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Germany's next Topmodel
Schleichwerbung oder Produktplatzierung?

Die Casting-Sendung "Germany’s next Topmodel" ist für ProSieben eine Marketingmaschinerie. Die Platzierung der Produkte lässt sich der Sender gut bezahlen. Aber warum ist das eigentlich erlaubt?

Von Benjamin Hammer |
    Model Louisa Mazzurana, Viertplatzierte der fünften Staffel der Castingshow "Germany's Next Topmodel", posiert am Donnerstag (24.06.2010) auf einer Raststätte in Frechen bei Köln bei Dreharbeiten zu einer Folge der RTL-Serie "Alarm für Cobra 11 - Die Autobahnpolizei". Mazzurana spielt in der Folge "Toter Bruder" eine einmalige Gastrolle. Ausgestrahlt wird die Folge 2011.
    Germany's Next Topmodels und die Platzierung von Autos - Werbung oder nicht? (dpa / Christoph Schmidt)
    Den Opel Adam bekommt man in Los Angeles normalerweise nicht zu sehen. In den USA verkauft Opel den Wagen gar nicht. Doch bei "Germany's next Topmodel" ist das anders. Hier fahren gleich fünf von den Kleinwagen durchs Bild. In einer Szene bringen die Autos die Teilnehmerinnen der Casting-Sendung zu ihrer neuen Unterkunft in LA.
    "Der Moment, wo wir mit unseren Koffern aus den Lofts kamen, standen auf einmal ganz viele Opel Adams da. Sah echt krass aus und wir haben uns richtig gefreut."
    Produktplatzierung oder illegale Schleichwerbung?
    Gleich mehrere Einstellungen zeigen die Autos ganz deutlich. In einer anderen Szene der Staffel wird der Adam mal eben zum Hauptmotiv für ein Fotoshooting in einer Wüste. Auf Nachfrage erklärt Opel, "Germany's next Topmodel" sei schon seit Jahren ein wichtiger Baustein der Marketing-Strategie. Im Klartext: Opel und Pro Sieben schließen einen Vertrag. Und dann fließt Geld, damit das Produkt in der Sendung auftaucht. "Werbung" würden die Verantwortlichen so etwas niemals nennen. Sie sprechen lieber von "Produktplatzierung". Aber ist das erlaubt? Christian Solmecke, Rechtsanwalt für Medienrecht in Köln.
    "Es gibt schon seit dem Jahre 2010 eine EU-Rechtlinie, die Produktplatzierungen im Fernsehen in gewissen Grenzen erlaubt. Allerdings gibt es auch eine klare Trennung zwischen Produktplatzierung und illegaler Schleichwerbung."
    In Deutschland regelt das der Rundfunkstaatsvertrag der Bundesländer. Der sieht vor, dass die Zuschauer durch eine Einblendung darauf aufmerksam gemacht werden, wenn Produkte platziert werden. Außerdem darf nicht unmittelbar zum Kauf der Ware aufgerufen werden. Die Produkte zu sehr herausstellen - auch das ist tabu. Aber was bedeutet das im Einzelfall? Christian Solmecke hat sich die Szene mit dem Opel Adam genauer angeschaut.
    "Also hier freuen sich die Mädels natürlich, dass sie in einem Opel Adam fahren dürfen. Die große Frage wäre jetzt: War die Freude echt oder ist das ganze gescripted? Ich vermute, dass die Teilnehmerinnen sich wirklich gefreut haben. Klar ist aber auch, dass das immer Grenzgänge sind."
    Mündige Verbraucher können selbst entscheiden
    Grenzgänge, mit denen sich die Landesmedienanstalten beschäftigen. Zeigt ein Sender unerlaubte Schleichwerbung, dann droht eine Rüge der Behörden. Möglich sind Bußgelder. Im Extremfall droht der Entzug der Sendelizenz. Bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg haben sie schon eine Menge Topmodel-Sendungen geschaut. Der Einrichtung obliegt die Aufsicht von ProSieben. Anja Zimmer ist die Direktorin der Medienanstalt.
    "Wir können uns Verträge zeigen lassen und wir können uns anschauen, was wird am Ende ausgestrahlt. Und dann gibt es eben Kriterien: Ist es gestellt, wirkt es einstudiert, ist es hölzern? Gibt es ganz viele Close-ups des Produktes, wird eher dem Produkt gefolgt als den Menschen als in der Kameraeinstellung? Und in solchen Fällen verbieten wir dann auch."
    In der Vergangenheit haben die Medienanstalten auch Szenen von "Germany’s next Topmodel" beanstandet. Allerdings - im Grundsatz seien Produktplatzierungen legitim, sagt Anja Zimmer von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg. Weil sich private Sender nun einmal finanzieren müssten. Und...
    "…weil wir insgesamt heute von einem mündigeren Verbraucher ausgehen, als das früher mal der Fall war. In der Rechtsprechung ist in den Jahren dann das Konzept des mündigen Verbrauchers immer dominanter geworden. Und man sagt, wenn der Verbraucher auf Dinge hingewiesen wird, dann kann er das im Prinzip selber entscheiden."
    Bitte an die Zuschauer: "Beschweren Sie sich bei uns!"
    Zurück in LA bei "Germany’s next Topmodel". Nachdem die Kandidatinnen aus den Autos von Opel gestiegen sind, betreten sie die sogenannte Model-Villa.
    "Heidi hat uns richtig viele Überraschungspakete dagelassen. Wir haben Uhren bekommen, Bettwäsche mit unseren eigenen Gesichtern."
    "Mein erster richtiger Fön".
    Kreischende junge Frauen und Nahaufnahmen von gleich mehreren Produkten. Bei "Germany’s next Topmodel" hat das System. Der Medienrechtler Christian Solmecke sieht das so:
    "Die Sender, die loten das bis ans Maximum aus. Man muss natürlich auch sehen: Das schlimmste, was den Sendern erst mal passieren kann, sind Bußgelder von einigen Tausend Euro. Sie werden wahrscheinlich Werbeeinnahmen in wesentlich darüber liegenden Summen bekommen, so dass es sich auch lohnen kann, hier an Grenzen zu gehen."
    Möglich, dass die Szene aus der Model-Villa im kommenden Jahr vor dem gemeinsamen Prüfgremium der Medienanstalten landet. Anja Zimmer von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg.
    "Ich kann auch nur dazu anregen, wenn man das Gefühl hat, da sind Grenzen überschritten, dann kann ich die Zuschauer nur bitten: Beschweren Sie sich bei uns! Wir machen dann was. Wir gucken uns das dann an."