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Geplanter Uranabbau in der Slowakei

In der Europäischen Union ist Tschechien bislang das einzige Land, in dem kommerziell Uranerz abgebaut wird. Auch die Slowakei könnte schon bald in das lukrative Geschäft mit Uran einsteigen. Dort hat eine kanadische Firma einen gewaltigen Vorrat an uranhaltiger Erde entdeckt und will jetzt mit dem Abbau beginnen. Umweltschützer und Bürgerinitiativen protestieren dagegen.

Von Kilian Kirchgeßner |
    Jahodna im Osten der Slowakei. Ein Ort, der eigentlich nur aus einem einzigen Haus besteht, das sich inmitten zahlloser Hügel erhebt. Fünfzehn Kilometer entfernt liegt Kosice, die zweitgrößte Stadt der Slowakei; gute 80 Kilometer weiter östlich beginnt die Ukraine. Jahodna sei eine der schönsten Ecken im ganzen Land, schwärmt Umweltschützer Jozef Suchta:

    "Die Gegend ist traditionell beliebt bei uns in Kosice, seit 150 Jahren wird sie als Ausflugsziel genutzt. Man kann einfach spazieren gehen, für den Sommer gibt es ein Schwimmbad und im Winter laufen hier in der Nähe die Skilifte."

    Das einzige Problem von Jahodna: Das ganze Freizeitareal steht auf uranhaltigem Boden. Eine kanadische Firma will hier ein Bergwerk errichten, über mindestens ein Jahrzehnt hinweg sollen Arbeiter mehr als eine Millionen Tonnen uranhaltigen Gesteins fördern. Einen entsprechenden Antrag hat die Firma vor zwei Jahren gestellt, in den nächsten Wochen muss sich die Regierung in der slowakischen Hauptstadt Bratislava entscheiden. Jozef Suchta von der örtlichen Umweltschutzorganisation Sosna warnt vor schwerwiegenden Konsequenzen:

    "Es wäre weltweit das erste Mal, dass ein Uran-Bergwerk so nahe an einer Großstadt gebaut wird, nur wenige Kilometer entfernt, Wenn es hier zu einem Unfall käme, würde es zu einer katastrophalen Verunreinigung der gesamten Umgebung führen."

    Die Slowakei ist reich an Uran. An mehreren Orten im ganzen Land haben ausländische Firmen bei ersten Untersuchungen große Vorkommen entdeckt. Die Regierung im weit entfernten Bratislava steht angesichts der Bergbau-Pläne privater Investoren vor einem Dilemma: Noch im Januar hat Premierminister Robert Fico ein neues Energieprogramm angekündigt, das vor allem auf Kernenergie setzt - und gleichzeitig den Bau eines neuen Atomkraftwerks. Ein Nein zum Uranabbau, fürchten Umweltschützer, dürfte ihm deswegen schon aus politischen Gründen schwer fallen. Vor Ort allerdings formiert sich eine mächtige Opposition gegen das vorgesehene Bergwerk. Längst sind es nicht nur Umweltschützer, die auf die Barrikaden gehen. Mikulas Cecko, der stellvertretende Bürgermeister von Kosice, bringt die Stimmung auf den Punkt:

    "Wir hier in der Stadtverwaltung haben eindeutig unseren Standpunkt festgelegt: Wir lehnen die Pläne entschieden ab. Das gilt genau genommen für alle Politiker in der ganzen Ostslowakei - alle haben zu dem Projekt klar gesagt: Nein!"

    Der ungewöhnlichen Allianz, zu der sich Umweltschützer und Politiker zusammengeschlossen haben, geht es nicht allein um die Rettung des Naherholungsgebiets. Die meisten Sorgen machen sie sich um die Gesundheit der Anwohner: Ein gutes Drittel des Trinkwassers in der ganzen Region kommt aus dem bedrohten Areal und der Wind würde den Staub aus dem Bergbau-Gebiet direkt in die 230.000-Einwohner-Stadt Kosice tragen. Diese Horror-Vision hat auch die Regional-Regierung auf den Plan gerufen. Sprecherin Zuzana Bobrikova fordert die örtlichen Abgeordneten dazu auf, beim Kampf gegen den Uran-Abbau die Parteizugehörigkeit außer Acht zu lassen - eine höchst ungewöhnliche Forderung in der Slowakei, wo sich die politischen Gegner üblicherweise spinnefeind sind. Zuzana Bobrikova:

    "Wir sind für unsere Mitbürger da und wir sollten uns auf unsere eigentliche Aufgabe besinnen: Nämlich die Interessen der Menschen durchzusetzen."

    Das ist ein klarer Konfrontationskurs gegen die Regierung in Bratislava. Dem kanadischen Investor hilft nicht einmal der Hinweis auf die zu erwartenden Arbeitsplätze dabei, den Widerstand zu brechen. In der bitterarme Region könne man eigentlich jeden Arbeitsplatz gut gebrauchen, räumt der Vize-Bürgermeister Mikulas Cecko ein. Und dann fügt er hinzu:

    "Ökonomischer Aspekt hin oder her - wir müssen entscheiden, was uns hier eigentlich wichtig ist. Und das ist die einmalige Natur, das ist vor allem die Gesundheit von uns allen. Es geht nicht immer nur um die Wirtschaft!"