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Gentechnik für besseres Hören

In München gibt es eine Mäuseklinik. Hier untersuchen Ärzte, die sich normalerweise mit Menschen beschäftigen, Tausende der kleinen Nager. Es handelt sich allerdings nicht um gewöhnliche Mäuse, sie alle tragen irgendwo in ihrem Erbgut eine Mutation. Wenn die Mediziner etwas Auffälliges feststellen, erhöhte Cholesterinwerte, eine Wachstumsverzögerung, unregelmäßige Herztöne oder verformte Knochen, dann können die Genetiker schnell den Fehler im Erbgut ausfindig machen und so in vielen Fällen Licht auch auf die Ursache einer Krankheit des Menschen werfen. Über vierhundert Mäuse mit definierten Erkrankungen wurden am Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in Neuherberg bei München in den letzten Jahren beschreiben. Geleitete wird das Projekt von Dr. Martin Hrabe de Angelis. Er selbst interessiert sich besonders für Erkrankungen des Gehörs. Deshalb wird jede Mäusemutante einem Hörtest unterzogen.

    Man hat eine kleine Box, sieht aus wie eine Fernbedienung für ein Fernsehgerät die hat einen Knopf da kommt ein lauter und sehr hoher Ton heraus, den wir kaum hören können. Die normale Maus schrickt einfach zusammen in dem sie die Augen schließt und die Ohren anlegt stört die Maus natürlich nicht großartig, tut ihr auch nicht weh, aber man sieht Aha die Maus reagiert auf diesen Ton. Nehme ich eine Maus, die schwerhörig ist oder die nicht mehr hören kann wird die diesen Reflex nicht mehr zeigen. So hätte ich einen ersten Einstieg einen ganz einfachen Test. Dann kann man natürlich auch durch Anlagen von Elektroden an die Außenseiten des Kopfe, gibt es beim Menschen genauso, also nicht invasiv, kann ich bestimmte Bereiche testen, an welcher Stelle ist das Gehör geschädigt, ist es an der Reizleitung also an den Nerven vom Gehörknöchelchen zum Gehirn oder ist es in den äußeren Bereichen, dass kann man dann immer mehr einengen dieses Problem.

    Der Forscher schätzt, dass Veränderungen an etwa 30 bis 40 Genen an der Taubheit beteiligt sind. Sieben Gene konnten weltweit schon identifiziert werden. Die jüngste Maus mit Hörfehler stammt wieder einmal aus München. Beethoven hat Martin Hrabe de Angelis das Tier getauft. Denn wie der berühmte Komponist ertaubt es erst im Alter. Das medizinische Problem der Maus genau zu beschreiben ist aber nur der erste Schritt.

    Dann haben wir uns in einem Konsortium organisiert mit Personen aus Wissenschaftlerinnen aus Israel und England und haben herausgefunden, welches Gen hier involviert ist. Und es ist ein neues Gen, das heißt TMC 1 das war bislang nicht bekannt. Das ist dafür verantwortlich, dass die Haarzellen im Innenohr, Haarzellen sind dafür da, den Schall quasi aufzunehmen, dass diese Haarzellen erhalten bleiben, denn diese Mäuse haben im Innenohr Haarausfall und dieser Haarausfall führt zur Taubheit.

    Zum ersten Mal konnte hier geklärt werden, auf welchem Weg ein angeborener Gendefekt im Laufe des Lebens zur Taubheit führen kann. Dass es sich dabei nicht nur um eine spannende Fingerübung für Grundlagenforscher handelt, zeigte sich schnell. Entscheidend war die enge Zusammenarbeit von Grundlagenwissenschaftlern und Klinikern, vom Mäuseforschern und Patientenforschern.

    Das ist eine sehr wichtige Brücke, die man schlagen muss, denn sonst würde diese Mausarbeit keinen Sinn machen. Beispiel wieder von dieser tauben Maus Beethoven. Hier war es so, dass Patienten gefunden wurden, Familien, die hatten auch einen Gehörverlust im Alter und hatten das identische Gen, dass es beim Menschen wie in der Maus gibt, auch eine Mutation, was dann auch zu einem Haarausfall im Innenohr führt. In sofern auch der direkte Match oder der direkte Übergang zu Maus und Mensch.

    Damit ist den Patienten noch nicht geholfen. Aber immerhin haben die Ärzte jetzt eine Vorstellung, was bei dieser Form der Taubheit eigentlich schief gelaufen ist und können gezielter nach Behandlungsmöglichkeiten suchen. In Sachen Beethoven arbeitet Martin Hrabe de Angelis mit Klinkern aus Israel zusammen. Das Mäuseprojekt ist inzwischen aber auch Teil des Nationalen Genomforschungsnetzes, in dem die Kooperation von Ärzten und Genforschern systematisch gefördert wird. Der Weg von der Maus zum Menschen dürfte damit in Deutschland besonders kurz werden.

    von Volkart Wildermuth