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Gentechnik-Kennzeichnung für tierische Lebensmittel

"Ohne Gentechnik" - diese Kennzeichnung dürfen Fleisch und Wurst in Zukunft tragen, wenn die Tiere keine genveränderten Futtermittel zu fressen bekommen haben. Unter bestimmten Voraussetzungen aber auch dann, wenn das Futter mit Enzymen oder Vitaminzusätzen angereichert wurde, die von gentechnisch veränderten Mikroorganismen stammen. Bis zur Entscheidung nutzen Mitglieder von Umweltverbänden in Berlin die Gelegenheit zu Protesten.

Von Philip Banse |
    Nicht sehr viel. Etwa 30 Mitglieder von Umweltschutzverbänden haben vor dem Bundestag 10 Plakate aufgestellt. Darauf zu lesen 10 Argumente gegen Gentechnik, die etwa Bürger im Internet formuliert haben. Etwa: "Einmal frei gesetzt, immer frei gesetzt"; "Wer Gentechnik sät wird Abhängigkeit ernten" oder "Mit dem Essen spielt man nicht."

    Obwohl Verbände der Ökolandwirtschaft, Verbraucher- und Umweltschutzinitiativen die geplante Änderung des Gentechnikgesetzes weiterhin ablehnen - den jüngsten Kompromiss der Großen Koalition zu einem wichtigen Teil des Gentechnikgesetzes finden die Gentechnik-Kritiker gut. Es geht um die Kennzeichnung tierischer Lebensmittel mit dem Label "ohne Gentechnik". Christoph Bauz, Gentechnik-Kritiker von der Initiative Campact:

    "Durch die geplante Kennzeichnungspflicht hat der mündige Verbraucher eigentlich mehr Chancen zu sehen, wo ist eigentlich Gentechnik drin."

    Dennoch ist die Kennzeichnungsregelung ein Kompromiss. Denn tierische Produkte, also Fleisch, Milch und Eier, dürfen nach dem Gesetzesentwurf das Label "ohne Gentechnik" tragen, wenn die Tiere nur Futter bekamen, das nicht gentechnisch verändert wurde. Erlaubt ist jedoch auch, dass die Tiere bestimmte Enzyme, Vitamine und Medikamente bekommen dürfen, die von gentechnisch veränderten Mikroorganismen produziert wurden. Futter ohne Gentech, Vitamine mit Gentech und dennoch das Label "ohne Gentech" - das ist vertretbar, sagt Christopf Bautz, weil in Gentech-Pflanzen gentechnisch verändertes Erbgut enthalten sei. Vitamine dagegen, die von gentechnisch veränderten Mikroorganismen produziert werden, enthielten kein gentechnisch verändertes Erbgut. Peter Röhrich vom Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft nennt einen weiteren Grund, weshalb der Kompromiss zu Kennzeichnung tierischer Produkte tragbar ist:

    "Zum einen werden diese Produkte in geschlossenen Systemen hergestellt, während wir Pflanzen in der freien Natur ausprobieren. Da haben wir das Problem, wenn wir ein neues Risiko feststellen, können wir diese Pflanzen nicht mehr zurückholen. Bei Vitaminen, die in geschlossenen Systemen hergestellt werden, ist das sicher anders."

    Jetzt könnte man denken: Wenn etwas als gentechnikfrei bezeichnet werden darf, obwohl Gentechnik im Spiel ist, sollten sich auch Gentechnik-Befürworter freuen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Gentechnik befürwortende Lebensmittelwirtschaft lehnt das das Label "ohne Gentechnik" ab, spricht von einer "Irreführung der Verbraucher". Dieses Argument sei vorgeschoben, sagen die Gentechnik-Kritiker heute vor dem Bundestag. In Wahrheit befürchte die Gentech-Industrie massive Umsatzeinbußen. Denn ein Großteil der gentechnisch veränderten Pflanzen, die heute angebaut werden, werde für Futtermittel verwendet. Wenn dieses Gentech-Futter aber zukünftig das Label "ohne Gentechnik" verhindert, könne nur schwer verkauft werden. Denn mit der geplanten Kennzeichnung entstehe ein starker Anreiz, gentechnikfreies Futter zu verwenden. Trotz des Lobes für die Kennzeichnungsregelung - unterm Strich lehnen Ökobauern und Umweltschützer die geplante Änderung des Gentechnikgesetzes aber weiter ab:

    "Wir finden das Gentechnikgesetz geht insgesamt in eine falsche Richtung, weil es die bestehenden Regelungen eigentlich schlechter macht und aufweicht, das lehnen wir ab. Vor allem ist es die Haftungsfrage, die unzureichend greift."

    Geplant ist, dass Gentechnik-Bauern nur für Verunreinigungen haften, wenn in gentech-freien Nachbarfeldern mehr als 0,9 Prozent gentechnisch veränderte Organismen auftauchen. Gentech-Bauern müssten viel eher haften, so die Forderung heute. Denn auch die geplanten Mindestabstände von Gentech-Feldern zu Gentechnik freien Feldern reichten nicht aus, um Verunreinigungen zu verhindern.