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Geplauder unter Wasser

Zoologie.- "Stumm wie ein Fisch", sagt das Sprichwort. Dass das so nicht stimmt, wussten Fischer schon immer und vergaben Namen wie "Knurrhahn" oder "Trommler". Unklar ist bisher nur, warum mancher Fisch offenbar plaudert.

Von Volkart Wildermuth |
    "Bekannte lautbildende Gruppen wären die Piranhas. Die sind weniger untersucht, aber die haben einen sehr schönen Lautbildungsapparat, einen Trommelmuskel mit dem sie brummen, wenn man sie in die Hand nimmt. Allerdings a bisschen aufpassen muss man dabei."

    Fischspezialist Friedrich Ladig konnte bislang einen Biss der scharfen Piranhazähne vermeiden. Der Professor am Institut für Verhaltensbiologie der Universität Wien versucht, so viele Fischarten wie möglich zu belauschen. Vor seinem Mikrofon hatte er schon Welse und Grünlinge, Riffbarsche und sogar Seepferdchen. Fischgesänge, vergleichbar den langen Liedern der Wale, bekam er dabei nicht zu hören.

    "Fische erzeugen in der Regel kurze, gepulste Töne, die sie meist in Serien abgeben, das klingt dann wie ein Trommeln oder ein Knarren, Klicken oder wie ein Hupen oder ein Brummen. Also keine melodischen Laute, wie wir es vielleicht von Singvögeln her kennen."

    Dafür sind die Fische sehr kreativ, was ihre Instrumente betrifft. Piranhas zupfen mit spezialisierten Muskeln an ihrer Schwimmblase - nebenbei, es handelt sich um die schnellsten Muskeln des Tierreichs. Andere Arten ratschen mit Häkchen über straff gespannte Sehnen oder lassen die Knochen ihres Schultergürtels vibrieren. Manche Fische sind sogar Multiinstrumentalisten. Dieser Wels kombiniert dumpfes Schwimmblasentrommeln mit schrilleren Sehnenratschen.

    Solche Geräusche sind in den Gewässern rund um Wien eher selten zu hören, bedauert Friedrich Ladig.

    "Bei den in Mitteleuropa sehr verbreiteten Karpfenfischen, da sind ganz wenige Vertreter lautbildend. Das ist ein bisschen enttäuschend für Forscher, die in Mitteleuropa sitzen, weil die interessanten Gruppen sitzen in den Tropen oder in Küstennähe mehr."

    Generell gilt: Schwarmfische sind stumm, Laute produzieren vor allem Arten, die Reviere besetzen. Das kann eine Spalte am Riff sein, ein Nestbereich im Teich oder eine Seeanemone. So ist der Clownsfisch, bekannt aus dem Film "Findet Nemo", ein richtiger Plauderer. Hören kann er allerdings vergleichsweise schlecht. Das ist kein Problem, die Kommunikation zwischen Fischen findet meist in unmittelbarer Nähe zueinander statt, da versteht Fisch sich auch ohne scharfe Ohren. Die Gesprächsthemen sind weitgehend Standard in der Tierkommunikation:

    "Also 'ich sitz da. Männchen, halt Abstand, Weibchen komm bitte'."

    Friedrich Ladigs Lieblingsfisch ist der knurrende Gurami. Ein kleiner, gestreifter Süßwasserfisch aus Südostasien, der auch in vielen Aquarien zu finden ist. Mit seinen Brustflossen produziert er ein Zirpen so laut, dass man das Geräusch sogar außerhalb des Beckens aufzeichnen kann.

    "Wir haben bei dieser Art zum Beispiel auch rausgefunden, dass während der Balz die Weibchen eigentlich das Sagen haben. Das ist eigentlich die einzige Art, bei der man nachweisen konnte, dass die Weibchen Laute bilden während der Balz und nicht die Männchen, das ist auch für andere Tiergruppen relativ ungewöhnlich."

    Viele Fische sind alles andere als stumm und auch die tatsächlich stummen Arten sind nicht taub, lauschen auf Gefahren unter Wasser. Schließlich breitet sich Schall unter Wasser deutlich schneller und deutlich weiter aus, als an der Luft. Doch immer häufiger hören sie nicht nur Bachgeriesel, plätschernde Wasserfälle oder den Angriff eines Hechts. Zusätzlich breitet sich Bootslärm aus.

    Friedrich Ladig hat Bootsgeräusche unter Wasser aufgezeichnet und die Aufnahmen Fischen in einem kleinen Aquarium vorgespielt. Reagieren sie verschreckt, setzten sie das Stresshormon Cortisol ins Wasser frei.

    "Wir haben gezeigt, dass bei heimischen Fischen wie dem Karpfen und dem Flussbarsch der Cortisol-Pegel im Wasser steigt, wenn man sie Schiffslärm aussetzt. Also normaler Hintergrundlärm von Fließgewässern verstört die Tiere nicht, allerdings stört sie dieser an- und abschwellende Lärm von Schiffen."

    Akustische Umweltverschmutzung auch unter Wasser. Friedrich Ladig vermutet aber, dass der Lärm in Flüssen und Seen die Fische weniger stresst, als beispielweise die starke Regulierung der Gewässer. Im Aquarium sieht die Balance aber anders aus. Fischfreunde sollten beim Kauf des Filters auf ein leises Laufgeräusch achten. Sonst können sich die knurrenden Guramis nicht unterhalten.