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Gentechnisch verändertes Soja
"Transgene Sorten müssen von der EU zugelassen werden"

Die EU könnte in Zukunft mehr gentechnisch verändertes Soja aus den USA importieren. Für den Verbraucher spiele die Herkunft aber keine Rolle, da transgene Sorten nur importiert werden dürfen, wenn die EU sie zugelassen habe, sagte Thomas Rickli von Agra Europe im Dlf.

Thomas Rickli im Gespräch mit Jule Reimer | 30.07.2018
    Eine Frau hält Soja in der Hand.
    Brasilien, Argentinien, China und die USA bauen viel Soja an (picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
    Jule Reimer: 300 Millionen Tonnen Soja werden inzwischen jährlich auf der Welt produziert. Die größten Anbauflächen finden sich in den USA, Argentinien, Brasilien und auch in China, und meistens handelt es sich um gentechnisch verändertes Soja, deren Saatgut resistent gegen bestimmte Herbizide gemacht wurde. Ein Teil des Sojas landet auf den Tellern von Menschen, aber der wirklich große Brocken in den Mägen von Tieren, um die gestiegene Fleischnachfrage weltweit zu befriedigen. Bisher bezogen die Europäer das Soja für Futtermittel vor allem aus Südamerika, und wenn es nach US-Präsident Trump geht, soll sich das ändern. Frage an Thomas Rickli von der Agrar-Presseagentur Agra Europe, kann es mir als Käufer hier in Europa von Fleisch- oder Milchprodukten egal sein, ob das Gentech-Sojafutter für Huhn, Schwein oder Rind aus Argentinien oder Brasilien kommt oder eben jetzt demnächst mehr aus den USA?
    Thomas Rickli: Aus Verbrauchersicht spielt die Herkunft keine Rolle, denn alle transgenen Sorten, die in die Europäische Union importiert werden, müssen vorher zugelassen worden sein. Wenn dies nicht der Fall ist, darf die Sorte auch nicht eingeführt werden. Ist sie zugelassen, also von den Behörden in der EU für unbedenklich eingestuft worden, spielt die Herkunft keine Rolle.
    Reimer: Aber wie kommt es dann, dass das Soja für unsere Ställe hauptsächlich aus Südamerika stammt? Denn die USA, die US-Farmer arbeiten hocheffizient, die haben Monokulturen, das ist sehr kosteneffizient, das sind starke Wettbewerber?
    Rickli: Wir importieren auch einen Teil der Sojabohnen aus den USA, im letzten Wirtschaftsjahr etwa fünf Millionen Tonnen. Dass wir grundsätzlich als Europäische Union Soja importieren in größeren Mengen, hängt mit den klimatischen Verhältnissen zusammen. Südamerika und der mittlere Westen der USA sind da klimatisch im Vorteil, während Europa eben Vorteile beim Weizenanbau hat. Und das ist der Grund, warum die Europäische Union Weizen exportiert, aber Eiweißfuttermittel, sprich Soja importiert. Im Übrigen importiert Brasilien Weizen, weil es eben wirtschaftlich von Vorteil ist, Sojabohnen dort anzubauen anstatt den Weizen.
    Reimer: Das heißt, die Handelsströme passen auch ganz gut.
    Rickli: Die passen gut. Es könnte jetzt sein, dass USA-Ware mehr in die Europäische Union kommt, allein deswegen, weil China eben den Handel eingeschränkt hat durch Strafzölle und dadurch die US-amerikanische Ware günstiger angeboten wird.
    "Das einzelne Handelsunternehmen entscheidet, wo es die Ware kauft"
    Reimer: Und die Brasilianer dafür in Richtung China exportieren. Können da auch andere Handelsschranken eine Rolle spielen? Sie sagten, die Zulassungsbedingungen sind die gleichen. Aber heißt das dann, dass Juncker vielleicht versprochen hat unter der Hand, wir lassen eher eure Gentech-Soja noch mal zu?
    Rickli: Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie das gehen soll. Wir sind in einer Marktwirtschaft, das heißt, das einzelne Handelsunternehmen entscheidet, wo es die Ware kauft. Wie weit da die Politik Einfluss nehmen kann, ist mir nicht ganz klar. WTO-technisch ist es so: wir haben einen Einfuhrzollsatz von null, das heißt, rein vom Zolltarif her hat die Europäische Union auch keinen Spielraum mehr, da noch was zu machen. Also bleibt im Grunde nur das, was die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen auch gesagt hat. Es bleibt im Grunde nur die Möglichkeit, bei der Zulassung gentechnisch veränderter Sorten etwas zu ändern, sprich die zu beschleunigen.
    Reimer: Müssen wir uns Sorgen wegen einer verstärkten Glyphosat-Belastung machen?
    Rickli: Die hat damit erst mal vordergründig nichts zu tun. Glyphosat wird ja hier auch in Deutschland immer noch angewendet, es ist ja noch mal für mehrere Jahre zugelassen worden. Da gelten ja auch Rückstandshöchstmengen. Wenn die nicht eingehalten werden, darf die Ware ohnehin nicht in Verkehr gebracht werden.
    Reimer: Thomas Rickli von der Agrar-Presseagentur Agra Europe. Danke für diese Informationen zum Thema Gensojaimporte.
    Rickli: Bitte sehr, Frau Reimer!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.