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Gentechnikfreie Regionen

Die Grüne Gentechnik sorgt nicht nur in Deutschland für Diskussionsbedarf. Auch in den europäischen Nachbarstaaten formiert sich der Widerstand gegen den Anbau gentechnisch veränderter Organismen, vor allem nachdem die EU-Kommission im vergangenen Jahr grünes Licht gegeben hat. Wie die einzelnen Mitgliedstaaten die Koexistenz-Frage, also das Nebeneinander von konventionellem und gentechnisch veränderten Pflanzen, regeln, liegt bislang noch in ihrer Hand. Doch der neuen EU-Agrar-Kommissarin Mariann Fischer Boel scheint eine EU-weite Regelung ein Anliegen zu sein, wenn man ihren Ankündigungen auf der Grünen Woche in Berlin Glauben schenken mag. Unter den Landwirten, die sich zu gentechnikfreien Regionen zusammengeschlossen haben, besteht bereits ein europäischer Austausch. So tagt heute und morgen in Florenz das "Netzwerk europäischer Regionen zum Schutz der Landwirtschaft vor GVO-Kontamination".

Von Yvonne Mabille |
    Bis Anfang 2005 haben sich 14 von insgesamt 20 Regionen Italiens für gentechnikfrei erklärt. In der Toskana - einer der ältesten europäischen Kulturlandschaften - fing alles an. Sie erließ als erste Region in Europa im Jahr 2000 ein Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen und rief das "Netzwerk europäischer Regionen zum Schutz der Landwirtschaft vor gentechnischer Verunreinigung" ins Leben. Maria Mammuccini - Chefin der toskanischen Regionalverwaltung für landwirtschaftliche Entwicklung und Gastgeberin der Tagung in Florenz - nennt die Gründe:

    Die Toskana ist in einer besonderen Lage, denn 50 Prozent ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse sind als gentechnikfrei deklariert. Die durchschnittliche Größe der Betriebe beträgt 6 Hektar. Eine Koexistenz ist also in der Toskana nicht möglich. Wir wollen frei von gentechnisch veränderten Pflanzen bleiben.

    Die Zahl europäischer Regionen wächst, die echte Koexistenz - ein strikt getrenntes Nebeneinander von gentechnisch-veränderter und gentechnik-freier Landwirtschaft - für unmöglich halten. Der Widerstand gegen den Anbau von Gentech-Sorten, für den die EU-Kommission in 2004 grünes Licht gab, weitet sich in vielen Ländern aus:

    Wenn der Anbau gentechnisch veränderter Sorten erlaubt wird, würde die gentech-freie Produktion kontaminiert. Das ist keine Wahlfreiheit für die Bauern…
    - sagte Maria Mammuccini im Januar bei einem internationalen Treffen gentech-kritischer Regionen, zu dem die Zukunfts-Stiftung Landwirtschaft nach Berlin eingeladen hatte.

    Regionen und Produzenten, die sich für traditionelle und qualitativ hochwertige Agrarprodukte stark machen, fürchten um ihre Märkte. Hinzukommt die Sorge um die Folgen der Freisetzung für die Ökosysteme, die nicht ausreichend erforscht seien.

    Darum wollen mittlerweile ohne Ausnahme alle 54 Präfekturen Griechenlands den Anbau von Gentechnik auf ihrem Gebiet ausschließen. Das gilt ebenso für 5 Departements, 15 Regionen und über 1200 Kommunen von Frankreich. Die Algarve in Portugal und seit kurzem auch Regionen in Polen lehnen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ab - um nur einige zu nennen.

    Seit letztem Jahr werden die Kommunen, Regionalregierungen und Präfekten auch von der "Versammlung europäischer Regionen" mit Sitz in Brüssel unterstützt. Der "Versammlung" die in diesem Jahr ihr 25 jähriges Bestehen feiert, gehören 250 Regionen in 26 europäischen Ländern an. Agnes Ciccarine vom Komitee für nachhaltige ländliche Entwicklung der "Regionen Europas" :

    Uns ist deutlich geworden, dass unter den Mitgliedern der "Versammlung Europäischer Regionen" die Unruhe über gentechnisch veränderte Pflanzen wächst. Vor allem nach der Aufhebung des Moratoriums im Mai 2004. Darum haben wir damals beschlossen, diese Bewegung zu unterstützen und mit den "Freunden der Erde" zusammen eine Informationskampagne zu organisieren. Die meisten Regionen, vor allem in Osteuropa, waren sich über die potenziellen Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen nicht im Klaren.

    In unserm Nachbarland Österreich gibt es hingegen kein Bundesland, das nicht bereits ein entsprechendes Gesetz zum Schutz vor gentechnischer Verunreinigung verabschiedet hat oder in Beratungen darüber steckt. Salzburg - mit 40 Prozent Biobauern europaweit führend in der ökologischen Landwirtschaft - , hat sich ein Gentechnikvorsorgegesetz mit Bewilligungspflicht gegeben, sagt der salzburgische Landwirtschaftsminister, Agrarrat Sepp Eisl:

    D.h. dass jeder, der gentechnisch veränderte Produkte aussät, auspflanzt und anbaut, diese vorher auf jeden Fall anmelden und bewilligen lassen muss. Des weiteren haben wir im Gesetz eine verschärfte Bewilligungspflicht für Natura 2000-Gebiete bzw. Gebiete, die ökologisch besonders sensibel sind. II-63 Der dritte Punkt ist, dass wir verpflichtend vorschreiben können, wie Haftungsfragen zu regeln sind, bzw. eine Haftpflichtversicherung abzuschließen ist, bevor überhaupt eine Auspflanzung, Aussaat erfolgen kann.

    Ob gentechnisch veränderte Sorten angebaut werden dürfen oder nicht, wird also auch von den regionalen Behörden mitentschieden - solange es keine Eu-weite Koexistenz-Regelung gibt. Und die könnte noch eine ganze Weile auf sich warten lassen.