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Geodäsie
Vermessung des Mount Everest

Technik. - Mit einer 3D-Kamera unter dem Flügel hat ein Motorsegler des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt den Mount Everest im Himalaya umkreist und extrem genau vermessen. Projektleiter Jörg Brauchle vom DLR-Institut für optische Systeme in Berlin erklärt das Vorhaben im Gespräch mit Ralf Krauter.

Jörg Brauchle im Gespräch mit Ralf Krauter |
    Krauter: Herr Brauchle, wie muss man sich denn die Kamera vorstellen, die da über dem Himalaya zum Einsatz kam?
    Brauchle: Bei der Kamera-Entwicklung handelt es sich um ein speziell für diese Gegend entwickeltes Prototypenmodell. Wir haben vier Kameraköpfe mit verschiedenen Spektralbereichen, also nahe Infrarot für die Vegetationserkennung, aber eben auch für Farbinformationen. Und diese Kameraköpfe sind zueinander geneigt eingebaut, so dass sie jetzt auch die Hänge sehr schön abbilden können, was wir schlussendlich brauchen, um hoch detaillierte, dreidimensionale Modelle rechnen zu können, in denen man dann auch bemessen und somit diverse Dinge analysieren kann.
    Krauter: Was genau verspricht man sich von diesen Daten, von diesem hochaufgelösten 3-D Modellen, die man jetzt auf dieser Basis im Rechner erstellen kann?
    Brauchle: Man verspricht sich daraus neue Ansätze, zum Beispiel in der Katastrophenforschung. Wir haben ja eine Technologie mit der Kamera entwickelt, mit der man so detaillierte Modelle generieren kann, wie es zumal ein Satellit nicht zu schaffen vermag. Und wenn es darum geht, eine Überflutung, die ja nun in Nepal häufiger auftritt, wenn zum Beispiel Gletscherseen ausbrechen, vorherzusagen, da braucht man sehr detaillierte Modelle und auch sehr aktuelle Modelle.
    Krauter: Und Satelliten können das nicht liefern?
    Brauchle: Satelliten kommen über eine gewisse Grundauflösung nicht hinaus. Wir reden hier so über 40 bis 50 Zentimeter Auflösung am Boden. Wir haben ca. 15 bis 20 Zentimeter am Boden bei einer besseren Aufnahmegeometrie, das heißt, die Modelle, die wir rechnen, sind einfach exakter.
    Krauter: Wenn Sie jetzt auf die erfolgreiche Mission zurückblicken, was war denn die größten Herausforderung? Waren das eher technische Fragen wie die thermische Kapseln der Kamera oder diese fliegerischen Unwägbarkeiten?
    Brauchle: Die technischen Fragen, die waren, ich sage mal, handlebar. Problematischer war eher die Organisation. Wir mussten ja Genehmigungen von nepalesischer Seite einholen. Wir mussten drei Flugzeuge, solche Hochleistungsmotorsegelflugzeuge nach Nepal schaffen und wir mussten Sprit besorgen, weil es nicht unbedingt einfach vor Ort ist. Es sind diese vielen kleine Probleme, die wir in diesem armen Land dort vorgefunden haben, was es uns teilweise schwierig gemacht hat, dort agieren zu können. Wir hatten schlussendlich nur noch sechs Tage Operationszeit für unser Kamerasystem und mussten wirklich jede Minute nutzen, um fliegen zu können. Organisatorisch war es viel Aufwand und auch ein bisschen Glück dabei, dass es alles so geklappt hat.
    Krauter: Wer dürfte von den Daten, die Sie jetzt gesammelt haben, am meisten profitieren?
    Brauchle: Am meisten profitieren schlussendlich die Menschen vor Ort. Wir werden jetzt anfangen mit einer Kooperation mit einem internationalen Wissenschaftlerteam vor Ort in den Himalaya-Anrainerstaaten die Daten auszuwerten. Es liegen teilweise Vergleichsmessungen von den Hängen, aber auch insbesondere von Gletschern vor. Dort werden jetzt unsere Daten, unsere Modelle evaluiert und wir sind sehr zuversichtlich, dass wir gute Modelle generieren können. Dann werden sie in der wissenschaftlichen Landschaft hoffentlich Einzug halten und dann werden schlussendlich die Menschen vor Ort profitieren, wenn Katastrophen besser vorhergesagt werden können, Hangrutschungen besser vorhergesagt werden können. Und das alles mit solcher Technologie, ich denke das ist doch ein Erfolg.