Dienstag, 19. März 2024

Archiv


"German Studies" in der Krise

Abgesehen von Ländern in Mittel- und Osteuropa lässt das Interesse an der deutschen Sprache und Literatur im Ausland kontinuierlich nach: Nicht nur in Skandinavien oder den Mittelmeerländern, auch in den USA. Seit einiger Zeit leiden deshalb die germanistischen Abteilungen an US-amerikanischen Universitäten unter schwindenden Studierendenzahlen. Ein Beispiel: Germanistik an der renommierten Duke University im Bundesstaat North Carolina.

Von Antje Allroggen | 22.03.2006
    Eine Kathedrale auf dem Campus. Erbaut wurde sie in den Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts im neogotischen Stil - wie übrigens alle anderen Gebäude des imposanten Universitätsgeländes auch. James Buchanan Duke, ein Tabakfabrikant, ist der Gründervater der Duke University. Er hatte die Vision, aus einer verlassenen Gegend, in der es nur triste Pinienbäume gab, eine bedeutende wissenschaftliche Landschaft zu schaffen. Das ist ihm gelungen. Bis heute ist Duke eine erfolgreiche private Hochschule, die im renommierten Ivy-League Ranking US-Universitäten der Ostküste den fünften Platz belegt. Ein Studium kostet hier 40.000 Dollar pro Studienjahr. Die Studierenden sind also nicht ganz zum Vergnügen hier. Wohl deshalb studieren die meisten hier BWL oder Jura - Fächer, in denen die Berufsaussichten gut sind.

    " Sprachen sind im allgemeinen bei den Studenten nicht so wichtig. Die meisten Studenten an Duke studieren Economics und Business. Die wollen später alle im Finanzwesen arbeiten, und da werden so kleine Abteilungen wie unsere nicht sehr hoch geschätzt, "

    sagt Ingeborg Walther, Germanistik-Professorin an der Duke-University. Derzeit leitet sie die Abteilung und hat mit schwindenden Studierenden-Zahlen zu kämpfen. Schon seit längerer Zeit hat in den USA das Interesse an einem geisteswissenschaftlichem Studium spürbar nachgelassen: Bei den Bachelor-Abschlüssen sank die Zahl der Absolventen in den vergangenen 30 Jahren von 20 auf 12 Prozent. Einzig die spanischen Sprachwissenschaften erfreuen sich eines weiteren Zulaufs. Zumindest in den Südstaaten hat sich Spanisch zur wichtigsten Fremd- und Handelssprache entwickelt. Zudem konkurriert die Germanistik mit arabischen Sprachen, die derzeit in den USA eine große politische Unterstützung erfahren, weiß Ingeborg Walter:

    " Ich weiß nicht, woran das liegt, außer dass wir immer weniger Studenten haben, die überhaupt deutsch lernen, weil jetzt spanisch immer stärker wird hier in den USA. Und andere Sprachen für die nationale Sicherheit wichtig sind wie arabisch. Immer mehr Studenten machen jetzt auch Chinesisch. Gerade die europäischen Sprachen sind nicht mehr so interessant für Amerikaner. "

    Die Germanistik in den USA hat sich längst auf das zurückgegangene Interesse der amerikanischen Studierenden eingestellt: Die so genannten German Studies öffnen und sich und werden interdisziplinärer, beziehen auch die deutsche Alltagskultur mit in die Ausrichtung des Faches ein. Zumindest an der Duke-University reichte das jedoch nicht aus, um die Nachfrage für ein Germanistik-Studium zu erhöhen. Deshalb haben sich die Wissenschaftler hier dazu entschlossen, neue Programme aufzulegen, um für das Fach Deutsch intensiv zu werben.

    " Wir haben in Deutschland zwei Study-Abroad-Programme für unsere Studenten, und für die, die deutsch studieren. Das fördern wir stark, dass sie für ein Semester nach Berlin kommen. Und wir haben da ein Programm im Herbstsemester mit der Humboldt-Universität. Und dieses Programm ist für Studenten, die noch keine guten Sprachkenntnisse haben."

    Zukünftig will sich die Germanistik in Duke mit der Abteilung der renommierten University of North Carolina zusammentun. Auf diese Weise wollen die beiden Universitäten ihre Kräfte bündeln und einen gemeinsamen neuen Graduate-Studiengang für Master-Studierende entwickeln, erklärt Jochen Vogt, Gastprofessor an der Duke University.

    " Das heißt man würde zwei Programme, die sozusagen an der Untergrenze vom Volumen liegen, bündeln, könnte sich gegenseitig stärken und hofft damit sozusagen, in die Gruppe der vier oder fünf besten Deutschprogramme für Master und Promotion in den Vereinigten Staaten durchzustoßen. "

    Das interessante dabei ist, dass dieses Konzept von den Germanistik-Lehrenden selber entwickelt und nicht von außen verordnet wurde. Um mehr Studierendenzahlen zu bekommen, will die Germanistik von Duke und North Carolina ganz gezielt auch deutsche Studierende in die USA locken, verrät Bill Donahue, Germanistik-Professor in Duke.

    " Wir hoffen, dass Studenten aus Deutschland zu uns kommen. Denn wir glauben, dass wir hier etwas anbieten können, dass in Deutschland nicht erhältlich ist: man kann hier nämlich die Professoren besuchen. Man sieht sie. Sie sehen - es gibt keine Schlange außerhalb meines Büros. Ich bin da, ich sitze hier jeden Tag, und ich rede gern mit den Studenten."

    So können sich neuerdings deutsche Studierende in Duke bewerben, die hier an der germanistischen Abteilung ihr Studium fortsetzen wollen, zum Beispiel in Form einer Promotion. Das Angebot ist attraktiv: die Studiengebühren werden durch ein Stipendium getragen, und die Promotion dauert garantiert nicht länger als fünf Jahre. Bisher gibt es in den USA kein vergleichbares Modell für eine neu ausgerichtete Germanistik. Darauf ist man an der Duke-University sichtlich stolz. Bill Donahue hat sogar die Vision, mit seinem Konzept zur besten Germanistik-Adresse in den ganzen USA zu avancieren.

    " Das hört sich vielleicht ein bisschen arrogant an, aber wir wollen das unbedingt. Und ich glaube, das können wir auch. "