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Gentechnik und Biodiversität in Entwicklungsländern

Es ist heftig umstritten, inwieweit die Gentechnik dazu beitragen kann, den Hunger in der Welt zu lindern. Befürworter setzen auf ertragreichere und schädlingsresistentere Sorten Reis, Mais oder Soja, Gegner befürchten, dass Kleinbauern in Abhängigkeit von internationalen Konzernen geraten oder traditionelle Sorten vernachlässigt werden, die für standortangepasste Landwirtschaft erforderlich sein könnten. Internationale Regeln für den grenzüberschreitenden Handel mit Gentechnik sind in diesen Tagen Thema einer Konferenz der Vereinten Nationen in Bonn.

Von Dietrich Sondermann |
    Im Grunde geht es nur um einen einzigen Artikel des umfangreichen Vertragswerkes, und dieser Artikel 18 / 2 ist der politisch brisanteste. Seinen Inhalt erklärt Rudolf Buntzel. Er ist Beauftragter für Welternährungsfragen beim Evangelischen Entwicklungsdienst, EED:

    Dieser Artikel bestimmt, wie in Zukunft im internationalen Transfer mit Gentechnik – also Transfer heißt Handel oder auch zum Beispiel Nahrungsmittelhilfe – diese Güter auszuzeichnen sind, das heißt, welche Information das importierende Land vom exportierenden Land bekommen muss, um sicherzustellen, dass das, was es da importiert, auch den eigenen nationalen Gesetzen entspricht, dass es sicher ist für die Umwelt, dass es sicher ist für die Gesundheit der Menschen.

    Eigentlich ist diese Kennzeichnungspflicht bislang auch schon gegeben. Allerdings fehlen konkrete Angaben, wie detailliert beispielsweise eine Schiffsladung mit Mais ausgezeichnet sein muss. Die großen Getreidefirmen und die exportierenden Länder – allen voran die USA,
    Kanada und Argentinien - wünschen sich, dass es ausreicht, wenn sie sagen, dass diese Ladung gentechnisch veränderten Mais enthalten könnte. Damit wären aber Kritiker von gentechnisch veränderten Pflanzen nicht zufrieden. Rudolf Buntzel erklärt, warum:

    Das wäre eine Formel, die gar nichts sagt, die überhaupt keine Information gibt. Dann wäre jede Schiffsladung so deklariert und dann gibt es überhaupt keine Kontrolle mehr international, was man
    eigentlich importiert und was nicht.


    Und das kann den Mitgliedsstaaten der Konvention überhaupt nicht recht sein. Diese Länder, vor allem die vielen armen Länder des Südens, wären dann der Gefahr ausgesetzt, dass unkontrolliert gentechnisch veränderte Pflanzen eingeführt würden. Gefahr deshalb, weil die Konsequenzen für
    die Gesundheit von Mensch und Vieh noch bei weitem nicht bekannt sind. Gefahr vor allem auch für die heimische Artenvielfalt. Schon jetzt gibt es Untersuchungen aus Mexiko, die dokumentieren, dass mit dem Import von Genmais eine Vielzahl von uralten Maissorten verschwunden sind – verdrängt durch die genmanipulierten Sorten. Kritiker der Gentechnik
    wünschen sich deshalb, dass die Exportfirmen verpflichtet werden, genau zu deklarieren. Nur so hätten die armen Importländer die Möglichkeit zu entscheiden, was ins Land kommt und was nicht. Denn gentechnische Pflanzen können tatsächlich eine direkte Gefahr für die Verbraucher
    darstellen:

    Wie zum Beispiel Pflanzen, die pharmazeutische Pflanzen sind, die geändert worden sind in dem Sinne, dass sie zum Beispiel Impfstoffe produzieren. Die sind gar nicht zugelassen als Nahrungsmittel,
    sondern lediglich als pharmazeutisches Produkt.


    Und wenn das nicht genau dokumentiert ist in den Frachtpapieren und auf jeder Verpackung, die in den Handel gelangt, dann sind die Folgen nicht zu übersehen. In der Konferenz in Bonn versuchen jetzt die vielen armen Länder, ihre Interessen den wenigen reichen, mächtigen Exportländern gegenüber durchzusetzen. Die Tagung hat daher erhebliche politische
    Brisanz:

    Dass wir zum ersten Mal in der Geschichte den Fall haben, dass arme Länder, also Entwicklungsländer, sich zusammengetan haben und für höhere internationale Standards im Umweltbereich sich einsetzen,
    statt sonst in allen Bereichen für niedrigere.


    Und weil die USA, Kanada und Argentinien überhaupt nicht der Konvention angehören, suchen sie auf anderem Wege ihre Interessen durchzusetzen:

    Sie versuchen, die nationale Gesetzgebung in diesen Ländern so zu beeinflussen, mit sehr sehr viel Geld und Druck, das also durch die nationale Gesetzgebung internationale Standards unterlaufen
    werden, so dass sie versuchen, ein Land nach dem anderen über den Tisch zu ziehen.


    Wie das abläuft, erklärt Wolfgang Koehler. Er ist als Referatsleiter im Verbraucherschutz-
    ministerium zuständig für Gentechnikfragen:

    Das sind ja nicht nur Entwicklungsländer. Das haben wir auch im Ostblock, Russland, Polen, überall gehen die USA mit unheimlich viel Geld rein. Die kaufen sich, wenn Sie so wollen, ganze Lehrstühle an irgendwelchen Universitäten, die Professoren gleich mit; die werden in die USA eingeladen für zwei Monate, denen wird Geld in die Hand gegeben und das ist natürlich durchaus effektiv.