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Gentechnik-Kartoffel Amflora zugelassen

Die Gentechnik-Kartoffel Amflora darf in Europa angebaut werden, das hat die EU-Kommission entschieden. Amflora soll nicht in die Mägen der Verbraucher wandern, sondern in die Stärkeindustrie. Dennoch war die Entscheidung heftig umstritten und jetzt stellt sich die Frage, wo und in welchem Umfang sie angebaut werden wird.

Von Dieter Nürnberger |
    Zumindest erwartet der Dachverband der deutschen Landwirte, der Deutsche Bauernverband, keine große Nachfrage nach der genveränderten Kartoffel. Langfristig sei zwar die Prognose schwierig, aber für dieses Jahr zumindest nicht. Helmut Born ist der Generalsekretär des DBV.

    "Denn sie müssen, wenn sie nach deutschem Reglement anbauen wollen, den Anbau drei Monate vorher anmelden. Das ist lediglich für 20 Hektar in Mecklenburg-Vorpommern geschehen. Ob das dann dazu führt, dass im nächsten Jahr mit den Pflanzkartoffeln, die jetzt erzeugt werden, ein größerer Anbau stattfindet, hängt davon ab, dass wir uns in Deutschland die gute fachliche Praxis beim Anbau der Genkartoffeln sehr genau anschauen. Und dann festlegen und sagen, gut, jetzt haben wir ein Regelwerk, wie das miteinander, die Koexistenz also, funktionieren kann."

    Der Deutsche Bauernverband ist nicht per se gegen eine Nutzung der Grünen Gentechnik, der Verband betont aber stets, dass ein faires Nebeneinander möglich sein müsse. Die Koexistenz also zwischen herkömmlichen oder Biolandwirten und jenen, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen und nutzen wollen. Das Interesse der einzelnen Bauern in dieser Frage sei auch gar nicht entscheidend, sagt beispielsweise Heike Moldenhauer, die Gentechnik-Expertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

    "Die BASF muss die Stärkefabriken für ihr Vorhaben gewinnen. Diese wiederum schließen die Verträge mit den Landwirten. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass BASF zwar verstärkt wirbt, aber eine große Stärkefabrik, die Emsland Stärke GmbH, hat bereits gesagt, dass sie Amflora nicht wollen. Vor allem deswegen nicht, weil sie selbst eine konventionelle Kartoffel entwickelt haben. Auch die zweite große Stärkefabrik in Deutschland, Südstärke, hat ein Nein signalisiert, hier befürchtet man, Kunden aus dem Lebensmittelbereich zu verlieren."

    Beide Verbände sehen aber anhand der gestrigen EU-Kommissionsentscheidung dringenden Handlungsbedarf in Deutschland. Denn das Gentechnikgesetz hierzulande formuliere zwar einen allgemeinen Rahmen für den Anbau, allerdings müsse für jede Fruchtart einzeln entschieden werden, wie die Praxis dann aussehen soll.

    Die Bundesregierung müsse hier recht schnell Rechtssicherheit schaffen, sagt der Deutsche Bauernverband. Laut EU-Kommission seien die mit dem Anbau verbundenen Risiken überschaubar. Allerdings rechnet auch die Kommission damit, dass Amflora künftig in Lebensmitteln nachgewiesen werden wird, bis zu 0,9 Prozent. Das lasse sich nicht vermeiden, sagt DBV-Generalsekretär Born.

    "Wenn wir sie geerntet haben und die Kartoffel in die Verarbeitung geht, und dann daraus Futtermittel entstehen, dann kann es auf diesem Weg Verschleppungen geben. Die Kommission hat Vorsorge getroffen und gesagt: Wenn die Futtermittelverwendung zugelassen wird, dann muss es dort Toleranzschwellen geben. Die hat sie festgesetzt."

    Und gerade diese möglichen Verunreinigungen sorgen für Kritik vieler Umweltverbände. Ma verweist auch auf Bedenken innerhalb der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit. Zudem gebe es auch weiterhin die Befürchtung, dass die Antibiotika-Resistenz der Genpflanze die Wirksamkeit von lebenswichtigen Antibiotika generell beeinflussen könne. Für den BUND ist die gestrige Entscheidung auf jeden Fall eine neue Situation. Von der Bundesregierung erwartet Heike Moldenhauer auch keine Unterstützung. Hier sei das politische Pogramm eindeutig.

    "Im Koalitionsvertrag steht, dass diese Regierung den Anbau der Amflora fördern will. Das ist für uns ein Tabubruch - dass in einem Koalitionsvertrag drinsteht, die Regierung setze sich für die kommerzielle Nutzung eines bestimmten Produktes ein. Das ist auch deswegen absurd, weil es zwei konventionelle Kartoffeln gibt, die die gleichen Eigenschaften haben wie Amflora, sie sind aber nicht gentechnisch verändert. Es gibt somit keinen Grund für die Bundesregierung sich für ein bestimmtes Produkt so aus dem Fenster zu hängen, außer sie will Klientelpolitik für die "BASF" betreiben."

    Die Diskussion über Amflora wird somit in Deutschland weitergehen. Und somit auch die Proteste gegen die Zulassung.