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Geplante Kennzeichnungspflicht für Zutaten für lose verkaufte Lebensmittel

Ob Kirschkuchen, Herrentorte oder Plundergebäck - alles ist selbstgemacht - das ist das Credo im Cafe Hundt in Olpe. Dass das viel Zeit kostet - ist klar. Inhaberin Anneliese Hundt hat auch heute wieder einen 12 Stunden Tag. Doch das wird bald nicht mehr reichen - bald wird sie nämlich all ihre Produkte genaustens beschriften müssen. Besonders bei Torten und Pralinen eine immense Arbeit. Die 48jährige hält nichts von der geplanten Regelung.

Von Annette Lönne |
    Weil wir erstens vom Personal her gar nicht die Zeit haben, alles aufzuschreiben und wenn ich fünferlei Gebäck in eine Tüte mache, müsste ich fünferlei Rezepturen hinten drauf machen und das ist ein Ding, was nicht geht.

    Auch der Bäcker- und Konditorenverband lehnt die geplante Bestimmung ab. Mit guten Grund, wie man sagt: Schließlich sei das Verkaufspersonal gut geschult und könne den Kunden jederzeit Auskunft geben. Außerdem gäbe es in vielen Bäckereien und Konditoreien bereits ein Heft, in dem alle Zutaten aufgelistet seien. Eberhard Gröbel, Geschäftsführer des Bäckerhandwerkes:

    Wir haben grundsätzlich überhaupt nichts dagegen einzuwenden, den Verbraucher über unsere Produkte und insbesondere über deren Zusammensetzung zu informieren. Das Problem besteht in der täglich wechselnden Vielfalt der Inhaltsstoffe wenn ich beispielsweise durch ein frisches Fruchtangebot spontan die Zusammensetzung meiner Kuchen oder meiner Feingebäcke verändere.

    Umschreiben bei kleinsten Änderungen der Rezeptur - das können kleine Betriebe kaum leisten. Noch härter träfe es die Gastronomen. Das täglich wechselnde Mittagsmenü wird zum bürokratischen Kraftakt. Stephan Büttner, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes:

    Was jetzt von der Bundesregierung beabsichtigt ist, ist einfach in dem deutschen Gastgewerbe nicht umsetzbar. Bisher mussten Zusatzstoffe gekennzeichnet werden, wie z.B. ob Farbstoffe enthalten sind oder Geschmacksverstärker. Dies ließ sich in Form einer Fußnotenregelung auf den Speisekarten umsetzen. Nur wenn diese Fußnotenregelung gegebenenfalls bis ins Uferlose ausgedehnt werden würde, wäre es nicht mehr tragbar und auch nicht mehr darstellbar. Zum Beispiel eine Frikadelle würde unter Umständen bis zu 30 Zutaten erforderlich machen. Die müssten irgendwo gekennzeichnet werden.

    Doch eine Regelung wird kommen, das ist sicher. Eine Zutatenliste für lose Ware wird besonders Menschen mit Lebensmittelallergien das Einkaufen erleichtern. Nachfragen ist nämlich nicht immer möglich. Besonders in Supermärkten, Kaufhäusern, an Imbissbuden oder in Schnellrestaurants ist geschultes Personal eher die Ausnahme. Regina Wollersheim, vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft:

    Bei der Verordnung zur Kennzeichnung loser Ware haben wir vorgesehen, dass wir zum einen die Zutaten, die sich in den Produkten befinden, auflisten werden, ähnlich der Regelung bei der verpackten Ware, dass wir auch kennzeichnen werden, Zusatzstoffe, also wie z.B. Konservierungsstoffe oder Farbstoffe, dass wir kennzeichnen werden allergene Stoffe. Wir müssen ebenfalls Überlegungen anstellen zur Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Produkten.

    Wie die Zutatenliste aussehen wird, ist noch unklar. Das Ministerium von Renate Künast ist derzeit im engen Gespräch mit den Berufsfachsverbänden. Kompromisse werden gesucht. Vorstellbar wäre ein Heft, genau so, wie es viele Fachgeschäften bereits anbieten. Für den Restaurantbetrieb könnte eine ausgedehnte Fußnotenregelung in der Speisekarte praktikabel sein. Geplant ist diese Regelung für dieses Jahr. Dann sollen übrigens auch die bereits verordnete Zutatenlisten verpackter Ware genauer aufgeschlüsselt werden.