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Gerichtsentscheidung
Indien schwächt Rechte Homosexueller

Homosexualität bleibt in Indien offiziell verboten. Das Verfassungsgericht bestätigte ein entsprechendes Gesetz, das 153 Jahre alt ist und aus der britischen Kolonialzeit stammt.

    Vor einem Plakat mit einer Regenbogenflagge, dem Symbol für die Schwulen- und Lesbenbewegung, mit der Aufschrift "It's all about Equality" stehen zwei Frauen, eine davon mit dem Rücken zur Kamera, und betrachten es. Aufgenommen wurde das Bild bei einer Demonstranten für die Rechte Homosexueller in Mumbai am 11. Dezember 2013.
    Demonstranten für die Rechte Homosexueller in Mumbai am 11. Dezember 2013 (afp / Punit Paranjpe)
    Die Richter kippten damit eine Entscheidung einer unteren Instanz aus dem Jahr 2009, die das Gesetz als verfassungswidrig erachtet hatte. Die Obersten Richter halten die Justiz in dieser Frage nicht für zuständig. Es sei nicht Aufgabe der Gerichte, die Gesetze zu ändern. "Es ist Sache des Parlaments, diese Entscheidung zu treffen", sagte der Richter G.S. Singhvi. Justizminister Kapil Sibal sagte laut dem Nachrichtensender NDTV: "Das Parlament wird sich der Sache zu gegebener Zeit annehmen." Einen Zeitrahmen nannte er nicht.
    Angst vor Repressionen durch die Polizei
    Aktivisten für die Rechte von Homosexuellen reagierten schockiert auf das Urteil. Vor dem Gericht brachen Menschen in Tränen aus. "Das ist ein sehr trauriger Tag für uns, wir sind wieder am Ausgangspunkt angelangt in unserem Kampf für die demokratischen Rechte der schwulen Gemeinschaft", sagte Ashok Row Kavi von der Gruppe Humsafar Trust.
    Die Aktivisten argumentieren, das Gesetz liefere der Polizei eine Handhabe für Repressionen. Sie kündigten an, weiter für die Aufhebung zu streiten. "Wir sind sehr enttäuscht", sagte der Anwalt Anand Grover. "Aber unser Kampf ist noch nicht vorbei und wir werden uns weiter für das Verfassungsrecht einsetzen."
    Konservative religiöse Gruppen kämpften für das Gesetz
    Das Urteil aus dem Jahr 2009, damals gesprochen vom Hohen Gericht in Neu Delhi, hatte konservative religiöse Gruppen aller Konfessionen empört. Ihre Argumentation: Homosexualität verstoße gegen die kulturellen und religiösen Werte Indiens. Sie stritten in einem Berufungsverfahren für die Beibehaltung des Gesetzes, das einst die britische Kolonialmacht vor 153 Jahren über Südasien verhängte.
    Liebe zwischen zwei Männern oder zwei Frauen ist demnach "Geschlechtsverkehr gegen die natürliche Ordnung". Das Gesetz steckt einen Strafrahmen von bis zu zehn Jahren für homosexuelle Handlungen. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen sind allerdings selten.
    Homosexualität ist in Indien ein Tabu
    Nach Angaben der Regierung gibt es etwa 2,5 Millionen Schwule und Lesben in Indien. In einigen Teilen des Landes - vor allem in den großen Städten - finden sie inzwischen etwas mehr Akzeptanz. In der streng konservativen Gesellschaft gilt Homosexualität dennoch ebenso wie vorehelicher Geschlechtsverkehr unter Heterosexuellen weiter als großes Tabu.
    In den vergangenen Jahren hat die schwul-lesbische Szene versucht, die Mauer des Schweigen mit Demonstrationen in den Metropolen zu brechen. Dennoch gibt es nur sehr wenige Inderinnen und Inder, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen. Amnesty International sprach von einem "schwarzen Tag für die Freiheit in Indien".