen müssen, sonst ist da keine Wertschätzung mehr da für die geleistete Arbeit."
Findet die zentrale Hofübergabe an den Hofnachfolger lange nach seiner Heirat statt, ist diese rechtliche Absicherung seiner eingeheirateten Frau um so wichtiger, meint Christane Kaiser. Ansonsten kommt es auf kurz oder lang zu zwischenmenschlichen Problemen.
Christiane Kaiser: "Das gab es in der Vergangenheit immer, weil bei dieser zentralen Hofübergabe die Frau immer außen vor stand, sie wurde praktisch gar nicht integriert in diese Übergabezeremonie und das ist dann der Knackpunkt, den dann später die ganze Familie ausbaden muss. Wir plädieren dafür das die Frau auch bei diesen Gesprächen integriert sein muss, damit spätere Krisenfälle damit ausgeschaltet werden können."