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Genussscheine
Riskante Geldanlage

Hohe Zinsen sind oft auch ein Warnsignal für Risiken – und davon gibt es bei Genussscheinen reichlich, wie die jüngste Entwicklung um die Firma Prokon gezeigt hat. Bleibt die Frage, ob solche Papiere für Privatanleger überhaupt geeignet sind. Michael Braun fasst die Argumente für uns zusammen.

Von Michael Braun | 27.01.2014
    Prokon Vorstand Carsten Rodbertus (rechts) und der vorläufige Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin in den Räumen der Prokon in Itzehoe
    Prokon Vorstand Carsten Rodbertus (rechts) und der vorläufige Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin. (picture alliance / dpa / Carsten Rehder)
    Genussscheine sind ein Zwitter, ein Hybridpapier, eine Mischung zwischen Aktien und Anleihe: Meist gibt es eine feste Verzinsung – da entspricht der Genussschein der Anleihe. Aber bei der Verlustbeteiligung ist der Genussschein schneller dran als die Anleihe: Da kommt der Genussschein der Aktie nahe. Nur ein Mitsprachrecht, wie es die Aktie verbürgt - die ist im Genussschein nicht enthalten: Das Geld des Anlegers nimmt der Emittent gerne, aber mitreden soll er nicht, dafür haften wie ein Eigenkapitalgeber. Daraus ergibt sich schon, dass der Genussschein in der Regel ein sehr viel höheres Risiko enthält als eine Aktie oder eine Anleihe. Unternehmen wie Bertelsmann, der Medizintechnikkonzern Drägerwerk oder – wie Prokon aus dem Umweltbereich – das Wismarer Unternehmen German Pellets GmbH emittieren gleichwohl seit Jahren Genussrechte – weil sie eben als Eigenkapital gelten, ohne Mitspracherechte zu verleihen. Franz-Josef Leben vom Deutschen Aktieninstitut mahnt denn auch, Genussrechte nicht pauschal zu verurteilen:
    "Das Unternehmen ist das Problem, nicht die Form des Genussrechts."
    Das fordert also den Anleger. Er muss wissen, dass Genussrechte wegen ihres Eigenkapitalcharakters grundsätzlich nachrangige Finanzierungsinstrumente sind. Im Falle einer Pleite werden also zuerst die Bankdarlehen bedient. Erst dann kommen die Geldgeber für die Genussrechte dran. Die Gefahr eines Totalverlusts ist also größer als etwa bei einer Anleihe. Darauf habe Prokon in seinem Wertpapierprospekt auch hingewiesen, weiß Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale in Stuttgart, aber eben auch nur dort:
    "Bei Prokon war das tatsächlich so: Das Risiko stand im Verkaufsprospekt. Da stand auch das Wort 'Totalverlustrisiko'. Nur sonst stand es eben nirgends. In allen Rundbriefen, in allen Stellungnahmen hat man immer geschrieben, es sei alles sicher, es gibt ja die Einspeisevergütung durch den Staat, also quasi eine staatlich garantierte sichere Anlage. Und das geht natürlich so nicht."
    Hinzu kommt, dass Prokon seinen Anlegern zugesagt hat, sie könnten ihre Genussrechte nach einer Mindestlaufzeit von sechs Monaten kündigen – also: Nicht über die Börse an einen anderen Besitzer verkaufen, sondern an das Unternehmen zurückgeben. Das musste dann in sein Eigenkapital greifen, um dieses Angebot zu erfüllen.
    German Pellets hat das anders geregelt: Dort machen Genussrechte nicht 95, sondern 10 bis 15 Prozent der Finanzierungsmittel aus. Und sie haben auch eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren. Solche Unterschiede verflachen in der öffentlichen Debatte. Marc Tüngler, der Hauptgeschäftsführer der Aktionärsvereinigung DSW, sieht durch Prokon das Engagement privater Investoren in den erneuerbaren Energien jedenfalls beeinträchtigt:
    "Das Traurige an der Prokon-GesIdee, dort rein zu investieren, wieder einen argen Dämpfer bekommen haben. Dabei ist die Idee eigentlich, jetzt dort zu investieren, sehr gut. Und große institutionelle Anleger profitieren auch von der Energiewende, indem sie zum Beispiel in Netze investieren. Da sind aber die Renditen nicht bei acht, neun, sechs Prozent, sondern da gibt man sich zufrieden mit zwei, drei, vier Prozent."
    Sind Genussscheine also zu riskant für private Anleger? Für den ahnungslosen Anleger: ja. Der sollte zumindest wissen, dass mit der Rendite das Risiko steigt. Wenn eine als sicher geltende Bundesanleihe im Schnitt aktuell 1,4 Prozent abwirft, dann ist ein Papier mit acht Prozent Rendite um fast das Sechsfache riskanter.