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Geoarchäologie
Bodenradar durchleuchtet eine römische Stadt in der Türkei

Archäologie. - Limyra war eine antike Stadt in Kleinasien, im Südwesten der heutigen Türkei gelegen. Die ältesten Nachweise sind 2.600 Jahre alt. Zwar finden in Limyra seit 1969 Ausgrabungen statt, jedoch konnten große Teile bislang nicht wissenschaftlich erhoben werden. Denn der Grundwasserspiegel ist so hoch, dass Teile der Ruinen unter Wasser liegen oder nur wenige Zentimeter oberhalb. Seit 2013 wenden Geophysiker eine besondere Methode an.

Von Michael Stang |
    Limyra ist als römische Stadt schon etwas Besonderes, sagt Ralf Totschnig. Die große Herausforderung wartete auf den Wiener Archäologen und seine Kollegen jedoch, als sie die Bauwerke unter der Oberfläche kartieren wollten. Denn der Wasserspiegel befindet sich nur rund einen halben Meter unter der Erdoberfläche. Ausgrabungen halb im Wasser sind daher kaum durchzuführen.
    "Dort sind die Ausgrabungen sehr schwer zu realisieren durch eben den Grundwasserspiegel, der da ist, und durch die Geophysik können wir, ohne in den Boden reingraben zu müssen, die Strukturen rausholen, mehr oder weniger."
    Bildgebende Verfahren sollten den Blick in die Tiefe ermöglichen, ohne dass jemand nasse Füße bekommt, eine Art Unterwasserprospektion im Trockenen, so der Forscher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. 2013 begannen die Arbeiten per Bodenradar, dabei werden Störungen in den oberen Schichten des Erdbodens durch Reflexion elektromagnetischer Strahlung gemessen, und Magnetometer, mit dem unterschiedliche magnetische Flussdichten, abhängig vom unterirdischen Material, registriert werden. Damit können die Forscher sehen, welche Bauten aus welchem Material sich unter der Erde beziehungsweise im Wasser befinden. Der Auftrag kam über das Österreichische Archäologische Institut zustande, das seit 2002 in Limyra Ausgrabungen unternimmt.
    "Durch diesen Kontakt sind wir gleich runtergefahren und haben einfach Magnetik und Radar gemacht, geschaut, funktioniert es oder funktioniert es nicht? Das war im Endeffekt gleich die Testmessung, die diese Ergebnisse gleich da gebracht hat."
    Einblick ohne nasse Füsse
    Das Magnetometer sieht aus wie eine große Schubkarre und wird ähnlich wie diese über den Boden geschoben. Mithilfe der Sonde kartierten die Forscher mehr als 18.000 Quadratmeter. Das Georadarsystem ähnelt von der Form her einem Rasenmäher und half bei der Kartierung von mehr als 23.000 Quadratmetern. Aus den Daten erstellten die Archäologen Bilder, mit denen sie eine Karte einzelner Gebäudekomplexe anfertigten. Diese ergänzten die Erkenntnisse aus den Ausgrabungen.
    "Die Daten waren sehr sauber, überraschend sauber. Also, wir haben gerade im Radarbild sehr schöne Daten herausbekommen, wir haben schöne Häuserkomplexe gehabt, Grundrisse. Limyra besteht eigentlich im Endeffekt aus zwei Städten, die Oststadt und die Weststadt. Möglicherweise ist die Weststadt die ältere und daher in den Daten vielmehr Überlagerungen von verschiedenen Mauern, verschiedenen Phasen und die Oststadt zeigt aber überhaupt diese Überlagerungen eigentlich gar nicht. Die ist eigentlich wunderschön ausgelegt als römische Stadt."
    Während die Oststadt von urbanen Villen mit großzügigen Innenhöfen geprägt ist, besteht die Weststadt eher aus kleineren Häusern, vermutlich waren viele davon Geschäfte. Entdeckt haben die Forscher auch den exakten Verlauf der hellenistischen Stadtmauer, die später von den Römern in die Häuser integriert wurde. Bei den Radarmessungen in der Weststadt sind Ralf Totschnig und seine Kollegen fast vier Meter tief eingedrungen, in der Oststadt waren es 2,5 Meter. Die Daten haben gezeigt, dass es auf die Kombination beider Methoden - Bodenradar und Magnetfeldmessung - ankommt.
    "Es gibt die eine Messung, Messfläche im 'Garten' haben wir das genannt. Eine Messfläche, da sieht man mit der Magnetik im Endeffekt gar nichts, also wirklich fast nichts und im Radar hingegen sieht man sehr wohl wunderschöne Hausgrundrisse drinnen. Das Gegengesetzte ist zum Beispiel jetzt auch bei den großen Flächen in der Oststadt und in der Weststadt. Durch die Magnetik können wir sagen: Ok, wir haben hier Kalksteinwände und Ziegelwände. Das würdest du im Radar niemals so rauskitzeln können."
    Die Daten hätten die Archäologen vor Ort derart überzeugt, dass es einen Folgeauftrag gab. Im September waren die Forscher erneut in Limyra. Die Auswertung dieser Messungen dauert noch an. Mithilfe der neuen Daten ist es möglich, die antike Stadt, die größtenteils unter Wasser steht, zu kartieren, ohne nass zu werden.