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Geplante Social-Media-Regeln
Maulkorb für ORF-Mitarbeiter?

Der Österreichische Rundfunk will seine Social-Media-Leitlinien verschärfen. Danach sollen seine Journalisten keine politisch kommentierenden Äußerungen in sozialen Netzwerken mehr geben. Das gilt auch für ihre privaten Accounts. Einige sprechen von einer "Orbanisierung Österreichs".

Von Bettina Köster |
    Ein Laptop mit Social Media Icons auf dem Bildschirm, dahinter Menschen auf der Rollstreppe eines Einkaufszentrums in Hamburg.
    Viele Menschen haben soziale Medien fest in ihren Alltag integriert. (picture alliance / dpa / Axel Heimken)
    Die Social-Media-Richtlinie wurde von einem Mitarbeiter des ORF-Generaldirektors Alexander Wrabetz verfasst und in der vergangenen Woche dem ORF-Stiftungsrat vorgelegt. "Irrtümlich", wie es heißt, sei es auch an einige Radiomitarbeiter verschickt worden. Der Sender betonte, es handle sich um einen Entwurf, der diskutiert werde und sich an internationalen Vorbildern wie etwa jenen der 'New York Times' orientiere.
    ORF-Moderator Armin Wolf, der für seine spitzen Kommentare auf Twitter bekannt ist, konterte schnell mit einem Auszug aus der Europäischen Menschenrechtskonvention und schrieb: "Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung." Andere ORF-Journalisten sprachen von ungarischen Verhältnissen.
    Der Vorsitzende des ORF-Redakteursrates, Dieter Bornemann, sagte im Gespräch mit @mediasres: "In dieser Form ist das für uns nicht gültig, weil das ist ein nicht unterschriebener, nicht datierter Entwurf, wo Generaldirektor Wrabetz angekündigt hat, er wird das noch mit der Personalvertretung besprechen. Darauf warten wir noch."
    Österreichische Parteien wollen Einfluss auf ORF
    Außerdem würden die regierenden Parteien in Österreich schon lange versuchen, sagt Bornemann, "den ORF-Journalistinnen und Journalisten einen Maulkorb umzuhängen", damit sie in den sozialen Netzwerken nicht angegriffen würden.
    "Das sind Forderungen, die von den ÖVP- und FPÖ-Fraktionen im Stiftungsrat schon lange gefordert werden. Jetzt haben sie dort eine deutliche Mehrheit nach der Wahl. Und jetzt versuchen sie, das durchzusetzen."
    Den Politikern ginge es darum, von Journalisten auf Twitter nicht belästigt zu werden. Dabei sei doch immer zu berücksichtigen, dass Social-Media-Äußerungen pointierter sein müssen, betonte Bornemann.
    Die Position des Redakteursrates bei einem Gespräch mit dem Generaldirektor sei auf jeden Fall klar: "Wir werden ihm sagen, dass es aus unserer Perspektive so nicht funktioniert." Es fehle auch eine Instanz im Sender, die im Zweifel entscheide, ob ein Tweet ein Problem sei oder nicht.
    Social-Media Äußerungen von ARD-Kollegen umstritten
    Auch in Deutschland wird immer wieder über den Umgang öffentlich-rechtlicher Journalisten mit sozialen Netzwerken diskutiert. Zuletzt kritisierte "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt, "Tweets von öffentlich-rechtlichen Kollegen sollten sich nicht in dieser belehrenden und parteiischen Weise an Parteien wenden". Die Öffentlich-Rechtlichen hätten keinen Weltbild-Umerziehungsauftrag.
    Die ARD-Pressestelle weist auf Anfrage von @mediasres darauf hin, dass für alle ARD-Mitarbeiter/innen grundsätzlich die Social-Media-Leitlinien der Landesrundfunkanstalt gelten, bei der sie beschäftigt sind. Ergänzend seien gemeinsame Leitlinien der ARD entwickelt worden. Diese hätten empfehlenden Charakter. In den ARD-Leitlinien heißt es unter anderem:
    "Wer als Journalist/in für die ARD tätig und in sozialen Medien mit einem persönlichen Profil präsent ist, sollte sich bewusst sein, dass er oder sie immer auch als Repräsentant/in der ARD angesehen wird. Daher gelten auch dort die journalistischen Grundsätze sowie die Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Orientierung geben und die Meinungsbildung unterstützen, ohne eine Meinung vorzugeben."
    Deutschlandradio arbeitet an Social-Media-Richtlinie
    Im Deutschlandradio gibt es zur Zeit Pläne für eine neue Social-Media-Richtlinie. Darin solle ein Mittelweg eingeschlagen werden zwischen den Loyalitätsverspflichtungen, die jeder Arbeitsnehmer bereits in seinem Arbeitsvertrag unterschrieben habe, und seinen Rechten als Staatsbürger, sich frei zu äußern, sagte die Online-Chefin im Deutschlandradio, Nicola Balkenhol, gegenüber @mediasres. "Prinzipiell sollte sich jeder Journalist fragen, wenn er in sozialen Netzwerken aktiv ist, in welcher Funktion er oder sie gerade spricht."
    Der Deutsche Journalisten-Verband meldete sich inzwischen auch zu der aktuellen Diskussion: Er setzt sich dafür ein, dass Journalistinnen und Journalisten in privaten Social-Media-Accounts ihre Meinung ungehindert mitteilen können. "Das gelte auch für prominente Kollegen etwa aus dem Fernsehen", sagte DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Es müsse nur klar sein, dass es sich um private Kommentare oder Blogs handle und nicht um die Digitalseiten der Sender.