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Genfer Autosalon
Das Fahrzeug als Teil des Internets

Die deutschen Hersteller VW, BMW und Daimler haben jahrelang die Automessen dominiert, doch jetzt spüren sie Gegenwind aus Kalifornien: Tesla mischt die Branche mit Elektroautos auf, Google und Apple schließen das Fahrzeug ans Netz an. Auf dem Genfer Autosalon, der heute eröffnet wird, sind "Cars made in California" die Stars.

Von Thomas Wagner | 03.03.2015
    Die Eröffnung des 84. Auto-Salons 2014 in Genf
    Vernetzt und selbstfahrend: Der Genfer Autosalon eröffnet heute. Er zeigt als eine der weltweit wichtigsten Automobil-Messen die Neuheiten der Branche. (picture alliance / dpa / Pochuyev Mikhail)
    Das Ding fabriziert einen Höllensound, hat 550 PS unter der Motorhaube. Das ist so recht nach dem Geschmack von Daimler-Chef Dieter Zetsche, der mit diesem neuen Mercedes AMG GT 3 auf dem Genfer Autosalon vor den Journalisten vorfährt: "Wir haben uns überlegt, vor der Show Ohrenschützer auszugeben. Aber dann haben wir gedacht: Bei dem Sound wachen wenigstens alle auf."
    Werben mit viel PS, mit aggressivem Design – das ist das eine. Doch es geht auch anders: "Herzlich willkommen bei Audi." Vorstandschef Rupert Stadler stellt den neuen Q 7 Etron vor. In diesem Fall wirbt das Unternehmen nicht mit Leistung und Höchstgeschwindigkeit: "Schauen Sie sich mal an, wie wenig dieser Audi Q 7 verbraucht. Das sind nämlich sensationelle 1,7 Liter."
    Alles ist Trend: Viel PS oder geringer Verbrauch
    Ja was denn nun? Hier der schwäbische Autohersteller, der mit viel PS wirbt, dort die Marke aus Ingolstadt, die den geringen Verbrauch in den Vordergrund stellt. Messebesucher tun sich schwer damit, auf dem Genfer Autosalon einen Trend auszumachen.
    "Der Trend ist, dass es viele Trends gibt", sagt Jan Rosenau, Auto-Fachjournalist aus Würzburg. "Es gibt natürlich den Trend zu Plug-In-Fahrzeugen und Hybridfahrzeugen mit immer niedrigerem Verbrauch. Und es gibt natürlich den Trend hin zu schnelleren, stärkeren und aufregenden Autos." Nicht unbedingt in Deutschland, aber beispielsweise in Asien und in arabischen Ländern. Dem müssen, sagt Jan Rosenau, alle Hersteller Rechnung tragen.
    Das selbstfahrende Auto ist keine Vision mehr
    Dabei gibt es noch einen dritten Trend, vor allem in der Mittel- und Oberklasse: Autos sind zunehmend vernetzt unterwegs: Fahrassistenzsysteme halten immer mehr im Auto Einzug. Das selbstfahrende Auto ist längst keine Vision mehr, sondern steht bereit als Projektstudie in den Entwicklungsabteilungen der meisten großen Fahrzeughersteller. Rosenau: "Also Geschwindigkeit ist nicht eben die ganz große Stärke der Fahrzeughersteller. Was die elektronische Revolution betrifft, das autonome Fahren, die Anforderungen an den Fahrerwunsch, neue Bedienkonzepte, da muss man schon skeptisch sein. Denn vieles, was in Zukunft kommt, kann man sich in Zukunft gar nicht vorstellen. Das war ja beim Smartphone im Prinzip auch so."
    Und damit ist das Stichwort gefallen: Der Apple-Konzern, weltweit führender Smartphone-Hersteller, will in absehbarer Zeit ein eigenes Auto auf den Markt bringen; ebenso der Internet-Anbieter Google – und in ihren jeweiligen Zukunftsautos die innovativsten Vernetzungs- und Fahrassistenzsysteme der Welt integrieren. Da macht schnell der Vorwurf die Runde, die etablierten Hersteller, vor allem die deutschen, könnten die Entwicklung verschlafen.
    Google und Apple mit vernetzten Autos?
    Rosenau: "Also es scheint attraktiv zu sein, uns einen guten Schlaf zuzubilligen. Wir sind ganz klar führend auf diesem Gebiet. Ganz sicher werden die alternativen Antriebe eine ganz besonders wichtige Rolle spielen. Wir sehen das 'connected car', also das Fahrzeug, das ein Teil des Internets wird, und natürlich auch das autonome Verfahren als ganz wichtige Trends."
    Auch alternative, Treibstoff sparende Antriebe spielten selbst bei einer Oberklassen-Marke wie Mercedes eine große Rolle, beteuert Zetsche, trotz der derzeit niedrigen Öl- und Benzinpreise: "Natürlich sind unsere Kunden erfreut, dass sie weniger für Kraftstoff bezahlen. Aber für unser Entwicklungsbemühen hat das keinen Einfluss. Unsere Zielrichtung heißt ganz klar: weniger Verbrauch."
    Eine Zielrichtung, die immer mehr Autofahrer einfordern. Das zeigt sich beim Elektro-Autohersteller Tesla, der, was das Deutschland-Geschäft angeht, längst nicht mehr etablierten Marken hinterherfährt, freut sich Tesla-Sprecherin Kathrin Schiera: "Die Zulassungszahlen unseres Models im Dezember 2014 waren so gut, dass wir Marken wie den Porsche Panamera oder den 7er BMW geschlagen haben in dem Segment."